Fabian Fellmann, Leiter Bundeshausredaktion, über die Entscheidung des Ständerates, eine Frauenquote in der Landesregierung einzuführen.
Der Ständerat zeigte sich zu einem Zugeständnis an die Frauen bereit. Er lässt eine Ergänzung der Bundesverfassung prüfen, die bei Wahlen von Bundesrat und Bundesgerichten eine angemessene Vertretung der Geschlechter vorschreibt.
Hat ein Umdenken stattgefunden im männerdominierten Stöckli? Dieselbe Kammer hatte erst vor zwei Wochen viele Frauen verärgert, als sie Massnahmen gegen die Lohngleichheit auf die lange Bank schob. Es handelt sich jedoch um zwei sehr unterschiedliche Fragen. Bei der Lohngleichheit bestand die Gefahr der Symbolpolitik auf dem Buckel der Wirtschaft. Mit einem Verfassungszusatz über die Geschlechtervertretung hingegen würde der Bund für seine eigenen Institutionen ein Ziel verankern.
Die Frauen sind auch 47 Jahre nach Einführung ihres Wahlrechts in den politischen Behörden markant untervertreten. Für den Zusammenhalt des Landes und die Akzeptanz der Politik ist aber ihre angemessene Beteiligung ähnlich wichtig wie jene der Sprachregionen und Landesteile.
Der geplante Verfassungszusatz würde das Problem nicht von heute auf morgen lösen. Aber er wäre auch nicht ohne Wirkung: Eine Partei könnte zum Beispiel ein reines Männerticket für Bundesratswahlen kaum mehr rechtfertigen. Und die Bestimmung wäre ein starkes Signal an die Frauen, dass sie in der Politik erwünscht sind. Sie bilden die Hälfte des Stimmvolks, halten aber nur einen Drittel der Nationalratssitze – weil sie auch nur einen Drittel der Kandidierenden stellen. Frauen müssen sich engagieren, Frauen müssen Frauen wählen. Dann wird das Ziel der Gleichheit auch Wirklichkeit.
Fabian Fellmann
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