Vor vier Jahren taktierten die Grünliberalen bei den Nationalratswahlen am geschicktesten. Diesmal haben sie Mühe, geeignete Allianzpartner zu finden doch nicht nur sie.
Eine Übersicht aller Listenverbindungen für die Nationalratswahlen im Herbst finden Sie unter www.luzernerzeitung.ch/bonus
Lukas Leuzinger
Als «König der Listenverbindungen» wurde er schon bezeichnet: Martin Bäumle, dem Präsidenten der Grünliberalen, liegt das Taktieren. Durch geschickte Allianzen mit den unterschiedlichsten Partnern gelang es seiner Partei bei den Nationalratswahlen 2011, mit 5,4 Prozent Stimmenanteil 12 Sitze zu holen die Hälfte davon verdankte sie Listenverbindungen.
Der Erfolg machte andere Parteien offensichtlich hellhörig sie scheinen sich nicht mehr so leicht auf Listenverbindungen mit der GLP einzulassen. Jedenfalls bekunden die Grünliberalen dieses Jahr wesentlich mehr Mühe auf der Suche nach möglichen Partnern. So paktieren im Kanton Luzern BDP und EVP, die ihre Listen vor vier Jahren mit der GLP verbunden hatten, diesmal mit der CVP. Auch in Zürich, St. Gallen und Thurgau wollen sich Mitte-Parteien nicht mehr mit den Grünliberalen zusammenschliessen.
Für ein definitives Fazit ist es noch zu früh: Die Parteien haben noch bis im August Zeit, ihre definitiven Listen (inklusive Listenverbindungen) einzureichen. Dennoch müssen die Grünliberalen wohl damit rechnen, in diesem Jahr weniger stark von Listenverbindungen profitieren zu können. Wollen sie ihre 12 Nationalratssitze halten, müssen sie Stimmenanteile gewinnen.
«Die öffentliche Aufmerksamkeit, die Listenverbindungen erhalten, ist heute deutlich grösser als vor vier Jahren», sagt GLP-Generalsekretärin Sandra Gurtner-Oesch. Entsprechend sei es «schwieriger, nur rein kalkulatorische Überlegungen zu berücksichtigen». Die Hemmschwelle für Verbindungen mit ideologisch entfernten Parteien ist gestiegen. «Die Parteien schauen heute genauer hin, wo ihnen Listenverbindungen helfen und wo nicht», sagt Daniel Bochsler, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Zürich. Die intensive Diskussion über Listenverbindungen vor und nach den Wahlen 2011 habe ihre Spuren hinterlassen.
Listenverbindungen geben den Parteien die Möglichkeit, Reststimmen zu verwerten, die nicht zu einem Sitz reichen und sonst verloren gingen. Parteien, die geschickt rechnen, können so zusätzliche Mandate erringen. Dabei gibt es allerdings auch viele Unabwägbarkeiten. Tendenziell fällt ein zusätzlicher Sitz am ehesten der grössten Liste innerhalb einer Verbindung zu. Dennoch können Listenverbindungen auch für kleine Parteien ein Vorteil sein, weil sie damit immer noch mehr Chancen auf einen Sitz haben als ohne (siehe Kasten).
Das geltende Wahlsystem benachteilige kleine Parteien, sagt Sandra Gurtner-Oesch. Es zwinge sie dazu, sich mit anderen zusammenzuschliessen.
Eine Analyse der Listenverbindungen, die bereits feststehen oder sich abzeichnen, zeigt: Gegenüber den letzten Wahlen werden die Karten vielerorts neu gemischt. Insbesondere in der Mitte des Parteienspektrums gehen die Parteien neue Allianzen ein. Während dies die GLP vor Probleme stellt, verbessern sich die Chancen anderer Parteien.
Dazu zählt Daniel Bochsler etwa die BDP. Sie sei politisch kompatibel mit verschiedenen bürgerlichen Parteien und hätte daher «eigentlich das ideale Profil für Listenverbindungen», sagt er. Dennoch hätten ihr Listenverbindungen 2011 keinen einzigen Sitzgewinn beschert. «Jetzt hat sie sich viel stärker auf diesem Feld engagiert und versucht sich strategisch geschickt zu positionieren», konstatiert Bochsler. So wechselte sie in Freiburg von der CVP als Partnerin zur kleineren FDP.
BDP-Präsident Martin Landolt ist zufrieden mit den bisher vereinbarten Allianzen. «Wir sind besser aufgestellt als vor vier Jahren», sagt der Glarner Nationalrat auf Anfrage. Im Gegensatz zu 2011 habe man diesmal mehr kantonale Ergebnisse in die Analyse einbeziehen können. Landolt betont allerdings, die Arithmetik sei weniger wichtig als politische Positionen: Listenverbindungen müssten die Mitte stärken. Allianzen mit Polparteien sind für ihn daher tabu.
Auf der linken Seite werden SP und Grüne wohl in den meisten Kantonen erneut zusammenspannen. Auf der rechten Seite sucht die SVP, die sich in vielen Kantonen mit der Kleinpartei EDU zusammengetan hat, nach neuen Partnern. Insbesondere der FDP hatte Parteipräsident Toni Brunner immer wieder Avancen für möglichst flächendeckende Listenverbindungen gemacht.
Bisher sagte die FDP aber nur in drei Kantonen zu: Basel-Stadt, Schaffhausen und Aargau (dort ist zudem die CVP im Boot). «Die SVP hat Mühe, über das rechte Lager hinaus Listenverbindungen abzuschliessen», sagt Daniel Bochsler.
Hinweis
Eine Übersicht aller bereits bekannten Listenverbindungen für die Nationalratswahlen finden Sie auf www.luzernerzeitung.ch/bonus