In seinem Wochenkommentar schreibt der «Schweiz am Wochenende»-Chefredaktor über die Folgen der Postauto-Affäre und der Lohn-Exzesse bei den Bundesbetrieben – und warnt vor einer Rück-Verstaatlichung.
Gleich zwei Meldungen zu den Bundesbetrieben liessen diese Woche aufhorchen:
Das Parlament mischt sich also direkt in die Bundesbetriebe ein, die ja eigentlich selbstständige Aktiengesellschaften sind. Diese Interventionen sind Ausdruck eines Paradigmenwechsels. Auch bürgerliche Parlamentarier greifen hemmungslos in die unternehmerischen Geschicke von Post und SBB ein.
Dabei waren sie es, welche die staatlichen Leinen vor rund 20 Jahren lockerten: 1998 wurde die PTT in Post und Swisscom aufgespalten und «entstaatlicht», ein Jahr später folgte die Umwandlung der SBB in eine Aktiengesellschaft. Fortan sollten Verwaltungsräte und nicht mehr die Politik für diese Betriebe verantwortlich sein. Dadurch änderte sich vieles, auch die Lohnpolitik: Im Nu verdoppelten sich die Gehälter der obersten Angestellten, die sich nun stolz «Manager» nannten.
Zeitungsredaktionen wurden von den PR-Abteilungen angehalten, Berichte doch, bitte schön, im Wirtschafts- und nicht mehr im Inlandteil zu platzieren. Man war jetzt ein Unternehmen, keine Bundesanstalt mehr. Bisweilen vergassen die Manager geflissentlich, dass es noch immer der Bund war, der die Mehrheit (Swisscom) oder gar alle Aktien (SBB, Post) hielt.
Verglichen mit der damaligen Aufbruchstimmung – es galt zu liberalisieren und zu deregulieren –, findet heute eine schleichende Rück-Verstaatlichung statt. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:
Gegen einen Lohndeckel und eine verbesserte Aufsicht ist nichts einzuwenden. Es wäre jedoch falsch, in der aktuellen Stimmungslage die Bundesbetriebe generell wieder enger an die Kandare zu nehmen, wie vor allem von links gefordert wird. Denn die Liberalisierung ist im Grossen und Ganzen ein Erfolg: Die einst tiefroten SBB sind gesund, Post und Swisscom liefern satte Gewinnanteile in die Bundeskasse ab. Und sie alle haben sich modernisiert. Das Rad zurückzudrehen wäre fatal.
Was es jetzt braucht, ist eine Klärung der Frage, welche Rolle der Bund bei seinen Betrieben einnimmt. Er ist gleichzeitig Eigentümer, Regulator, Aufsichtsbehörde, Auftragsgeber und Dividenenempfänger. Das führt zu Ziel- und Interessenkonflikten. Diese können, wie die Postauto-Affäre zeigt, Fehlverhalten begünstigen. Das muss Folgen haben.