In Rapperswil ist am Donnerstagabend der Circus Knie in seine diesjährige Saison gestartet. Mit Viktor Giacobbo und Mike Müller, mit Nubya und ein wenig, aber nicht zu viel Nostalgie zum 100-Jahr-Jubiläum. Was alles in allem eine gelungene Mischung ergibt.
Mit der Erinnerung fängt alles an. Mit Bildern, bunt oder schwarz-weiss, mit Pferden, Elefanten – und jeder Menge Knies. Denn so ein 100-Jahr-Jubiläum feiert man nicht alle Tage, da darf ein wenig Nostalgie schon sein.
Sogar ein Jubiläumsredner für den Circus Knie hat sich in Rapperswil eingefunden, wo am Donnerstagabend die diesjährige Saison startete – Burri Hanspeter mit Namen, der gerade zur näheren Erklärung des mastenlosen neuen Zeltes ansetzt, als ihm ein anderer in die Quere kommt: Fredi Hinz, Drögeler in permanenter Geldnot.
Noch in viele andere ihrer bekannten Figuren werden Mike Müller und Viktor Giacobbo schlüpfen, etwa in jene des ewigen Sohns Armin und seiner quengeligen Mutter, oder in jene von Roger Schawinsky und Mike Shiva. Als die Lebemänner Boppeler und Stark bekommen sie Gesellschaft von zwei Minipigs, die zu schlachten sie nicht übers Herz bringen. Das ist lustig und unterhaltsam, und natürlich wird auch die Familie Knie immer wieder listig in den Nummernreigen eingebaut.
Was an diesem Jubiläumsprogramm auffällt: Es ist stärker durchkomponiert und von weniger Routine geprägt als frühere: Eine raffinierte Lichtregie beherrscht die Manege. Die Sängerin Nubya hat mit ihrer kraftvollen Stimme ein paar starke Auftritte. Und die achtjährige Chanel Knie zieht mit zwei Clowns (Davis Vassallo und Francesco Fratellini) und manchmal noch dem Weissclown (Yann Rossi) durchs Publikum, das dann bei Gelegenheit auch etwas abbekommt.
Diese Art Spässe gehört zum Zirkus-Erlebnis. Chanels Hauptaugenmerk aber gilt ihren Ponys, auf die lauter Puppen montiert sind, die ihr auf die Haare gleichen – ein Auftritt mit viel Witz. Doch sechs Ponys, das ist nichts gegen das wunderschöne Pferdemeer, das ihr Grossvater Fredy Knie junior souverän zu dirigieren versteht. Und auch sein anderer Enkel Ivan zeigt zu Pferde, was er kann, zusammen mit Wioris Errani in der verflixt schwierigen «Ungarischen Post».
Man sieht: Zum Jubiläum ist Familie Knie sehr präsent. Franco, Linna und Chris Rui Knie lassen elf wunderschöne Papageien fliegen, es ist ein Moment der Verzauberung. Auch Viktor Kees Jonglage entfaltet ihre Magie, ebenso die Auftritte der Luftakrobatin Anastasia Mekeeva und des Strapaten-Duos «Golden Dream» – zwei goldglänzenden Kraftpaketen, die sich an Bändern durch die Lüfte schwingen.
In die Luft müssen noch andere. Maycol Errani schleudert in der Ikarier-Nummer Bruder Guido mit den Füssen in die Höhe, und am Ende des Programms setzt die dreizehnköpfige Troupe Sokolov mit ihren Schleuderbrettern einen letzten spektakulären Höhepunkt.
Zirkus ist moderne Unterhaltung und Tradition zugleich. Beides findet sich in diesem Jubiläumsprogramm geschickt ineinander verknüpft. Und nicht nur die Knies haben ihre Tradition, viele Artisten stammen aus Zirkusfamilien. Yann Rossi zum Beispiel, der mit seinem Saxofon manchen poetischen Farbtupfer setzt, hat Vorfahren, die schon 1732 am Hof der französischen Königs Ludwig XV. aufgetreten sind. Einundsiebzig Jahre, bevor der Medizinstudent Friedrich Knie sich in eine Kunstreiterin verliebt.
Seither folgt eine Generation der nächsten. Auch jetzt. Am Ende der Premiere steigt Fredy Knie junior vom Pferd und macht Chanel Platz.
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