Auch FDP-Präsident Burkart und die Bankiervereinigung sind nun für den Beitritt zur internationalen Oligarchengeld-Taskforce. Weshalb dieser Meinungsumschwung?
Es dauerte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine einige Tage, bis der Bundesrat entschied: Die Schweiz übernimmt die Sanktionen der EU. Vermögenswerte von sanktionierten Personen und Organisationen werden seither eingefroren – bisher rund 7,5 Milliarden Franken. Die strittige Frage, die diese Zahl nicht beantwortet: Macht die Schweiz genug?
Nein, finden linke Politiker und Politikerinnen. Nein, findet auch US-Botschafter Scott Miller. Er forderte die Schweiz wiederholt auf, an der internationalen Taskforce zum Aufspüren russischer Oligarchengelder teilzunehmen, der «Repo»-Taskforce, der die G7-Staaten und Australien angehören. Diesen Frühling machten die Botschafter der G7-Staaten gar mit einem Brief an den Bundesrat Druck für eine Teilnahme.
Bundesbern sträubt sich jedoch – zumindest bisher. Der Bundesrat lehnt eine Teilnahme ab, und auch im Parlament fand sich bislang keine Mehrheit dafür, da die Bürgerlichen sich dagegen stellten. Nun aber scheint der Wind zu drehen. Erst sagte Roman Studer, der neue CEO der Bankiervereinigung, diese Woche in der NZZ: «Aus Sicht der Bankiervereinigung sehe ich wenig Gründe, die gegen einen Beitritt sprechen.»
Und dann erklärte FDP-Präsident Thierry Burkart gegenüber SRF: «Ich sehe keinen Grund, weshalb die Schweiz der G7-Taskforce nicht beitreten sollte, im Gegenteil. Wir hätten dort die Möglichkeit, unseren Standpunkt einzubringen und aufzuzeigen, dass wir schon sehr aktiv sind in dieser Angelegenheit.» Der Beitritt zur Taskforce dürfe indes nur unter dem Vorbehalt geschehen, dass die Datensicherheit gewährleistet ist.
Der bürgerliche Widerstand bröckelt also. Schon vor einer Weile sprach sich Mitte-Präsident Gerhard Pfister für eine Teilnahme aus. Im Nationalrat könnte es damit nächste Woche eine Mehrheit geben für eine Motion von Franziska Ryser (Grüne), die eine Teilnahme an der Taskforce fordert. «Aus unserer Sicht wäre es ein wichtiges politisches Signal, dass die Schweiz die Umsetzung der Sanktionen ernst nimmt», sagt sie. «Der Bundesrat unterschätzt diese aussenpolitische Wirkung – einmal mehr.»
Offen ist, ob Pfister und Burkart die Unterstützung ihrer Fraktionen haben – beide diskutieren am nächsten Dienstag darüber. Dass manche bisher nicht auf ihrer Linie sind, zeigte sich vergangene Woche: Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats lehnte einen Antrag auf Teilnahme an der Taskforce ab. Manche sahen keinen Handlungsbedarf, weil Rysers Vorstoss bereits auf dem Tisch lag. Dem Vernehmen nach wurden aber auch inhaltliche Vorbehalte vorgebracht, insbesondere von FDP und SVP.
Nach wie vor skeptisch ist FDP-Aussenpolitiker Hans-Peter Portmann. «Ich sehe im Moment nicht, dass eine Teilnahme einen Mehrwert bringen würde», sagt er. Wie die Verwaltung verweist auch er darauf, dass die technische Zusammenarbeit bestens funktioniere. Gleichzeitig sagt er aber auch: «Wenn es der Reputation der Schweiz hilft, wehre ich mich nicht gegen eine Teilnahme.» Bedingung müsste unter anderem sein, dass der Personen- und Datenschutz eingehalten und Wirtschaftsspionage unterbunden werde.
Gegen eine Teilnahme stellt sich die SVP. Nationalrat Franz Grüter, Präsident der Aussenpolitischen Kommission, sagt: «Es stände der Schweiz gut an, wenn sie Rückgrat behalten und nicht beitreten würde.» Die Schweiz sei auch ohne eine Taskforce-Mitgliedschaft bereits sehr aktiv und dulde keine Missstände, wenn es um die Umsetzung von Sanktionen geht.
Grüter verweist darauf, dass die USA – die treibende Kraft hinter der Taskforce – bei der Suche nach russischen Vermögen auf die Geheimdienste setzten. Und er befürchtet, es gehe der Taskforce auch um wirtschaftliche Interessen. Man wolle beispielsweise an Kundendaten von Rohstoffunternehmungen herankommen. Dem Vernehmen nach sind Bedenken bezüglich Daten mit ein Grund für die ablehnende Haltung des Bundesrats.
Das Wirtschaftsdepartement erklärt offiziell, die Schweiz sehe «im Moment» keine Notwendigkeit, der Taskforce formell beizutreten, die Zusammenarbeit auf technischer Ebene funktioniere reibungslos. Oder mit anderen Worten: Die Schweiz macht genug.