Mit einer Volksinitiative soll sichergestellt werden, dass in der Pflege künftig genug Personal vorhanden ist. Der Mangel an Fachkräften ist jedoch nicht die einzige Herausforderung.
Michel Burtscher
Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer (SBK) schlägt Alarm: «Wenn sich nichts ändert, fehlen in naher Zukunft ausgebildete Pflegefachpersonen», sagt Präsidentin Helena Zaugg. «Und die Zeit drängt», betont sie.
Heute lanciert der Verband darum die «Volksinitiative für eine starke Pflege». Der Bund und die Kantone sollen damit verpflichtet werden, für «eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität» zu sorgen. Zudem soll der Pflegeberuf aufgewertet werden, um so mehr Personen für ihn zu gewinnen. Zaugg fordert beispielsweise familienfreundlichere Arbeitsmodelle oder bessere Löhne während der Ausbildung.
Tatsächlich wird heute in der Schweiz zu wenig Pflegepersonal ausgebildet – das zeigen verschiedene Statistiken. Gemäss dem Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe 2016 wurden bei den diplomierten Pflegefachkräften auf Stufe Fachhochschule und höhere Fachschule im Jahr 2014 nur 43 Prozent der erforderlichen Abschlüsse erreicht. Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium schätzt, dass es in der Pflege bis 2025 rund 40000 zusätzliche Personen braucht. Gleichzeitig steigen sehr viele Pflegefachkräfte aus dem Beruf aus. Es erstaunt darum nicht, dass bereits heute viele Alters- und Pflegeheime in der Schweiz Probleme haben, genügend Personal zu rekrutieren.
Die Situation wird sich aufgrund der demografischen Entwicklung noch weiter zuspitzen. In den nächsten 30 Jahren wird die Zahl der über 65-Jährigen laut dem Bundesamt für Statistik um über eine Million steigen. Damit wird es auch mehr Personen geben, die auf professionelle Pflege angewiesen sind. Es ist jedoch keineswegs so, als hätte die Politik das Problem nicht erkannt. Erst kürzlich hat der Bundesrat Massnahmen gegen den Fachkräftemangel in der Pflege angekündigt. So soll mit einer Imagekampagne und Wiedereinstiegskursen mehr Personal gewonnen werden. Diese Massnahmen gehen Helena Zaugg aber zu wenig weit: «Damit wird nicht die eigentliche Ursache für den Personalmangel bekämpft.» Laut ihr müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege attraktiver werden – so wie es der Verband in seiner Pflegeinitiative fordert. «Wiedereinstiegskurse nützen nichts, wenn man keine Personen findet, die diese besuchen wollen», sagt Zaugg. Die Lücke beim Personal ist nur eine Herausforderung im Pflegebereich, die andere ist die Finanzierung. Der Bund rechnet damit, dass sich die Ausgaben für die Langzeitpflege bis im Jahr 2045 verdreifachen auf 18 Milliarden Franken. Darum drängt sich die Frage auf, wie die Alterspflege künftig finanziert werden soll. Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse beispielsweise schlägt vor, dass sich jeder ein Alterskapital für die spätere Pflege oder Betreuung ansparen muss. Demnach müsste jeder über 55-Jährige 250 Franken pro Monat auf die Seite legen. Die nicht verwendeten Ersparnisse würden im Todesfall vererbt.
Auch der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli fordert in einer Motion, die er im vergangenen Dezember eingereicht hat, dass die Finanzierung der Pflegeleistungen im Alter neu über ein Pflegesparkonto abgewickelt werden soll. Details wie die konkrete Höhe der Beiträge lässt er noch offen. Die Finanzierung dieser Pflegevorsorge solle aber nicht über lohnabhängige Abzüge erfolgen, sondern über fixe Prämien, schreibt Dittli in seiner Motion. Er erhofft sich davon auch sinkende Krankenkassenprämien und eine Entlastung der öffentlichen Hand.