Das Parlament soll bei Verordnungen des Bundesrates ein Vetorecht erhalten. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) hat eine entsprechende Gesetzesänderung erarbeitet. In den nächsten Tagen wird sie eine Vernehmlassung dazu eröffnen.
Die Kommission sieht das Verordnungsveto als "Notbremse" gegen eine falsche Interpretation des Parlamentswillens durch den Bundesrat, wie sie am Donnerstag mitteilte.
Heute erlässt das Parlament die übergeordneten rechtsetzenden Bestimmungen in der Form von Gesetzen. Die Bestimmungen zur Umsetzung oder Konkretisierung der Gesetze legen der Bundesrat und die Departemente in Verordnungen fest.
In der Praxis komme es aber gelegentlich vor, dass eine Verordnungsbestimmung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, schreibt die Kommission im Bericht zur Vernehmlassung. Das Parlament sollte die Möglichkeit haben, in einem solchen Fall zu intervenieren.
Nach dem Willen der Kommission entscheidet der Rat erst dann über ein Verordnungsveto, wenn mindestens ein Drittel seiner Mitglieder einen entsprechenden Antrag unterstützt und die Mehrheit der vorberatenden Kommission diesen befürwortet.
Der Antrag auf ein Verordnungsveto muss innert 15 Tagen nach Publikation des Verordnungsentwurfs eingereicht sein, und die Kommission muss innert 60 Tagen darüber entscheiden. Damit das Veto gilt, müssen beide Räte zustimmen.
Aus Sicht der Kommission sind das hohe Hürden. Sie rechnet damit, dass das Verordnungsveto ein Instrument für Ausnahmefälle bleibt. Es werde vor allem präventive Wirkung entfalten, schreibt die SPK. Das vorgesehene Verfahren verhindere, dass Minderheiten die Umsetzung des Parlamentswillens verzögern könnten.
Ein Teil der SPK wollte, dass der Rat auch über Anträge befindet, welche nur eine Minderheit der Kommission befürwortet oder die nicht in der Kommission vorberaten wurden. Entsprechende Vorschläge lehnte die SPK aber ab.
Im Gesetz sollen auch Ausnahmen vorgesehen werden. Ein Veto wäre demnach unzulässig gegen jene Verordnungen, zu deren Erlass die Bundesverfassung den Bundesrat unmittelbar ermächtigt. Es handle sich um wenige Verordnungen, hält die SPK dazu fest.
Ein Veto soll auch nicht die rechtzeitige Umsetzung einer Bestimmung der Verfassung verhindern können, falls der Verfassungs- oder Gesetzgeber dafür eine Frist gesetzt hat. Dasselbe gilt für vom Parlament oder vom Volk genehmigte Verträge, die eine Frist enthalten.
Einige Verordnungen müssten zudem aus sachlichen Gründen ohne Verzug erlassen werden können, hält die Kommission fest. In den entsprechenden Spezialgesetzen will sie dafür Ausnahmebestimmungen vorsehen. Als Beispiele nennt die Kommission Verordnungen, mit welchen auf eine Katastrophe oder eine Seuche reagiert wird.
Frühere Versuche, ein Vetorecht einzuführen, waren am Widerstand des Ständerats gescheitert. Der nun vorliegende Gesetzesentwurf geht auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/SZ) zurück. Die Ständeratskommission stimmte dieser zu. Sie begründete die Kehrtwende mit den Erfahrungen in jüngster Zeit.
Die Gegnerinnen und Gegner warnen vor einem Eingriff in die Gewaltentrennung. Das Verordnungsveto führe zu einer unklaren Verteilung der Zuständigkeiten und einer Vermischung der Verantwortlichkeiten, argumentieren sie. Auch könnte es zu Blockaden beim Gesetzesvollzug kommen.
Zwischen 2009 und 2016 wurden pro Jahr durchschnittlich 355 Bundesrats- und Departementsverordnungen erlassen. Die Kommission geht davon aus, dass jährlich rund 250 neue Verordnungen und Verordnungsänderungen dem Veto unterliegen würden.
sda