Jungparteien
CO2-Gesetz: Die zehn Forderungen der Allianz der Jungparteien – ohne JSVP und Jungfreisinn

Ein Europa-Netz an Nachtzügen, höhere Flugticket-Abgaben, stärkere CO2-Reduktion im Inland: Mit diesen Forderungen gehen die Jungpolitiker in die Offensive - von Juso über Junge Grüne, JGLP, JEVP, JCVP bis zu JBDP.

Othmar von Matt
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Ronja Jansen (Präsidentin der Juso), Tobias Vögeli (Präsident der Jungen GLP) und Sarah Bünter (Präsidentin der Jungen CVP).

Ronja Jansen (Präsidentin der Juso), Tobias Vögeli (Präsident der Jungen GLP) und Sarah Bünter (Präsidentin der Jungen CVP).

Kenneth Nars/zvg/Donato Caspari

Fünf Videokonferenzen hielten die Präsidentinnen und Präsidenten der Jungparteien seit dem Lockdown ab. Ihr Thema: eine Verschärfung des CO2-Gesetzes, das der Nationalrat in der zweiten Woche der Sommersession behandelt.

Fast alle Jungparteien – Ausnahme: JSVP und Jungfreisinn – sind an Bord: Juso, Junge Grüne, Junge GLP, Junge EVP, Junge CVP, Junge BDP. Sie gehen kurz vor der Sommersession des Parlaments mit eigenen Forderungen an die Öffentlichkeit.

«Die Klimajugend darf zurzeit nicht auf die Strasse und ist somit mit ihren Anliegen blockiert», sagt Nikolai Orgland (JGLP), der die Allianz Ende 2018 ins Leben gerufen hat. «Es liegt nun besonders in unserer Verantwortung, die Anliegen der Klimajugend weiterhin ins Parlament zu tragen.»

Die Allianz der Jungparteien für das Klima gibt es seit Ende 2018. Damals führte sie ihre bisher einzige Medienkonferenz durch.

Die Allianz der Jungparteien für das Klima gibt es seit Ende 2018. Damals führte sie ihre bisher einzige Medienkonferenz durch.

zvg

Den Jungparteien ist bewusst, «dass alles davon abhängt, was die Mitte-Parteien entscheiden», wie Orgland sagt. Deshalb war es Juso und Jungen Grünen wichtig, JCVP und JBDP an Bord zu haben. Dafür verzichteten sie sogar auf System- und Kapitalismuskritik.

Das sind die wichtigsten Forderungen der Jungparteien:

1. Höhere Flugticket-Abgabe und ein Netz von Nachtzügen

Die Flugticketabgabe - mindestens 30, maximal 120 Franken - ist zwar mehrheitsfähig. Sie soll aber für die CO2-intensiveren Klassen wie Business und First Class proportional erhöht werden, fordert die Allianz der Jungparteien. Der Klimafonds, der mit der Flugticketabgabe finanziert wird, soll den Aufbau eines europäischen Netzes von Nachtzügen ermöglichen und den nachhaltigen Flugverkehr unterstützen.

3. Unternehmen und Banken: Klima-Transparenz schaffen

Unternehmen und Finanzinstitute in der Schweiz sollen Transparenz über Klimarisiken in ihren Finanzmittelflüssen schaffen. Das betrifft Unternehmen und Finanzinstitute mit einem Umsatz von mindestens 500 Millionen Franken und 500 Mitarbeitenden.

3. CO2-Emissionen verbindlich im Inland reduzieren

Die Schweiz soll ihre Verantwortung für eine nachhaltigere Welt wahrnehmen und die CO2-Emissionen zu drei Vierteln im Inland reduzieren. Das entspricht einer Inland-Reduktion von 37,5 Prozent bis 2030. Der Bundesrat will nur 60 Prozent im Inland reduzieren (Inland-Reduktion von 25 Prozent). Schweden als wirtschaftlich vergleichbares Land hingegen setzt sich 67 Prozent Inland-Reduktion als Ziel.

4. Inland-Ziel durch Massnahmen in der Schweiz erreichen

Dank ihrem Forschungsplatz habe die Schweiz die technischen Möglichkeiten, ihre CO2-Emissionen schnell und kosteneffizient zu senken. Die Jungparteien wollen das Inland-Ziel deshalb ausschliesslich mit Massnahmen in der Schweiz erreichen. Das unterstütze auch den innovativen Wirtschaftsstandort beim Export sauberer Technologien.

5. Verbindliche CO2-Grenzwerte für neue Heizungen

Werden bei Altbauten die Heizungs- und Warmwasseranlagen ersetzt, soll es künftig verbindliche Werte geben für die neuen Anlagen. Der Ständerat will, dass sie in einem Jahr höchstens zwanzig Kilogramm CO2 aus fossilen Brennstoffen pro Quadratmeter verursachen. Die Jungparteien teilen diese Forderung.

6. Klimaschutz bei Infrastrukturprojekten integrieren

Der Klimaschutz soll künftig bei grossen Infrastrukturprojekten, die eine Lebenszeit von mehreren Jahrzehnten haben, in die Planung integriert werden. Damit müssten die Treibhausgasemissionen beim Bau von Infrastrukturanlagen so weit wie möglich begrenzt werden.

7. Keine Mehrfachanrechnung von Elektroautos

Seit 2015 verpassten die Autoimporteure die Klimaziele für Neuwagen deutlich. Die Jungparteien fordern nun Massnahmen. Sie wollen der Mehrfachanrechnung von Elektroautos einen Riegel schieben. Und die vorübergehende Aussetzung der Grenzwerte unterbinden. Die Jungparteien sprechen von «Tricksereien» der Autoimporteure.

8. Jährliche Zwischenziele für Autoimporteure

Bei Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern unterstützt die Allianz die Forderung nach jährlichen Zwischenzielen. Sie sollen helfen, den Erfolg der Massnahmen zu überprüfen, damit sie wenn nötig angepasst werden können.

9. Bessere Bedingungen für klimafreundliche Investitionen

Die Jungparteien fordern bessere Bedingungen für klimafreundliche Investitionen. Sie meinen damit den Ausbau erneuerbarer Energien, die Renovation von Altbauten, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auf dem Land (Ronja Jansen, Juso-Präsidentin) und eine Anreizpolitik für innovative Technologien (Tobias Vögeli, Co-Präsident JGLP). Sie wollen aber auch Kostenwahrheit für Kerosin, Benzin und Diesel (Sarah Bünter, CVP-Präsidentin). Und CO2-Richtlinien für Neuwagen und Heizungen (Julia Küng, Co-Präsidentin Junge Grüne).

10. Verhindern, dass SVP und FDP CO2-Gesetz untergraben

Die Allianz der Jungparteien befürchtet, dass FDP und SVP wie im Dezember 2018 einen neuen Angriff auf den Klimaschutz starten. Das zeigten mehrere Minderheitsanträge, schreiben die Jungparteien. FDP und SVP wollten durch «Tricksereien bei Grenzwerten und Abgabenhöhe wirksamen Klimaschutz untergraben und das CO2-Gesetz abschwächen». Die Jungallianz fordert den Nationalrat auf, das zu verhindern.

Was die Präsidentinnen und Präsidenten sagen

Ronja Jansen, Juso-Präsidentin: «Wäre es nach den Juso alleine gegangen, hätten wir viel weitergehende Forderungen aufgestellt. Wir sehen den Hebel vor allem beim Wirtschaftssystem, das den Profit vor die Umwelt und vor die Bedürfnissen der Menschen setzt. Die Erklärung der Allianz aus Jungparteien ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Wir gingen soweit, wie es möglich war. Die Jungen stehen hin und sagen, dass sie ein griffiges Gesetz wollen. Wir hoffen sehr, dass unsere Allianz ein Zeichen für die bürgerlichen Parteien ist, sich zu bewegen.»

Julia Küng, Co-Präsidentin Junge Grüne: «Wir hatten in der Allianz spannende Diskussionen. Natürlich wären wir junge Grüne gerne zwei bis drei Schritte weiter gegangen, hätten härtere Forderungen an die Finanzwirtschaft gestellt. Auch das 1,5-Grad-Erwärmungsziel hätten wir gerne gefordert. Wir sind aber sehr zufrieden mit dem Katalog. Zentral ist, überhaupt ein CO2-Gesetz zu haben. Später müssen wir nachbessern. Ich finde es cool, dass wir den bürgerlichen Parteien signalisieren: Hey, seht her, es geht nur zusammen.»

Sarah Bünter, Präsidentin JCVP: «Man muss die Coronakrise als Chance sehen. Sie hat gezeigt, wie wichtig eine nachhaltige Wirtschaft ist, die langfristige Perspektiven verfolgt. Mit dem hohen Konsum, wie wir ihn vor der Krise hatten, ist ein nachhaltiges Leben aber nicht möglich. Hier müssen wir mit Transparenz und Kostenwahrheit ansetzen. Wir sehen als JCVP einen Weg gemeinsam mit der Wirtschaft. Deshalb ist es so wichtig, Juso und Junge Grüne an Bord zu haben, um diesen Weg umsetzen zu können.»

Tobias Vögeli, Co-Präsident Junge Grünliberale: «Wir Jungen sind uns einig, dass wir extrem vorwärts machen müssen. Es geht um unsere Zukunft. Deshalb gründeten wir 2018 die Lobby-Allianz der Jungparteien. Dank der Nähe zu unseren Mutterparteien haben wir eine andere Hebelwirkung. Wir fanden nun den kleinsten gemeinsamen Nenner, auch wenn er gross ist. Das ist erfreulich. Für uns Grünliberale ist wichtig, dass die Problematik gesamtheitlich angegangen wird und alle Bereiche von Heizungen bis in die Flugindustrie in den Forderungen enthalten sind.»

Dominic Täubert, Co-Präsident der Jungen EVP: «Es ist nun wichtig, dass wir gezielt Massnahmen ergreifen, die unsere Wirtschaft sowohl krisenresistenter als auch zukunftsfähiger machen. Es ist entscheidend, dass nun die mittel- und langfristigen Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass übergeordnete Ziele wie der Klimaschutz erreicht werden.»

Remo Zuberbühler, Präsident Junge BDP: «Für uns ist sehr wichtig, dass die Gebäude-Renovationen in den Forderungen enthalten sind, vor allem die verbindlichen CO2-Grenzwerte für das Ersetzen von Ölheizungen. Wir sollten dafür die Kantone Basel-Stadt und Zürich als Vorbild nehmen. In der Allianz gab es keine zu grossen Differenzen. Alle mussten aber Konzessionen machen, wir fördern dies mit einer solch breiten politischen Allianz grundlegend. So wurden neutrale Formulierungen verwendet um keine Wirtschaftsformen zu begünstigen.»