Nach dem Minus im Vorjahr schliesst die AHV 2016 dank eines guten Anlageergebnisses mit einem überraschend hohen Überschuss. Trotzdem sind die Aussichten alles andere als rosig.
Dominic Wirth
Fast eine Milliarde Franken besser als 2015 sieht die Rechnung der AHV für das letzte Jahr aus. Auf das Minus von 559 Millionen folgt ein Plus von 439 Millionen, und ein wenig überraschend kommt das schon. Denn das AHV-Ergebnis hängt vor allem von zwei Faktoren ab: Dem Verhältnis von AHV-Bezügern und Beitragszahlern zum einen – und den Renditeaussichten im Anlagegeschäft zum anderen. An beiden Fronten waren die Aussichten für das letzte Jahr nicht gerade viel versprechend. Wegen der demografischen Entwicklung müssen immer weniger Arbeitstätige die AHV von immer mehr Rentnern finanzieren. Und bezüglich der Renditen prophezeite Eric Breval, der Geschäftsführer des AHV-Ausgleichsfonds, vor einem Jahr, dass 2016 «noch schwieriger» als 2015 werde.
Jetzt blickt Breval auf ein Jahr zurück, das er als «sehr gut» bezeichnet, wenn er vom Anlageresultat spricht. «Es ging in den meisten Anlageklassen besser als erwartet, etwa bei den Aktien oder den Fremdwährungen», sagt Breval. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das ein Plus von fast 1,1 Milliarden, das der AHV-Ausgleichsfonds 2016 mit seinen Anlagen erwirtschaftete. Im Vorjahr hatte noch ein Minus von 237 Millionen resultiert.
Wie wichtig ein gutes Anlageergebnis im vergangenen Jahr war, zeigte ein Blick auf das Umlageergebnis. Dieses spiegelt das Verhältnis von Werktätigen und AHV-Bezügern, und dort schlägt sich die demografische Entwicklung immer stärker nieder. Seit 2014 ist dieses Ergebnis – wie zuvor Ende der 1990er-Jahre letztmals – negativ. 2016 resultierte mit einem Minus von 766 Millionen das grösste Loch seit 1999. Dass es so weit gekommen ist, überrascht nicht, doch das Ausmass des Fehlbetrags schon. Denn das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) war bei seinen Berechnungen von einem kleineren Verlust ausgegangen: Statt der 766 Millionen sagte es für das Jahr 2016 ein Minus von 508 Millionen voraus. Nun klafft beim Umlageergebnis bereits eine Lücke von der Grösse, die der Bund erst 2019 erwartet hatte. Beim BSV heisst es auf Anfrage, man betrachte die Abweichungen als «gering». Sie sind laut Thomas Friedli, dem zuständigen Bereichsleiter, auf Mindereinnahmen zurückzuführen. So wurden über 200 Millionen weniger Beiträge geleistet als vom BSV erwartet. Auch von der Mehrwertsteuer floss der AHV weniger Geld zu als kalkuliert.
Eines steht fest: Ohne das überraschend gute Anlageergebnis hätte die AHV auch 2016 rote Zahlen geschrieben. Und ob die Kapitalmärkte auch heuer genug hergeben, um die vom Umlageergebnis verursachten Löcher zu stopfen, steht in den Sternen. Eric Breval sagt es so: «Die Situation im Anlagebereich ist derzeit sehr unberechenbar. Es ist noch zu früh, um für dieses Jahr eine vernünftige Prognose abzugeben.» Wirklich nachhaltig eine Verbesserung bringt also nur eine Reform der Altersvorsorge. Das Parlament hat eine solche in der Frühlingssession verabschiedet. Ob die Reform, die etwa ein höheres Frauenrentenalter, die Senkung des Mindestumwandlungssatzes und eine AHV-Erhöhung um 70 Franken beinhaltet, vom Volk gutgeheissen wird, entscheidet sich im September. Und auch bei einem Ja steht fest: Die nächste Reform kommt bestimmt. Denn laut BSV-Berechnungen kippt das Umlageergebnis auch bei einem Ja im Herbst schon im Jahr 2027 wieder ins Minus.