Private Sicherheitsfirmen boomen seit Jahren. Doch noch immer gibt es keine einheitlichen Regeln. Nun wächst der Druck auf die Kantone, sich zusammenzuraufen: Der Bund droht, ein Machtwort zu sprechen.
Maja Briner
Sie bewachen Gebäude, arbeiten als Türsteher bei Clubs, patrouillieren in Gemeinden oder verteilen Parkbussen: Private Sicherheitsfirmen übernehmen immer mehr Aufgaben. 20 000 Beschäftigte zählt die Branche inzwischen, über zehn Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. In Vollzeitstellen umgerechnet sind es laut dem Branchenverband VSSU 12 000. Zum Vergleich: Schweizweit sind 18 000 Polizisten im Einsatz.
Trotz des Booms und der teils heiklen Aufgaben der privaten Sicherheitsdienste ist nicht einheitlich geregelt, welche Voraussetzungen ihre Angestellten mitbringen müssen. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) hat 2010 zwar ein Konkordat erarbeitet. Mitarbeitende von Sicherheitsfirmen müssen demnach unter anderem eine theoretische Grundausbildung und einen blanken Strafregisterauszug vorweisen, um zugelassen zu werden.
Ausgerechnet die beiden Kantone Bern und Zürich, in denen laut KKJPD rund die Hälfte der Sicherheitsfirmen ihren Sitz haben, lehnen einen Beitritt zum Konkordat jedoch ab. Das Zürcher Parlament entschied sich für eine eigene, weniger strenge Regelung; in Bern ist eine solche in Planung. Auch andere Kantone, darunter Luzern und Zug, lehnen das Konkordat ab. Zehn Kantone sind beigetreten, zwei Kantone und die Westschweiz kennen ähnliche Regeln.
Wie es weitergeht, entscheidet die KKJPD Anfang April. Trotz prominenter Abweichler ist eine Änderung des Konkordats nicht in Sicht. Laut KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger wird an der Versammlung lediglich über die Inkraftsetzung des Konkordats entschieden. Im Rahmen der Diskussion werde es zwar sicher auch «eine Auslegeordnung zur aktuellen Situation» geben, so Schneeberger. «Es ist aber nach meiner Einschätzung sehr unwahrscheinlich, dass es in Richtung Abänderung des Konkordats oder neues Konkordat gehen wird.»
Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Bund eingreift. Der Bundesrat hat in einer Antwort auf einen Vorstoss von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (ZH) klar gemacht, dass er das in Betracht zieht – noch erachtet er ein Eingreifen aber als verfrüht. Für eine Bundesregelung plädieren die Branchenverbände der Polizisten und der Sicherheitsfirmen. «Die Kantone sind offensichtlich nicht in der Lage, eine einheitliche Regelung zu schaffen», sagt Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbands Schweizer Polizei-Beamter. Das Problem dabei: «Firmen weichen in jene Kantone aus, die eine weniger strenge oder gar keine Regelung haben», sagt sie. Eine schweizweite Regelung müsste laut Bundi beispielsweise Vorschriften zur Ausbildung enthalten. «Wir haben festgestellt, dass private Sicherheitsfirmen vielmals ihre Kompetenzen überschreiten, etwa bei Personenkontrollen», sagt sie.
Auch der Verband der privaten Sicherheitsunternehmen VSSU macht sich für eine schweizweit einheitliche Regelung stark. Geschäftsführer Wolfram Manner sagt: «Viele Firmen sind nicht nur lokal tätig, sondern auch überregional.» Die heute je nach Kanton unterschiedlichen Regeln verursachten den Unternehmen Mehraufwand und zusätzliche Kosten. Ein Anliegen sei dem Verband zudem, dass die Ausbildung schweizweit geregelt werde. «Die Unternehmen versuchen, ihre Kosten tief zu halten. Manche Firmen schauen deshalb nicht darauf, ob ihre Angestellten gut ausgebildet sind», sagt Manner. Dass die Kompetenzen «vielmals» überschritten würden, glaubt er jedoch nicht. «Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler», sagt er.
Es gibt jedoch auch Sicherheitsfirmen, die sich gegen eine Bundesregelung wehren: Der im Dezember gegründete Verband VPOSS, dem fünf Sicherheitsfirmen angehören, stellt sich dagegen. «Der Wildwuchs ist ein Problem. Es gibt schwarze Schafe», sagt Vizepräsident Daniel Beck. Er bedauert die Entwicklung beim Konkordat, stellt sich aber gegen eine Bundeslösung: «Wir sind an Lösungen auf kantonaler Ebene interessiert.» Beck befürchtet, dass die grossen Unternehmen die Bundesregelung mitprägen würden – und dabei für so hohe Anforderungen sorgen könnten, dass kleine Firmen nicht mithalten könnten. Der Branchenverband VSSU bestreitet dies. «Es geht nicht darum, kleine Firmen zu unterdrücken», sagt Manner. «Alle Firmen sollen überall die gleichen Bedingungen haben.»