Mit der Forderung nach einer Legalisierung harter Drogen wollen die Jungsozialisten den Wahlkampf aufmischen. In der Mutterpartei stösst das nicht auf eitel Freude.
Ganz egal, ob Cannabis, Kokain oder Amphetamin: Süchtige sollen ihren Stoff dereinst in der Apotheke kaufen können. Eine solche «kontrollierte Legalisierung aller Drogen» beantragt die Geschäftsleitung der Jungsozialisten (Juso) den Delegierten, die sich kommenden Samstag in Liestal versammeln. Der Zeitpunkt sei bewusst gewählt, wie Juso-Präsident Fabian Molina betont: «Wir wollen, dass sich die Bürgerlichen noch vor den Wahlen der für sie unangenehmen Debatte stellen und Farbe bekennen müssen.»
Die Schweizer Drogenpolitik mit ihren vier Säulen Prävention, Therapie, Repression und Schadensminderung habe zwar Erfreuliches bewirkt, heisst es in dem Papier der Juso-Geschäftsleitung. So seien der Konsum harter Drogen und die Zahl der Neueinsteiger zurückgegangen. Doch noch immer würden fast zwei Drittel der verfügbaren Mittel in die Repression gesteckt. Diese sei aber, wie die weltweit steigenden Zahlen von Anbau und Konsum von Rauschgift zeigten, ein Misserfolg. Um den Schwarzmarkt zu unterbinden, bleibe langfristig nur die Möglichkeit, sämtliche Drogen zu legalisieren. Bei Cannabis müsse man dies sofort und komplett tun, bei den restlichen Drogen in einem ersten Schritt den Konsum entkriminalisieren. Weiter fordert die Jungpartei ein staatliches Monopol auf dem Drogenhandel, ein Werbeverbot für alle Drogen einschliesslich Alkohol und Tabak sowie ein Mindestalter von 16 Jahren für den legalen Drogenkonsum.
Bei den Fachleuten rennen die Juso offene Türen ein. Etwa bei Ruth Dreifuss, die mit mehreren ehemaligen Staats- und Regierungschef sowie dem früheren UNO-Generalsekretär Kofi Annan eine «Globale Drogenkommission» gegründet hat, welche eine ähnliche Stossrichtung verfolgt. Die ehemalige Gesundheitsministerin sagt: «Wie bei Alkohol und Tabak braucht es bei allen Drogen klare Regelungen, die bestimmen, wo und wie sie konsumiert und in welcher Zusammensetzung und Konzentration sie produziert und zugänglich gemacht werden können.» Ein geregelter Umgang mit allen Substanzen sei besser als Verbote aus Prinzip, pflichtet Toni Berthel bei, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen. Allerdings müssten die Regeln der Gefährlichkeit der jeweiligen Substanz angepasst sein: «Aus Cannabis soll nicht dereinst ‹Marlboro grün› werden.»
Weniger begeistert zeigt sich die Politik. Zwar liebäugelt inzwischen die Junge SVP des Kantons Zürich mit der Forderung nach einer Legalisierung von Cannabis. Zwar gibt es auch im nationalen Parlament einzelne Bürgerliche, die sich für eine regulierte Freigabe leichter Drogen erwärmen können, wie der Basler FDP-Nationalrat Daniel Stolz. Doch bei Kokain, «Crystal Meth» & Co hört für die meisten der Spass auf: «Harte Drogen sind gefährlicher und machen schneller süchtig, das kann man nicht reguliert freigeben», gibt der ehemalige Chemielaborant Stolz zu bedenken. Ähnlich argumentiert der Zürcher FDP-Ständerat und Präventivmediziner Felix Gutzwiller, der jahrzehntelang dafür gekämpft hat, dass Cannabiskonsum gleich behandelt wird wie jener von Alkohol und Tabak.
Links der Mitte herrscht ebenfalls nicht eitel Legalisierungsfreude, sobald es um harte Drogen geht. Überaus skeptisch sind einerseits die welschen Sozialdemokraten, die in der Drogenpolitik seit jeher stärker auf Repression setzen. Aber nicht nur. So ist beispielsweise der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer nur für eine Legalisierung weicher Drogen, nicht aber der harten, denn: «Vor allem im psychischen Bereich sind viele harte Drogen äusserst gefährlich.»
Voll hinter den Juso-Forderungen steht hingegen SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin. Der Schwyzer Nationalrat findet die Drogenprohibition «absolut nutzlos». Sämtliche Verbote könnten nicht verhindern, dass sich mit Drogen versorgen könne, wer dies wolle.
Ob sich diese Einsicht in der Politik durchsetzt, ist nach Tschümperlin eine Frage der Zeit – und des Alters. Sollte das Parlament in den Wahlen deutlich verjüngt werden, dann hätten auch die Juso-Forderungen eine Chance: «Dann rutscht eine Generation nach, die solche Fragen etwas unverkrampfter angeht.»
Eva Novak