Bei Reform der Ergänzungsleistungen bleiben grosse Differenzen zwischen Räten

Die Räte haben bei der Reform der Ergänzungsleistungen (EL) nach wie vor grosse Differenzen. Der Ständerat lenkte bei der zweiten Beratung der Vorlage am Mittwoch nur in wenigen Punkten ein.

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Es ist zwar ein Ziel der Reform, das Kostenwachstum zu bremsen. Viele Entscheide des Nationalrats mochte der Ständerat jedoch aus sozialpolitischen Gründen nicht mittragen. Dazu gehört die Kürzung des Betrags, der bei der EL-Berechnung für den Lebensbedarf von Kindern angerechnet werden darf.

Dazu gehören auch die Höchstbeträge für Mieten. Ein grosser Teil der EL-Bezügerinnen und -Bezüger kann mit den heutigen Ansätzen ihre Wohnung nicht zahlen. Trotzdem hat der Nationalrat nur eine geringfügige Erhöhung der maximal anrechenbaren Mieten beschlossen. Je nach Situation auf dem Wohnungsmarkt könnten die Kantone die Höchstbeträge sogar um bis zu 10 Prozent kürzen.

Überfällige Anpassung

Der Ständerat hält an einer substanziellen Erhöhung fest. Es geht um mehrere Tausend Franken pro Jahr. Die Mietzinse seien in den letzten Jahren massiv gestiegen, sagte Kommissionssprecher Konrad Graber (CVP/LU). Laut Paul Rechsteiner (SP/SG) handelt es sich um eine längst überfällige Anpassung. Nach dem Entscheid des Nationalrats war bereits von einem Referendum die Rede gewesen.

Der Ständerat will den Kantonen aber die Möglichkeit geben, in Gemeinden mit tiefen Mieten eine Senkung um 10 Prozent zu beantragen. Bedingung ist, dass nach der Senkung die Mieten von 90 Prozent der EL-Bezüger gedeckt sind. Es handle sich um eine sinnvolle Verfeinerung der Vorlage, sagte Sozialminister Alain Berset.

Kehrtwende beim Kapitalbezug

Ein weiteres Kernstück der Vorlage ist der Kapitalbezug. Der Bundesrat hatte festgestellt, dass viele EL-Bezüger ihr Altersguthaben früher ganz oder teilweise als Kapital bezogen hatten. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei die EL-Reform überhaupt aufgegleist worden, rief Berset in Erinnerung.

Die Räte haben sich nun jedoch darauf geeinigt, beim geltenden Recht zu bleiben. In der ersten Beratungsrunde hatte der Ständerat noch beschlossen, den Kapitalbezug zu verbieten. Kommissionssprecher Graber zog die Untersuchungsergebnisse des Bundesrats in Zweifel. Zudem sei es Sache der Versicherten, was sie mit ihrem Geld machen wollten.

Werner Hösli (SVP/GL) zeigte kein Verständnis für diese Kehrtwende. Offenbar sei es der Finanzlobby und den Vorsorgeeinrichtungen gelungen, ihre Interessen durchzusetzen. Dass der Staat dabei in die Röhre gucke, interessiere offenbar niemanden. Berset bedauerte, dass nicht einmal ein Kompromiss erwogen wurde.

Abgelehnt hat der Ständerat auch das vom Nationalrat beschlossene Korrektiv. Die grosse Kammer will die EL um 10 Prozent kürzen können, wenn das bezogene Kapital ganz oder teilweise aufgebraucht ist.

Erben sollen zahlen

Einverstanden ist der Ständerat hingegen damit, dass keine EL erhält, wer sein Vermögen ohne wichtigen Grund verprasst. Die Rückzahlung von Ergänzungsleistungen aus Erbschaften über 50'000 Franken fand ebenfalls eine Mehrheit. Damit können schätzungsweise 230 Millionen Franken eingespart werden.

Durchgefallen ist in der kleinen Kammer hingegen die Vermögensschwelle. Wer mehr als 100'000 Franken besitzt, soll nach dem Willen des Nationalrats keine EL bekommen. Auch die tieferen Freibeträge für die Rentenberechnung fanden keine Mehrheit.

Nichts wissen sollte die kleine Kammer vom Beschluss des Nationalrats, dass nur noch EL erhält, wer zuvor mindestens zehn Jahre lang AHV-Beiträge geleistet hat. Viele Betroffene würden in der Sozialhilfe landen, sagte Graber. Das würde die Kantone zusätzlich belasten. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

sda