Die Kantone stellen sich einstimmig hinter die Energiestrategie 2050, die im Mai an die Urne kommt. Doch das Paket findet bisher nur zögerliche Fürsprecher.
Fabian Fellmann
Sie musste am Dienstag allein vor die Medien treten, Bundesrätin Doris Leuthard. Beim Auftakt der Kampagne für die Energiestrategie 2050, die am kommenden 21. Mai an die Urne kommt, hätte die Bundesrätin gerne die Kantone an ihrer Seite gehabt – und der Präsident der Energiedirektorenkonferenz hatte sich den Termin bereits reserviert.
Doch ein Bundesgerichtsurteil vom vergangenen Dezember hat die Behördenvertreter bei Abstimmungskämpfen vorsichtig werden lassen. Die Kantone dürften sich auf nationaler Ebene nur dann zu einem Urnengang äussern, wenn sie besonders betroffen seien, hatten die Lausanner Richter geurteilt.
Das kommt Leuthard nicht gelegen. Die Kampagne für die Energiestrategie könnte durchaus etwas Schwung vertragen. Bisher halten sich die Befürworter jedoch sehr zurück mit ihrem Engagement. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Wirtschaft gespalten ist. Der Dachverband Economiesuisse hat darum schon gar keine Parole beschlossen.
Und der sonst umtriebige und lautstarke Gewerbeverband hat sich zwar für ein Ja ausgesprochen, im Befürworterkomitee macht er indes nicht mit. Er konzentriert sich vielmehr auf die verbandseigenen Medien. «Der Schweizerische Gewerbeverband ist bereits aktiv in seinen Kommunikationskanälen», sagt Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler. Dabei seien gewerbliche Argumente im Fokus, «dass die Energiestrategie gerade im Bereich der Energieeffizienz viel erreicht».
Trösten kann sich Leuthard damit, dass sich aus ihrer Partei, der CVP, bisher nur einzelne Abweichler zu Wort gemeldet haben. Zudem stellen sich nun immerhin die Kantone deutlich hinter die Vorlage. «Die Energiedirektorenkonferenz unterstützt die Energiestrategie einstimmig», sagt Mario Cavigelli, Bündner Regierungsrat und Präsident der kantonalen Energiedirektoren. Die Entscheidung fiel an der Plenarversammlung vom Freitag. Damit ein möglichst klares Resultat zu Stande kam, durften die Kantone auch schriftlich abstimmen. Lediglich zwei Stände enthielten sich. «Das Gesamtpaket Energiegesetz ist besser als das geltende Recht», sagt Cavigelli. Ein Nein könne die bestehende Situation nicht sichern, weil die schon lange in Bewegung sei. «Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie ist richtig», sagt der Kantonsvertreter und weist darauf hin, dass die geplanten Subventionen für die erneuerbare Stromgewinnung bei den Kantonen auf Anklang stösst. Sie sind Eigentümer der angeschlagenen Grosswasserkraftwerke, denen mit dem neuen Gesetz finanzielle Stützen winken.
«Der Ersatz durch Strom aus erneuerbaren Energien einheimischer Produktion bedingt eine vorübergehende Förderung», sagt Cavigelli. Wichtig sei für die Kantone zudem, dass die Subventionen zeitlich begrenzt seien.
Allzu offensiv dürfen sich die Kantone in dem Abstimmungskampf wegen des Bundesgerichtsurteils trotzdem nicht einbringen. Zudem steht ein zweites Urteil aus: Der Co-Präsident der Piratenpartei Schweiz, der Zuger Stefan Thöni, hat gegen die Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform Beschwerde eingereicht. Wann das Urteil gefällt wird, ist offen. Cavigelli verlangt bei dieser Gelegenheit mehr Klarheit aus Lausanne: «Das Bundesgericht sollte in seinem Urteil über die Stimmrechtsbeschwerde zur Unternehmenssteuerreform genauere Leitlinien definieren, wie sich die Kantone in eidgenössischen Abstimmungen einbringen dürfen. Solange das Urteil offen ist, halten wir uns zurück.»
Es sei dennoch legitim, «wenn sich die Energiedirektorenkonferenz mit einer Parole äussert, weil die Kantone sehr stark von der Vorlage betroffen sind», sagt Cavigelli. Dabei gehe die Energiedirektorenkonferenz jedoch mit der gebotenen Vorsicht vor. «Wir belassen es vorderhand bei einer Medienmitteilung der Konferenz, organisieren aber keine Medienkonferenz oder Auftritte mit besonderer Auffälligkeit.»
Der Abstimmungskampf über die Energiestrategie 2050 dürfte erst nach Ostern Fahrt aufnehmen. In der vergangenen Woche versuchten die Befürworter zu punkten, indem sie Abweichler aus dem Gegnerlager ins Scheinwerferlicht stellten. Bauernnahe SVP-Vertreter wie der Thurgauer Nationalrat Thomas Hausammann etwa bekannten sich zu dem Gesetz, gegen das ihre Partei das Referendum ergriffen hatte. An der Delegiertenversammlung vom Samstag in Appenzell blieben sie jedoch eine verschwindend kleine Minderheit (siehe Bericht S. 6).