ÄRZTE: Weiterbildungsvereinbarung für Mediziner: Warten auf sieben Kantone

Die Weiterbildungsvereinbarung für Mediziner würde mehr Gerechtigkeit bringen, aber erst elf Kantone haben sie ratifiziert. Die Umsetzung rückt damit in weite Ferne.

Balz Bruder
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Blick in den Operationssaal: Ärztinnen und Ärzte müssen sich regelmässig weiterbilden. (Bild: Urs Bucher)

Blick in den Operationssaal: Ärztinnen und Ärzte müssen sich regelmässig weiterbilden. (Bild: Urs Bucher)

Balz Bruder

Die Absicht war löblich. Im November 2014 verabschiedete die Plenarversammlung der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) die Weiterbildungsvereinbarung (WFV). Ziel des Erlasses: Die Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte sollte gesamtschweizerisch einheitlich strukturiert und in Bezug auf die Kosten interkantonal ausgeglichen werden.

Und dies mit gutem Grund: Zum einen hapert es bei der Zahl der Ausbildungsabschlüsse bei den Ärzten – Stichwort Numerus clausus an den Schweizer Universitäten. Hier hat der Bund im Herbst des vergangenen Jahres mit einer mit 100 Millionen Franken gefüllten Finanzspritze dafür gesorgt, dass die Zahl der Studienplätze pro Jahr innerhalb von zehn Jahren von rund 800 auf 1300 erhöht werden kann.

Zum andern brauchen (Fach-)Ärzte nicht nur Aus-, sondern auch Weiterbildung. Vor allem in den Spitälern, wo Lehre, Forschung und klinisches Arbeiten stattfinden. Und wo schon heute der Löwenanteil der Weiterbildungskosten anfällt. Umso bedeutender ist die WFV, sollte man meinen.

Doch etwas mehr als zwei Jahre nach der Verabschiedung zeigt sich, dass sich die Kantone schwer tun mit der Umsetzung. Bis Ende des vergangenen Jahres waren erst elf Kantone der Vereinbarung beigetreten. Das ist nicht genug, denn der Erlass tritt erst in Kraft, wenn das Quorum von 18 Kantonen erreicht wird. Ein schwieriges Unterfangen, denn das Beitreten ist das eine, das Zahlen das andere.

Bevölkerungsstarke Kantone besonders betroffen

Das läppert sich: Gemäss WFV richten die Kantone den Spitälern pro Jahr und Arzt in Weiterbildung pauschal 15000 Franken aus. Die Anzahl der Ärzte, deren Weiterbildung finanziert wird, richtet sich dabei nach der Bevölkerungszahl. Mit der Folge, dass Kantone mit vielen Einwohnern und vielen Spitälern stärker betroffen wären als Kantone mit wenig Einwohnern und wenigen Spitälern. Deshalb greift ein komplizierter Ausgleichsmechanismus, der die Ausbildungslasten zwischen den grossen und den kleinen Mitspielern im 300-Spitäler-Monopoly der Schweiz gerecht verteilt. Dass es beim Ratifizierungsprozess stockt, erstaunt vor diesem Hintergrund nicht. Gemäss ursprünglichem Plan hätte die WFV Anfang dieses Jahres in Kraft treten sollen – davon ist die GDK weit entfernt. Dennoch ist Generalsekretär Michael Jordi «zuversichtlich, dass das erforderliche Quorum zustande kommen wird». Es gibt zwar keine Frist, bis es erreicht sein muss, doch der Druck – vor allem der weiterbildungsstarken Kantone – ist gross. Zudem ist im langen, harten Streit um den Nationalen Finanzausgleich (NFA) eine Einigung gelungen, welche den Beitritt begünstigen sollte. Aus inhaltlichen Gründen müsste es deshalb klappen. Und wenn doch nicht? «Es gibt keinen Plan B auf interkantonaler Ebene», sagt Jordi. «Die Kantone sind sich der Wichtigkeit der Weiterbildung mit Blick auf die Sicherstellung des künftigen Personalbedarfs bewusst.»

Auch wenn das so ist, gibt es gleichwohl Absetzbewegungen. Im Berner Grossen Rat wurde Mitte des vergangenen Jahres ein parlamentarischer Vorstoss eingereicht, der eine Änderung des Medizinalberufegesetzes im Visier hat. Demnach sollen die Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung und deren Ausgleich auf Bundesebene geregelt werden. Aufschlussreich dabei: Der Regierungsrat hat durchaus Musikgehör für das Anliegen. Er will Abklärungen treffen, dem Bund in Form einer Standesinitiative ein fixfertiges Paket zu unterbreiten. Der Berner Grosse Rat hat im Januar ein entsprechendes Postulat überwiesen. Brisant: Auch die Weiterbildungsmitfinanzierung des Bundes ist ein Thema.

Bundeslösung mit Vorteilen

Nicht nur deshalb dürfte eine Bundeslösung durchaus Chancen haben. Sie hätte zudem den Vorteil, dass sie alle Kantone erfassen würde – und nicht nur jene, welche die WFV ratifiziert haben. Das ist deshalb von Bedeutung, weil bei abnehmender Zahl von Kantonen, die mitfinanzieren, der Solidaritätsgedanke zunehmend strapaziert wird. Konkret: Würden die Kantone, welche die höchsten Ausgleichszahlungen zu leisten hätten, die Vereinbarung nicht ratifizieren, stiegen die Kosten für den Rest der Nettozahler empfindlich. Das wäre definitiv nicht im Sinn des Erfinders.