Hohe Kosten
Ein Viertel der Studenten sind «Bildungsausländer» – sollen sie höhere Gebühren zahlen?

Innerhalb der vergangenen 28 Jahren ist die Anzahl «Bildungsausländer» an Schweizer Hochschulen von 13 auf 25 Prozent angestiegen. Das ist so gewollt, führt aber auch zu Problemen.

Michel Burtscher
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Schweizer Universitäten sind bei Ausländern beliebt. Gaetan Bally/Keystone

Schweizer Universitäten sind bei Ausländern beliebt. Gaetan Bally/Keystone

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Diese Woche kehrt wieder Leben ein in die hiesigen Universitäten. Das neue Studienjahr hat begonnen – und damit haben in den Vorlesungssälen auch wieder viele Studenten aus dem Ausland Platz genommen. Ihre Zahl wächst stetig, und das seit Jahrzehnten: Zuletzt haben rund 38 000 Studenten vor ihrem Studium in der Schweiz im Ausland gewohnt. Betrug der Anteil dieser Bildungsausländer an den universitären Hochschulen im Jahr 1990 noch 13 Prozent, lag er vergangenes Jahr laut Angaben des Bundesamts für Statistik (BFS) bereits bei 25 Prozent.

Diese Entwicklung ist durchaus gewollt. Die Schweizer Hochschulen sind interessiert daran, die besten Talente aus der ganzen Welt anzulocken. Martina Weiss, Generalsekretärin der Rektorenkonferenz Swissuniversities, erklärt auf Anfrage: «Die Zahlen zeigen, dass wir ein gutes Bildungssystem haben, das auch attraktiv ist für Studierende aus dem Ausland.» Damit nicht genug: Kürzlich hat Swissuniversities eine neue Internetplattform lanciert, um interessierten Studenten aus dem Ausland das Bildungssystem zu erklären und die Universitäten vorzustellen.

Ausländer sollen mehr zahlen

Doch der Zustrom der Bildungsausländer gibt zu reden. Zuletzt war das so, als der ETH-Rat angekündigt hatte, die Studiengebühren ab 2019 für alle Studenten zu erhöhen. SVP-Nationalrat Peter Keller (NW) und SP-Nationalrat Mathias Reynard (VS) forderten, dass nur jene der Bildungsausländer erhöht werden sollen – fanden aber kein Gehör.

Dass Studenten aus dem Ausland den Hochschulen grundsätzlich guttun, das streitet auch Bildungspolitiker Keller nicht ab. Gleichzeitig sagt er: «Ich finde, es hat an gewissen Orten ein Ausmass angenommen, das den Bürgern schwierig zu vermitteln ist.» Die Unterschiede sind gross: Während an der Universität der italienischen Schweiz und an der ETH Lausanne gemäss BFS-Zahlen mehr als die Hälfte der Studenten aus dem Ausland kommen, sind es an der Uni Luzern lediglich 13 Prozent.

Keller hat schon im Jahr 2013 einen Vorstoss eingereicht, in dem er forderte, dass Studenten aus dem Ausland an den beiden ETH doppelt so hohe Gebühren zahlen sollen wie Schweizer. Die Hochschulen, finanziert durch Schweizer Steuerzahler, seien in erster Linie dazu da, Schweizer Studenten auszubilden, schrieb er. Die Bildungsausländer sollten ihr Studium darum «angemessen mitfinanzieren». Der Bundesrat lehnte Kellers Vorstoss zwar ab, gab gleichzeitig aber zu, dass ausländische Studierende «erhebliche Kosten» verursachen würden.

An einigen Hochschulen bezahlen Ausländer heute schon mehr als ihre Kommilitonen aus dem Inland. An der Universität Bern beispielsweise sind es ab diesem Studienjahr 200 Franken pro Semester zusätzlich zur normalen Studiengebühr von 750 Franken. Das hat der Grosse Rat im letzten Dezember im Rahmen eines Sparprogramms beschlossen. Am radikalsten jedoch geht diesbezüglich der Kanton Tessin vor, wo die Universität 4000 Franken pro Semester von Bildungsausländern verlangt.

«Ein leichtes Verlustgeschäft»

Doch wie viel die vielen Studenten aus dem Ausland die Schweiz tatsächlich kosten, ist umstritten. Bildungsökonom Stefan Wolter von der Uni Bern sagt, es komme darauf an, wie man rechne: «Berücksichtigt man nur, wie viele Bildungsausländer nach ihrem Studium in der Schweiz bleiben und hier dann über längere Zeit Steuern zahlen, dann ist es wohl tatsächlich ein leichtes Verlustgeschäft.» Doch das sei zu wenig weit gedacht, findet Wolter, man müsse auch andere Faktoren berücksichtigen. So würden ausländische Studenten nach dem Studium nicht nur hier arbeiten, sondern Firmen gründen und so zusätzliches Steuersubstrat generieren und Stellen schaffen. Genaue Daten gibt es dazu jedoch nicht. Der Knackpunkt ist laut Wolter ein anderer: «Die ausländischen Studenten müssen auch wirklich gut sein.» Doch gebe es bereits heute Universitäten, die sich darüber beklagten, dass jene in die Schweiz kämen, die andernorts nicht untergekommen seien.

Schwemme schlechter Studis

Diese Entwicklung könnte sich zuspitzen. Deutschland kennt schon lange ein Zulassungssystem mit Numerus clausus. Auch Frankreich hat nun neue Zulassungsbestimmungen für Hochschulen erlassen und damit die Hürden erhöht. Die Befürchtung ist, dass Studenten auf die Schweiz ausweichen, welche in ihrer Heimat nicht gut genug waren. Die Entwicklungen in den Nachbarländern müsse die Schweiz sicher aufmerksam verfolgen, sagt Wolter. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf einmal mit schlechten Studenten überschwemmt werden.»

Weiss von Swissuniversities beschwichtigt: «Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem es hierzulande zu viele Bildungsausländer hat.» Sie betont: «Internationale Studierende sind ein Pluspunkt für unsere Hochschulen. Deshalb ist klar, dass es für uns zentral ist, dass die Qualität unserer Hochschulen auch künftig hoch bleibt.» Zudem werde schon heute überprüft, ob Interessenten aus dem Ausland die Voraussetzungen für ein Studium in der Schweiz erfüllen.