Solothurn
«Das Zusammennähen war die Geburt»: Auf dem Kreuzackerplatz hängt nun ein Riesenteppich für das Frauenstimmrecht

Solothurnerinnen und Solothurner haben gemeinsam 3500 Teppichlappen gelismet. Das Ergebnis ist am Sonntag in der Stadt aufgehängt und eingeweiht worden.

Sophie Deck
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Der Frauen-Teppich wurde mit Trommeln eingeweiht.

Der Frauen-Teppich wurde mit Trommeln eingeweiht.

Michel Lüthi

Ein Teppich für das Frauenstimmrecht: Das ist die farbige Wollwand, die seit Freitag auf dem Kreuzackerplätz hängt. Der Riesenteppich ist das Ergebnis eines Projekts, das vier Frauen aus Gerlafingen Anfang Jahr gestartet haben.

Monika Liebi, Özlem Kellenberger-Yüksel, Brigitte Schnyder und Chantal Oberson haben Solothurnerinnen und Solothurner dazu aufgerufen, Wolllappen zu lismen, um diese dann zu einem Teppich zusammenzunähen – 1971 Lappen mussten es sein, sodass die Zahl das Jahr der Einführung des Frauenstimmrechts auf nationaler Ebene widerspiegelt.

Der Teppich strahlt eine grosse Kraft aus

Und es hat geklappt: Am Freitag durften die Initiantinnen den fertigen Teppich auf dem Kreuzackerplatz in Solothurn aufhängen und ihn dann am Sonntag Mittag bei einer kleinen Feier einweihen. Tatsächlich besteht der Teppich aus genau 1971 Lappen – jedoch bekamen die Initiantinnen fast doppelt so viele zugeschickt, nämlich rund 3500 Lappen.

Die übrigen Stück vernähten sie zu 11 Decken - mit Absicht die Solothurnerzahl - und übergaben diese am Ende der Feier dem Frauenhaus Solothurn.

«Wir möchten die Kraft und die Geborgenheit, die der Teppich ausstrahlt, auch dem Frauenhaus schenken»

, sagt Hauptinitiantin Monika Liebi. Sie hat die Idee nach Solothurn gebracht und das Team zusammengestellt. Von den Mitinitiantinnen wird sie deshalb auch als «Mami» des Teppichs bezeichnet. Und sie selbst sagt:

«Dieses Ausharren beim Warten auf die Teppichlappen war wie eine Schwangerschaft. Und das Zusammennähen dann die Geburt.»

Sie wären ab und zu nicht sicher gewesen, ob sie wirklich genug Teppichlappen zusammenbekommen würden, erzählt die Initiantin weiter, doch kurz vor der Deadline seien dann noch sehr viele eingetroffen. Eine Frau lismete allein ganze 125 Teppichlappen.

Und als sie den Teppich dann in der Aula in Gerlafingen zusammengenäht und -gehäkelt hatten, konnten sie erst einmal ausruhen «und der Teppich auch», so Liebi.

Der Teppich besteht insgesamt aus 1971 glismeten Lappen.
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An der Einweihung wurden einige Ansprachen gehalten.
Das Trommelspiel ist Teil eines schamanischen Rituals.
Im ganzen haben die Initiantinnen 3500 Lappen zugeschickt bekommen.
Der Teppich wird nun bis Ende August auf dem Kreuzackerplatz zu sehen sein.

Der Teppich besteht insgesamt aus 1971 glismeten Lappen.

Michel Lüthi

Nun, in der Stadt aufgehängt, strahle der Teppich eine grosse Kraft aus. Zu Anfang und zum Schluss der Feier haben Liebi, Kellenberger-Yüksel und eine Gruppe ihrer Freundinnen um den Teppich herum getrommelt. Dies sei Teil eines schamanischen Rituals, das dem Teppich Kraft schenke.

Liebi und Kellenberger-Yüksel hatten sich beide schon vor dem Teppichprojekt mit Schamanismus beschäftigt, dies aber voneinander zunächst nicht gewusst. «Es war ein schöner Zufall, dass wir uns da so gefunden haben», sagt Liebi. So haben sie auch schon nach dem Zusammennähen den Teppich betrommelt.

Etwas Geschichte und ein Dankeschön

Neben dem Trommeln gab es bei der Feier auch noch eine Geschichtsstunde: Chantal Oberson, die als Geschichtslehrerin arbeitet, rollte die Geschichte des Frauenstimmrechts in der Schweiz auf.

Diese endete damit, dass am 6. Juni 1971 das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene eingeführt wurde. Deshalb wurde das Datum für die Einweihung so gewählt.

Dann hielten Regierungsrätin Susanne Schaffner und Nationalrätin Franziska Roth, die das Projekt beide unterstützten, noch jeweils eine kurze Rede. Und am Ende bedankte sich Monika Liebi bei allen, die mitgewirkt haben, unter anderem mit den Worten «Es isch so der Hammer gsii».

Der Teppich wird nun bis Ende August auf dem Kreuzackerplatz hängen und dort zu betrachten sein. Und neben einem Kraftspender, so Liebi, soll er auch ein Andenken sein - an all die Frauen, die für das Frauenstimmrecht gekämpft haben.