Zug/bern Die Reise mit der offiziellen Zuger Delegation nach Bern, um gestern einen allfälligen Bundesrat Thomas Aeschi zu ehren, war für den Baarer Gemeinderat Paul Langenegger ein Deja vu. «Ich habe die Delegation schon 1999 begleitet, als der Zuger CVP-Nationalrat Peter Hess zur Wahl stand», erzählte Langenegger gestern. «Damals bin ich als Standesweibel mitgefahren.» Schon bei der Ersatzwahl für den Tessiner Flavio Cotti im März vor 16 Jahren musste Langenegger lernen, mit einer Wahlniederlage zu leben.
Gestern hat er die Niederlage des Baarers Thomas Aeschi eher gelassen weggesteckt. «Kann mir jemand die Telefonnummer des Caterers geben? Ich muss ihm sagen, dass am 17. Dezember kein Fest stattfindet», so der ehemalige Standesweibel, als feststand, dass Zug keinen weiteren Bundesrat erhalten wird. Etwas enttäuscht sei er zwar schon, erklärte der Baarer Gemeinderat. Die Zeit wäre schon reif für einen weiteren Zuger Bundesrat gewesen. «Schade, aber das Leben geht weiter.» Leicht enttäuscht war auch der Baarer Gemeindepräsident Andreas Hotz: «Es wäre schon schön gewesen, wenn Thomas Aeschi gewählt worden wäre», sagte er. «Aber schon nach dem ersten Wahlgang hat sich abgezeichnet, dass es nicht reichen wird.»
So sei eben die Politik, erklärte Landammann Heinz Tännler. Dass Aeschi im 3. Wahlgang nur 88 Stimmen gemacht habe, das sei schon erstaunlich. Es sei eigentlich ein schlechtes Resultat. «Er wurde klar unter Wert geschlagen», so der Landammann, während im Hintergrund die Korken knallten. Dort feierte die Delegation aus der Waadt bereits «ihren Guy» – ausgelassen und laut.
Landschreiber Tobias Moser, der die Reise nach Bern unter der Leitung von Landammann Heinz Tännler organisiert hatte, zog einen Rollkoffer von Zug bis ins Bundeshaus hinter sich her. «Da sind 420 Einladungen drin. Fixfertig», so Moser. Er werde diese im Bundeshaus abgeben, von dort würden sie verschickt – falls Thomas Aeschi Bundesrat werden sollte. «So oder so. Ich werde am Abend mit einem leeren Koffer heimreisen. Entweder sind die Einladungen verschickt oder sie werden von der Eidgenossenschaft geschreddert.»
Anwesend an den Wahlen waren selbstverständlich Thomas Aeschis Eltern sowie seine Brüder. Mutter Margrit und Vater Siegfried liessen den ganzen Rummel um ihren Sohn ruhig über sich ergehen. «Er bleibt, ob er gewählt wird oder nicht, der Thomas», sagte Margrit Aeschi. «Wir nehmen es, wie es kommt», erklärte Vater Siegfried. Sollte er gewählt werden, dann warte eine schwierige Aufgabe auf ihn. «Aber das ist Thomas gewohnt.» Ihr Tag habe um vier Uhr in der Früh begonnen, sagte Margrit Aeschi. Sie habe wohl um die Bedeutung des Tages gewusst, es sei aber keinesfalls ein anderes Aufstehen gewesen als sonst. Angereist seien sie mit dem Auto. «Meine Söhne wohnen nicht gerade zentral, das wäre sehr kompliziert gewesen, alle in Zug am Bahnhof zu sammeln.» Deshalb habe man die ganze Familie im Auto eingesammelt. Nein, ein Fest innerhalb der Familie gebe es nicht. «Thomas ist so viel unterwegs, da ist die Zeit, die wir als Familie zusammen verbringen können, schon ein Fest», erklärt Mutter Margrit Aeschi. Mehr als das Zusammensein brauche es nicht. «Wir sind auf jeden Fall keine Familie, die sich Papphütchen aufsetzt und auf Kommando lustig ist.»
Tradition hat – ob nun Neu-Bundesrat oder nicht – der Apéro im Anschluss an die Vereidigung des Gesamtbundesrats inklusive Bundeskanzler. Lumpen lassen hat sich keine der drei Regionen, deren Vertreter zur Wahl gestanden hatten. Aus dem Tessin wurden Berge an Coppa, Salami und Käse herangetragen, aus der Waadt Wein und aus Zug – natürlich Baarer Bier und die obligaten Kirschtorten. «Bezahlt wird der Apéro vom Kanton des neu gewählten Bundesrats», erklärte der Zuger Landschreiber Tobias Moser. «Wir hätten das gerne gemacht, aber ich gönne den Kollegen aus der Waadt die Rechnung», schmunzelte Moser. Er hätte sogar den Antritt seiner Ferien verschoben. Nun da in Baar am 17. Dezember keine Bundesratsfeier stattfindet, kann er getrost am 16. mit seiner Gattin in die Ferien verreisen.
Ganz ohne Ärger allerdings ging es dann doch nicht. Landammann Heinz Tännler, die stellvertretende Landschreiberin Renée Spillmann, der Präsident der Baarer SVP-Sektion, Kantonsrat Oliver Wandfluh, die beiden mitgereisten Trachtendamen sowie der Zuger Standesweibel Hans Peter Rosenberg wurden beim Verlassen des Bundeshauses von Wartenden angepöbelt, mit Sprüchen wie «Haha, ihr Zuger, jetzt könnt ihr eure Torte selber essen» und anderen, ähnlich gelagerten. Das sei der Würde des Anlasses in keiner Weise angemessen, so Landammann Heinz Tännler. «Wir waren wegen dieser Tiraden doch ziemlich erschüttert», sagte Tännler. So etwas sei schlicht unanständig und stillos.
Harry Ziegler