Keine Gentechnik, Schutz der Tiere oder «gerechte» Preise: Die Agrar-Initiativen im Vergleich

Am 23. September kommen die «Initiative Fair Food», lanciert von den Grünen, und die «Initiative für Ernährungssouveränität» einer Allianz um die Westschweizer Bauerngewerkschaft Uniterre zur Abstimmung. Die beiden Volksbegehren verfolgen inhaltlich vergleichbare Ziele, unterscheiden sich aber doch deutlich – nicht zuletzt in den Konsequenzen, die ein Ja an der Urne nach sich zögen.

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Geltendes Recht

  • Die Bauern dürfen nur so viel düngen, wie der Boden aufnehmen kann.
  • Der Bund legt fest, welche Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen
  • Im Umkreis von Gewässern und Naturschutzgebieten gibt es Nutzungseinschränkungen.
  • Lebensmittel, die nachhaltig produziert werden, können mit einem Label versehen werden (z.B. Bio).
  • Für bestimmte ökologische Leistungen gibt es Direktzahlungen.

Fair-Food-Initiative

Die Schweizer Landwirtschaft soll ökologischer werden. Als Richtschnur sehen die Initianten die Umweltziele Landwirtschaft, die heute verfehlt werden. Demnach müssten die Bauern Pestizide zurückhaltender einsetzen, den Tierbestand reduzieren und weniger Schadstoffe austragen. Die genaue Umsetzung obläge dem Parlament.

Initiative für Ernährungssouveränität

Ähnlich wie Fair-Food-Initiative: Die Schweizer Landwirtschaft soll umweltgerechter und regionaler werden.


Geltendes Recht

Keine speziellen Vorschriften auf Bundesebene. Einige ­Kantone kennen Normalarbeitsverträge mit Mindestlöhnen für landwirtschaftliche Angestellte.

Fair-Food-Initiative

Keine spezifischen Forderungen.

Initiative für Ernährungssouveränität

Der Bund soll den Bauernstand fördern, damit künftig wieder mehr Leute in der Landwirtschaft tätig sind als heute. Die Arbeitsbedingungen der Angestellten sind zu verbessern und schweizweit einheitlich zu regeln.


Geltendes Recht

  • Die Landwirte sollen sich möglichst gut auf die Bedürfnisse der Konsumenten ausrichten.
  • Mengen- und Preisgarantieren wurden in jüngerer Vergangenheit abgeschafft. Stattdessen erhalten die Bauern Direktzahlungen, die gemeinnützige Leistungen abgelten.
  • Der Bund stützt die Preise nur bei «ausserordentlichen Entwicklungen».

Fair-Food-Initiative

Kein Thema.

Initiative für Ernährungssouveränität

Die Initianten stören sich an der Orientierung am Markt im Inland und am Agrarfreihandel. Nach ihren Ideen soll der Bund die Produktionsmenge wieder steuern und für «gerechte» Preise sorgen. Wie das im Detail bewerkstelligt würde, entschiede das Parlament.


Geltendes Recht

Auf 182 Seiten wird in der Tierschutz­verordnung festgehalten, wie mit Tieren umzugehen ist. Ein wichtiger Punkt ist die Regelung minimaler Platzverhält­nisse. Die Vorschriften sind breitflächig und gehen tief ins Detail. Beispiel: ­«In neu eingerichteten Ställen müssen bei Hitze für Schweine ab 25 kg in Gruppenhaltung Abkühlungs­möglichkeiten zur Verfügung stehen.»

Fair-Food-Initiative

Der Bund erhält den Auftrag, das Angebot an Lebensmitteln zu stärken, die mit tierfreundlichen Methoden produziert werden. Sowohl die Anfor­derungen sollen erhöht werden als auch der Anteil tiergerechter Lebensmittel.

Initiative für Ernährungssouveränität

Keine direkte Erwähnung des Tierwohls.


Geltendes Recht

In der Schweiz gilt bis 2021 das Gentech-Moratorium. Demnach ist es den Bauern verboten, gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen.

Fair-Food-Initiative

Kein Thema.

Initiative für Ernährungssouveränität

Der Einsatz gentechnischer Organismen soll unbefristet verboten werden. Dies gälte auch für neue Technologien wie CRISPR, die einzelne DNA-Bausteine gezielt verändert.


Geltendes Recht

Der Bund sensibilisiert die Öffentlichkeit und unterstützt freiwillige Bestrebungen zur Schonung der Ressourcen.

Fair-Food-Initiative

Die Initiative fordert «konkrete Massnahmen», um die ­Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Gefordert sehen die Initianten insbesondere die Lebensmittel­industrie.

Initiative für Ernährungssouveränität

Kein Thema.


Geltendes Recht

  • Gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel können in die Schweiz eingeführt und verkauft werden.
  • Importverbote und abgestufte Einfuhrzölle zum Schutz des Tierwohls und der Umwelt wären rechtlich möglich. Der Bund wendet sie aber nicht an, um nicht gegen Handelsverträge zu verstossen.
  • Für drei in der Schweiz verbotene Produktionsmethoden gilt eine Deklarationspflicht: für Eier aus Käfighaltung; für Fleisch von Hauskaninchen und für Fleisch, das mit Leistungsförderern produziert wurde.

Fair-Food-Initiative

Landwirtschaftliche Produkte, die in der Schweiz eingeführt werden, sollen grundsätzlich den inländischen Standards entsprechen. Wie weit diese Angleichung gehen soll und ob minderwertige Produkte aus dem Ausland mittels Importverboten oder abgestuften Zöllen aus der Schweiz ferngehalten werden sollen, ist umstritten. Bei der Lancierung sprachen die Initianten von Schweizer Standards auch für importierte Lebensmittel. Jetzt, im Abstimmungskampf relativieren sie das Ausmass der Angleichung, da sie bestehende Handelsabkommen nicht gefährden wollen.

Initiative für Ernährungssouveränität

Ähnlich wie Fair-Food-Initiative. Der Bund soll mit Zöllen und Einfuhrverboten sicherstellen, dass keine minderwertigen Produkte in die Schweiz gelangen. Die Initianten sind dabei auch bereit, gegen internationale Handelsabkommen zu verstossen. Ihre Initiative richtet sich gegen den Agrarfreihandel.