Kandidatin Isabelle Moret und ihr Noch-Ehemann Cédric Moret streiten sich vor Bundesgericht wegen der Kinder. Jetzt meldet er sich erstmals zu Wort.
Kari Kälin
Die Enthüllung stammt vom «Sonntags-Blick»: Als die FDP-Fraktion letzten Freitag in Neuenburg ihre Bundesratskandidaten für die Nachfolge von Didier Burkhalter nominierte, wurde eine Privatangelegenheit publik. Der Glarner FDP-Ständerat Thomas Hefti, der mit alt Ständerat Felix Gutzwiller die Prüfungskommission bildet, informierte die FDP-Fraktion, dass Isabelle Moret (47) ein Verfahren vor dem Bundesgericht hängig hat.
Die Bundesratskandidatin hatte das Thema nicht von sich aus erwähnt, obwohl es laut «Sonntags-Blick» so abgemacht gewesen war. Die Zeitung schrieb, es gehe um Unterhaltszahlungen für die Kinder. Die «Weltwoche» hatte schon vorher von einem «erbitterten Rosenkrieg» berichtet, bei dem es auch um das Sorgerecht ihrer Kinder gehe. Unsere Recherchen zeigen aber: Das Bundesgericht wird die Frage entscheiden müssen, wer die Obhut für die Kinder erhält, wer sich also im Alltag um sie kümmert. Isabelle Moret und ihr Mann haben sich vor zwei Jahren getrennt. Geschieden ist das Paar noch nicht. Bis jetzt hat sich Isabelle Moret nicht detailliert zur Auseinandersetzung mit ihrem Noch-Ehemann geäussert. Gegenüber «Le Matin Dimanche» sagte sie, er kümmere sich auch um die Kinder.
Jetzt reagiert Cédric Moret (47), CEO eines IT-Unternehmens mit weltweit 800 Mitarbeitern und Sitz in Lausanne. Er macht dies, weil er zahlreiche Medienanfragen erhielt und nun zum ersten und letzten Mal öffentlich seinen Standpunkt darlege. Zum privaten Konflikt mit seiner Frau wolle er sich nicht äussern, sagt er: «Ich war 30 Jahre lang mit Isabelle Moret zusammen. Ich habe meine Privatsphäre und jene meiner Kinder immer geschützt. Ich möchte, dass dies so bleibt. Es gibt keine äusseren Umstände, die es rechtfertigen würden, dass die Öffentlichkeit Privatangelegenheiten über unsere Kinder und die Beziehung zu meiner Frau erfährt.»
Isabelle und Cédric Moret wollen ihre Privatsphäre schützen. Bloss: Ist das bei einer Bundesratskandidatin angebracht? Hat die Öffentlichkeit ein Interesse daran, zu erfahren, wie sie als möglicherweise obhutsberechtigter Elternteil die Kinderbetreuung mit dem Bundesratsamt vereinbaren will? Roger Blum, emeritierter Medienwissenschafter der Universität Bern, verneint ein öffentliches Interesse zu dieser Frage. «Es ist für die Amtsführung unerheblich, wie ein Mitglied der Landesregierung die Betreuung seiner schulpflichtigen Kinder organisiert. Das ist Privatsache», sagt er.
Nicht klar ist die Lage hingegen für Peter Breitschmid, Professor für Privatrecht, der sich mit Fragen des Persönlichkeitsschutzes befasst. Er hält die Sache für «einigermassen vertrackt», wie er sagt. Aus Sicht des Paars sei es vernünftig, dass es seinen Konflikt familienintern lösen und nicht zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte machen wolle. Andererseits bestehe ein natürliches Interesse der Öffentlichkeit, die Personen, die für den Bundesrat kandidieren, auch als Menschen zu kennen. «Eine gewisse Transparenz bezüglich üblicher biografischer Fakten scheint mir angebracht», so Breitschmid. Er würde Isabelle Moret raten, die Karten von sich aus auf den Tisch zu legen und zum Beispiel mitzuteilen, dass Einzelheiten für die Öffentlichkeit nicht relevant seien.
Wird Isabelle Moret am 20. September in die Landesregierung gewählt, wäre sie die erste Bundesrätin mit schulpflichtigen Kindern. Sie werde sich so organisieren, dass ein Bundesratsmandat mit dieser Situation vereinbar sei und dem Wohl der Kinder Rechnung trage, sagte sie gegenüber «Le Matin Dimanche».
Doch wem erteilt das Bundesgericht die Obhut, wenn beide Elternteile beruflich sehr engagiert sind? Die Frage bleibt offen. Allgemein hielten die Richter in Lausanne in früheren Urteilen fest, die Obhut sei vor allem bei Kleinkindern und grundschulpflichtigen Kindern demjenigen Elternteil zuzuteilen, der die Möglichkeit habe und bereit dazu sei, sie persönlich zu betreuen. Erfüllen beide Elternteile diese Voraussetzung ungefähr in gleicher Weise, könne die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Unter Umständen könne die Möglichkeit der persönlichen Betreuung auch dahinter zurücktreten. Und: «Schliesslich ist – je nach Alter der Kinder – ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen.»