Kam es im Zusammenhang mit dem Verkauf der Therme Vals zu strafrechtlich relevanten Machenschaften? Dies will die Bündner Regierung nun durch die Staatsanwaltschaft abklären lassen.
Richard Clavadetscher, Chur
Der Verkauf der architektonisch viel gerühmten Therme Vals im Kanton Graubünden an den Churer Immobilienhändler Remo Stoffel im Jahr 2012 hat schon mehrfach die Gerichte bis hinauf zum Bundesgericht beschäftigt. Nun soll auch noch die Bündner Staatsanwaltschaft klären, ob damals alles mit rechten Dingen zuging – oder ob sich dabei strafrechtlich Relevantes zugetragen hat.
Zu diesem Zweck hat die Bündner Regierung Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht, wie Regierungspräsidentin Barbara Janom Steiner (BDP) gestern in Chur den Medien darlegte. Die Regierung kam zu diesem Schluss anlässlich der Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde gegen die Gemeinde Vals und gemäss Medienberichten darüber.
Zwar habe die Regierung der Aufsichtsbeschwerde keine Folge geleistet, so Janom Steiner. Aufgeschreckt habe sie indes in den Medien gemachte Aussagen von Rainer J. Schweizer, emeritierter Professor für Öffentliches Recht, in diesem Zusammenhang, wonach der Verkauf der Therme seiner Auffassung nach «zu den grossen Korruptionsfällen in Schweizer Gemeinden» gehöre, «vergleichbar mit dem Fall Leukerbad». Verschiedene Beteiligte mit persönlichen Interessen hätten den Deal mit Immobilienmann Stoffel unter Missachtung von Amtspflichten eingefädelt und, ohne alle Zahlen zu nennen, durchgesetzt, sagte Schweizer zur Begründung.
Die Regierung Graubündens hat darauf den renommierten Korruptionsexperten Mark Pieth, Professor für Strafrecht an der Universität Basel, mit einem Gutachten aus strafrechtlicher Perspektive betraut. Nach Durchsicht aller Unterlagen rät der Experte der Regierung nun zur Strafanzeige.
Insbesondere die Vorbereitung des Verkaufsentscheids, den die Gemeindeversammlung Vals dann fällte, werfe eine Reihe von Fragen auf. War der Verwaltungsrat des Thermenkomplexes überhaupt zuständig, verbindliche Schritte hin zu einem Verkauf zu machen? Durfte er sich quasi blind an eine noch unbekannte Offerte binden, bei deren Ablehnung hohe Entschädigungsleistungen drohten? Und auch: Wurde überhaupt der Anspruch auf Wettbewerbsneutralität gewahrt?
Wettbewerbsneutralität deshalb, weil ja nicht nur Stoffel ein Interesse am Thermenkauf hatte, sondern auch noch eine IG Therme Vals mit dem Architekten Peter Zumthor, der die Therme realisierte. Solche und andere strafrechtlich relevante Fragen harren laut Pieth der Klärung.
Es sei hier nicht Aufgabe des Gutachters, konkrete Personen zu benennen und Vorverurteilungen auszusprechen, so Pieth weiter. Solche Arbeit falle in die Zuständigkeit der Strafbehörden. Er wolle deshalb auch lediglich «andeuten, in welche Richtung die Überlegungen gehen könnten»: Auf der Grundlage der eingesehenen Unterlagen könne «gesagt werden, dass Indizien vorliegen», die auf Korruption hindeuten könnten.
Es sei deshalb zu begrüssen, wenn die Strafverfolgungsbehörden die noch offenen Fragen in diesem Bereich klärten.