Gemäss Sicherheitsexperte Kurt R. Spillmann ist auch die Schweiz verwundbar - als Teil des westlichen, offenen Systems. Allerdings stehe sie nicht ganz oben auf der Liste der Terroristen. Dennoch rät er, Sicherheitskooperationen sowie insbesondere elektronische Überwachungen zu verstärken.
Wie der emeritierte Professor für Sicherheitspolitik und Konfliktforschung an der ETH Zürich am Samstag der Nachrichtenagentur sda sagte, ist es ganz wichtig «technisch auf der Höhe zu sein, um sicherheitsrelevante Informationen rechtzeitig ausfiltern und an die richtigen Stellen weiterleiten zu können».
Spillmann hält es für sehr wahrscheinlich, dass in Frankreich «irgendwo ein Informationsfragment» vorhanden war, das Hinweise auf die Anschläge enthielt. Im Wust der Datenflut sei es dann wohl untergegangen. Fachleute sprechen in diesem Fall vom Pearl-Harbor-Effekt.
Diese Meinung teilt der Genfer Terrorismus-Experte Jean-Paul Rouiller. Zwischen dem Moment, in dem man Informationen erhalte, und dem Moment, in dem man einen Angriff stoppen könne, liege «noch Arbeit», sagte Rouiller in Radio-Interviews mit den Sendern RTS und Rhône FM.
«Man kann nicht alles voraussehen.» Das sei die Lektion aus den Anschlägen vom Freitag, sagte Rouiller weiter. In den vergangen fünf Jahren hätten die Terroristen gelernt, sich zu schützen und vorsichtig zu kommunizieren.
Zu der Forderung nach mehr elektronischer Überwachung sagte Rouiller, dass die von Frankreich ergriffenen Massnahmen der aktuellen Lage angemessen seien. Dennoch zeigte er sich überzeugt, dass der islamistische Terror in Europa nicht nur ein Sicherheitsproblem darstelle, sondern auch mit echten sozialen Problemen zu tun habe.
Gemäss Spillmann ist die Verstärkung der elektronischen Überwachung «natürlich mit Kosten verbunden». Ausserdem müssten Gesetze verschärft werden. Hier seien Juristen und die Politik gefordert. Spillmann hält es jedoch angesichts der Ereignisse in Paris für angebracht, die Situation zur Überwachung von potentiell gefährlichen Personen zu intensivieren.
Zwar stehe die Schweiz nicht im Fokus der Terroristen. Sie habe sich im Kampf gegen den Dschihad und den Islamismus «nie exponiert», sondern gelte eher als Islam freundlich. In Zürich gebe es ja seit über 50 Jahren eine Moschee. Dennoch sei sie als Teil der westlichen Welt «ebenfalls verwundbar».
Wie Spillmann gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet sagte, ist die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak immens wichtig. «Solange der IS ein Territorium hat, so lange gescheiterte Staaten, zu denen nun auch Libyen zählt, als Operationsbasis dienen können, sind die Terroristen im Vorteil, weil sie eine Rückzugsmöglichkeit haben. Diese muss ihnen genommen werden.
sda