Historischer Schritt: Stimmrechtsalter 16 nimmt die nächste Hürde

Die Kommission des Ständerats sagt Ja zum Stimmrechtsalter ab 16 Jahren. Nun muss die Schwesterkommission einen Verfassungstext ausarbeiten.

Nina Fargahi
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Jugendsession im November 2018 im Nationalratssaal in Bern.

Jugendsession im November 2018 im Nationalratssaal in Bern.

Keystone

«Zu diesem Thema gibt es ähnliche Argumente wie beim Frauenstimmrecht», sagt die Grüne-Ständerätin Lisa Mazzone, Mitglied der Staatspolitischen Kommission. Wie beim Frauenstimmrecht hätten Bund und Kantone das Stimmrechtsalter 16 lange Zeit hin- und hergeschoben. Doch mit dem Ja zur parlamentarischen Initiative ist ein wichtiger Schritt getan. «Der Entscheid in der Kommission war umstritten, was nicht überraschend ist», so Mazzone. Doch es sei «ein historischer Entscheid», auch wenn der Weg noch weit sei.

Das Geschäft geht nun zurück an die staatspolitische Kommission des Nationalrats, die einen Verfassungstext ausarbeiten und in die Vernehmlassung schicken wird. «In der Vernehmlassung wird wahrscheinlich ebenfalls kontrovers diskutiert werden», so Mazzone. Aber die Erweiterung der Demokratie sei immer komplex und langwierig. Danach müssen National- und Ständerat und am Schluss noch Volk und Stände zu stimmen. Das kann dauern. Zum Vergleich: Bei der «Ehe für alle» vergingen von der Einreichung der parlamentarischen Initiative bis zur Verabschiedung des Gesetzes sieben Jahre - und die Volksabstimmung steht noch aus. Eine Verfassungsänderung ist nochmals eine Stufe komplexer.

«Abstimmen ist ein Privileg und ich freue mich, dass wir unser Privileg breiter teilen möchten», so Mazzone. Eines der wichtigsten Argumente für Mazzone ist eine Studie, die zeige, dass in etwa 15 Jahren die Hälfte der Schweizer Wählerschaft über 60 Jahre alt sein werde. Es sei daher wichtig, dass Jugendliche angemessen mitbestimmen können. Ob das Anliegen auch wegen des grossen politischen Engagements vieler Jugendlicher im Zusammenhang mit der Klimakrise Auftrieb erhalten hatte? «Einige hoffen sicher, dass die Jungen dann mehr an die Urne und weniger auf die Strasse gehen», sagt Mazzone mit einem Augenzwinkern.

Für Ständerat Philippe Bauer (FDP/NE) ist der Kommissionsentscheid noch nicht massgeblich:

«Die grossen Debatten fangen
erst jetzt an.»

Er selbst ist der Meinung, dass das Stimmrechtsalter nicht gesenkt werden soll, da auch andere Rechtsbereiche eine Altersgrenze von 18 Jahren vorsehen. «Verträge können schliesslich auch erst ab 18 Jahren unterschrieben werden», so Bauer. Dass 16-Jährige bereits einen Beruf, eine Religion oder sexuelle Partner wählen, ist für ihn kein Widerspruch, denn diese Entscheide würden nur einen selbst und keine Drittpersonen betreffen. Bauer bezieht sich ausserdem auf den Kanton Neuenburg, wo letztes Jahr 60 Prozent der Stimmberechtigten gegen das Stimmrechtsalter 16 votierten.

Zuversichtlich ist die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan, die die entsprechende parlamentarische Initiative eingereicht hatte. Der Nationalrat hatte im letzten September mit 98 zu 85 Stimmen zugestimmt. Die Grünen, SP, GLP und Mitglieder der FDP- und der Mitte-Fraktion sagten Ja. «Über die breite und überparteiliche Unterstützung freue ich mich», sagt Arslan.