Startseite
Schweiz
Beim Absturz des Oldtimer-Flugzeugs der Ju-Air am Piz Segnas in Graubünden sind am Samstag alle 20 Insassen ums Leben gekommen. Die «Tante Ju» des Baujahres 1939 stürzte auf der Heimreise eines zweitägigen Ausflugs ins Tessin ab.
Beim Absturz einer Ju-52 am Piz Segnas oberhalb von Flims vom Samstag sind alle 20 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Dies gaben die Behörden am Sonntagnachmittag vor den Medien bekannt. «Wir haben die traurige Gewissheit, dass niemand das Unglück überlebt hat.»
Unter den Opfern befinden sich acht Paare und vier Einzelpersonen. Elf Männer und neun Frauen aus den Kantonen Zürich, Thurgau, Luzern, Schwyz, Zug und Waadt sowie ein Ehepaar mit einem Sohn aus Niederösterreich wurden beim Absturz tödlich verletzt. Dazu kommen drei Besatzungsmitglieder aus den Kantonen Thurgau und Zürich.
Die verunglückte Ju-52 war auf dem Rückflug von einer Erlebnisreise von Locarno nach Dübendorf. Sie war am Freitag von Dübendorf aus nach Locarno-Magadino geflogen.
Die Kantonspolizei Graubünden informierte am Sonntagnachmittag über den Absturz. Der Livestream zum Nachschauen:
Obwohl die Absturzursache noch nicht klar ist, lässt die Analyse der Unfallstelle bereits einige Schlussfolgerungen zu. «Das Flugzeug ist nahezu senkrecht und mit relativ hoher Geschwindigkeit auf den Boden geprallt», sagte Daniel Knecht von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust). Der Grund dafür müsse noch ermittelt werden. Ausgeschlossen werden könne zum jetzigen Zeitpunkt eine Kollision mit einem Hindernis, Kabel oder einem anderen Fluggerät. «Es gab keine Fremdeinwirkung von aussen.»
Zudem sei das Flugzeug vor dem Absturz nicht auseinandergefallen und habe auch keine Teile verloren vor dem Unfall. Ansonsten sei nichts auszuschliessen, sagte Knecht. «Wir ermitteln in alle Richtungen.» Auch, ob die hohen Temperaturen oder die Wetterlage eine Rolle gespielt hätten, werde abgeklärt.
Weil das Oldtimerflugzeug über keine absturzresistenten Aufzeichnungsgeräte verfüge und über dem Absturzgebiet wenige Radaraufzeichnungen gemacht würden, seien die Untersuchungen komplex. «Wir werden einige Tage vor Ort arbeiten», sagte Knecht von der Sust. Allerdings kann sich die Flugunfalluntersuchung auf die Aussagen mehrerer Augenzeugen stützen, wie Andreas Tobler von der Kantonspolizei Graubünden sagte. Inhaltlich nahm er zu den Beobachtungen, welche die Zeugen des Absturzes gemacht hatten, keine Stellung.
Die Unfalluntersuchung im Fall der abgestürzten Ju-52-Maschine bei Flims, bei der 20 Personen ums Leben kamen, ist komplex und wird lange dauern. Trotzdem gibt es schon erste Ergebnisse über den Unfallhergang und mögliche Ursachen, wie Daniel Knecht von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle am Sonntag vor den Medien ausführte. Das Video zu den ersten Untersuchungsergebnissen:
Bei der abgestürzten Maschine handelt es sich um eine Junkers Ju-52 des Baujahrs 1939. Das Oldtimer-Flugzeug hat Platz für 17 Passagiere und drei Besatzungsmitglieder.
Flugzeugabsturz Piz Segnas
— Kantonspolizei GR (@KapoGR) 5. August 2018
Wir bestätigen die medialen Berichte, dass es sich um die JU52 HB-HOT
der JU-AIR handelt. Medienkonferenz heute um 14.00 Uhr in Flims, altes Schulhaus, Via Nova 43 (schräg vis à vis gelbes Haus)
Ju-Air ist ein Verein von Freunden der schweizerischen Luftwaffe (VFL), der 1981 die drei ausgemusterten Maschinen übernommen hatte. Die Maschinen der Ju-Air werden oft für Alpen-Rundflüge gebucht. Sie starten vom Militärflugplatz Dübendorf.
Nach dem Absturz einer Ju-52 am Piz Segnas hat die Ju-Air ihren Flugbetrieb bis auf Weiteres eingestellt. Auf ihrer Internetseite schrieb Ju-Air: «Das Team der Ju-Air ist tieftraurig und denkt an die Passagiere, die Crew und Familien und Freunde der Verunglückten.»
Die Absturzstelle liegt an der Westflanke des Piz Segnas, auf 2540 Metern, wie die Kantonspolizei Graubünden mitteilte. Am Samstagabend standen die örtlichen Feuerwehren, drei Privathelikopter, zwei Rega-Helikopter, die SAC-Rettungsstation Flims, die Schweizer Luftwaffe und das Care Team Grischun im Einsatz.
In der Nacht wurde die Unfallstelle bewacht. Die Bergungsarbeiten wurden am Sonntag fortgesetzt.
Über der Absturzstelle wurde durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) eine Luftraumsperre verfügt.
Das Oldtimer-Flugzeug ging im Unesco-Weltnaturerbe zu Boden. Die sogenannte Glarner Hauptüberschiebung im Grenzgebiet der Kantone St.Gallen, Glarus und Graubünden zeigt wie nirgendwo sonst die Entstehung der Alpen. Durch die Faltung liegen dort die ältesten, rund 150 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten über den viel jüngeren. Das lässt sich heute an den Bergen als messerscharfe Linien ablesen.
Die eindrücklichen und auch für Laien sichtbaren Überschiebungsflächen erstreckten sich über die Kantone Glarus, St.Gallen und Graubünden, wo der Ringelspitz und die Tschingelhörner liegen. Getrennt werden beide Schichten durch die «Magische Linie» der Glarner Hauptüberschiebung. Besonders eindrucksvoll ist diese an den Tschingelhoren mit dem bekannten Martinsloch bei Elm GL oder am Foostock im st.gallischen Weisstannental ausgebildet. Die Glarner Hauptüberschiebung (Tektonikarena) wurde 2008 auf die Liste der Unesco-Welterbe aufgenommen.
Der Absturz im Bündnerland war der zweite Flugzeugabsturz an diesem Samstag in der Schweiz. Am Vormittag war eine vierköpfige Familie in Hergiswil im Kanton Nidwalden abgestürzt und kam dabei ums Leben gekommen (wir berichteten).
Bundespräsident Alain Berset hat den Hinterbliebenen der Opfer der beiden Flugunfälle vom Samstag per Twitter sein Beileid ausgesprochen. «Meine Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer, denen ich im Namen des Bundesrats mein tief empfundenes Mitgefühl ausspreche», liess Berset am Sonntagnachmittag verlauten.
Le président# Alain Berset au sujet des accidents aériens survenus dans les cantons de Nidwald et des Grisons pic.twitter.com/WvdnNsCJ2Y
— André Simonazzi (@BR_Sprecher) 5. August 2018
Laut dem Chef der vom Absturz betroffenen Fluggesellschaft Ju-Air waren die zwei Piloten an Bord der Maschine äusserst erfahren. Er könne sich nicht erklären, wie es zum Unglück gekommen sei.
Kurt Waldmeier bezeichnete den gestrigen Tag als "schwierigsten und schwärzesten in der Geschichte der 36-jährigen Ju-Air". Niemand habe ein grösseres Interesse an der Aufklärung des Absturzes als die Fluggesellschaft. "Wir unterstützen die Behörden nach all unseren Kräften." Laut dem Ju-Air-Chef würden alle drei "Tante Ju"-Maschinen "ausschliesslich durch sehr erfahrene Berufspiloten geflogen und durch Profis gewartet". Bisher habe es nie Unfälle mit verletzten Personen gegeben.
Beide Kapitäne an Bord der Unglücksmaschine hätten über dreissig Jahre Erfahrung als Linienpiloten bei der Swissair und der Swiss verfügt, sagte Waldmeier. Fast so lange seien beide als Militärpiloten tätig gewesen. Der 62-jährige Pilot ist laut dem Ju-Air-Chef seit 2004 regelmässig den Flugzeugtyp Ju-52 geflogen. "Er hatte 943 Flugstunden mit dieser Maschine und war damit einer der erfahrensten im Team." Auch sein 63-jähriger Kollege im Cockpit sei seit Jahren mit der "Tante Ju" unterwegs gewesen.
Die Unglücksmaschine war den Angaben zufolge insgesamt 10'187 Stunden in der Luft. Auch wegen ihres Alters sei sie technisch streng kontrolliert werden. "Alle 35 Flugstunden wurde das Flugzeug gewartet." Die letzte Kontrolle habe im Juli stattgefunden, die letzte Jahresüberholung sei im vergangenen Winter über die Bühne gegangen. "Uns waren keine technischen Probleme bekannt", sagte Waldmeier. Der Hinflug von Dübendorf ZH nach Locarno TI vom Freitag sei ebenfalls problemlos und ohne Vorkommnisse durchgeführt worden. Seit dem Absturz bleibt die kleine Flotte der Ju-Air am Boden. Die Entscheidung, ob, wie und wann der Flugbetrieb mit den Oldtimer-Flugzeugen wieder aufgenommen werden könne, hänge von den Ergebnissen der Untersuchungen ab, hiess es.
Das Alter eines Flugzeuges habe grundsätzlich keinen Zusammenhang mit dessen Sicherheit. Dies sagte Daniel Knecht von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) zum Absturz des Oldtimerflugzeugs Ju-52 in Flims GR.
"Auch ältere Flugzeuge können, wenn sie gut gewartet werden, sicher betrieben werden", sagte Knecht am Sonntag vor den Medien. Die Ju sei alle 35 Stunden gewartet worden, zuletzt im Juli, hiess es dazu am Sonntag vonseiten der Ju-Air.
Zu Spekulationen, ob die gegenwärtige Hitze beim Absturz eine Rolle gespielt haben könnte, äusserte sich Knecht nicht direkt. Grundsätzlich sei Hitze mit einer Verdünnung der Luft verbunden. Dies beeinträchtige die Leistung der Motoren. Dadurch könne eine Maschine beispielsweise weniger hoch fliegen.
Allerdings könne man damit umgehen, indem man beispielsweise die Beladung reduziere. "Die Situation ist anspruchsvoller, man braucht mehr Erfahrung", so Knecht. Laut den Verantwortlichen der Ju-Air waren die zwei Piloten an Bord der Unglücksmaschine sehr erfahren.
Die Route jedes Fluges werde von den Piloten geplant und abgesprochen, sagte Ju-Air-Chef Kurt Waldmeier vor dem Medien. Dabei würden Wetter, Winde, Temperatur und das Gewicht in die Analyse miteinbezogen. Die Temperatur der Luft sei ein Faktor, der von den Piloten bei der Routenwahl berücksichtigt werden müsse. Dass auch das Wetter eine der Ursachen für den Absturz sein könnte, konnte Waldmeier nicht ausschliessen.