Hohe Renditen stehen nicht im Zentrum bei Shelterplast. Das als Verein organisierte Start-up will helfen, den Menschen in Kenia den Umgang mit Plastikabfällen beizubringen, Häuser zu bauen. Dafür wurde das Start-up von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und der Standortförderung Aargau ausgezeichnet.
Hohe Renditen, schnelles Wachstum, Skalierbarkeit – solche Dinge bringt man in der Regel mit prämierten Start-ups in Verbindung. Doch die Zeiten haben sich geändert, der Fokus geht auch bei der Auszeichnung von Start-ups immer öfter auf anderes. Umwelt, zum Beispiel. Nachhaltigkeit auch. Oder soziale Aspekte. So beispielsweise bei Shelterplast, dem Gewinner der Swiss Startup Challenge. Da ist so ziemlich alles anders.
Die Idee der vier Gründerinnen und Gründer aus Olten ist bestechend einfach: Sie wollen in Kenia aus Plastikabfällen Häuser bauen und damit gleich mehrere Probleme auf einmal angehen. Zum einen soll das Umweltbewusstsein geschult und auf die Problematik mit Plastik aufmerksam gemacht werden mit Workshops vor Ort. Es geht um Wissenstransfer mit einer einfachen Botschaft: Sammelt die Abfälle, anstatt sie einfach auf Müllhalden zu deponieren oder im Garten zu verbrennen und die Umwelt zu verschmutzen.
Dann sollen die gesammelten Abfälle rezykliert und modulartig zu Häusern zusammengebaut werden können. Denn gerade in den ländlichen Gebieten leben viele Kenianerinnen und Kenianer noch immer oft in witterungsanfälligen Lehmhütten. «Man muss diese Hütten immer wieder flicken. Der Komfort ist sehr gering. Deshalb haben wir uns gefragt, ob wir da nicht helfen könnten», sagt Laura Knecht, Co-Gründerin von Shelterplast. So entstand die Idee der Plastikhäuser.
Am Anfang jedoch war das Reisen. Gemeinsam mit ihrem Freund und Mitgründer, Stephan Baschung, war sie 2019 in Kenia. Zu Besuch bei Stephans Vater Benedikt und dessen Partnerin Zuena Baschung-Fondo. Die beiden besitzen ein Haus in Msumarini, ganz in der Nähe von dort, wo ein Grossteil von Zuenas Familie lebt und bald auch schon das erste Plastikhaus von Shelterplast stehen soll. Plastik war früher kaum zu sehen in der ländlichen Gegend. Mittlerweile ist er omnipräsent. «Mich hat beeindruckt, dass Stephans Vater immer allen Plastik sammelt und dann im fast leeren Koffer mit nach Hause nimmt», erzählt Laura Knecht. Weil in Kenia nicht rezykliert wird und Plastik zur Seuche wurde.
Die Idee, daraus Plastikhäuser zu bauen, entstand später, auf einer weiteren Reise auf Teneriffa während einer langen Autofahrt. Anfang 2021 gründeten sie dann den Verein Shelterplast. Auch diese Rechtsform ist doch eher ungewöhnlich für ein Start-up. Knecht sagt:
«Für uns war immer klar, dass wir eine Non-Profit-Organisation sind und bleiben.»
Da ist die Gründung eines Vereins naheliegend. Es braucht dazu kein Startkapital von mehreren zehntausend Franken. Man muss nicht erst Investoren suchen, die eine Rendite wollen.
Es ist ein Herzens- und zugleich ein Familienprojekt. Gegründet haben sie zu viert. Laura, ihr Freund Stephan sowie dessen Vater und Stiefmutter. Für den Bau der Häuser haben sie in Deutschland einen Partner gefunden. Smart Wood Solution ist das Projekt eines Plastikingenieurs mit einer ähnlichen Nähe zu Kenia. «Wir sind sehr eng mit ihm verbunden und hängen gleichzeitig voneinander ab», sagt Knecht. So haben sie geplant, die Produktion des Plastik-Holzes in Kenia aufzubauen, damit alles vor Ort geschieht und auch die Wertschöpfung im Land bleibt.
Der Aufbau des Standorts braucht wiederum Kapital. Deshalb sei man nun auch schon vermehrt zusammen aufgetreten, um das Thema Sustainable Housing breiter zu streuen und Gelder generieren zu können. Knecht sagt; «Der Weg ist lang. Bis Ende Jahr sollten die Pläne für die Formen unserer Spritzgusselemente fertig sein. Es wird weitere drei Monate dauern, bis wir dann wirklich auch Smart-Wood-Elemente (bestehend aus Plastikabfall und landwirtschaftlichen Abfällen) giessen können. Dafür haben wir mit einem Crowdfunding über 40'000 Franken sichern können.»
Erst dann kann man den Prototypen bauen. Wohl zuerst in der Schweiz. Denn: «Der Prototyp ist zentral. Wir müssen alles prüfen, Statik, Brandschutz und und und», sagt Knecht. Man sei ein Schweizer Verein und ein deutsches Unternehmen mit Ableger in Kenia, da wird nach europäischen Standards gearbeitet. Kommt hinzu, dass schon möglichst bald Familien diese rund 900 Kilogramm schweren und auf Betonsockeln verankerten Häuser bewohnen sollen. Ohne Angst, dass etwas passiert.
«Sie haben in sehr kurzer Zeit schon sehr viel erreicht», sagt Florian Gautschi von der Aargauer Standortförderung und Jurymitglied. Das Crowdfunding, die Verbindung zu Kenia, die schon bestehenden Workshops, das interdisziplinäre Team – all das hat überzeugt. Sie setzten sich gegen rund 100 andere Bewerber durch, die sich aus verschiedenen Programmen der FHNW rekrutierten. Auf den in Brugg prämierten Plätzen folgten McomTech (2. Platz; App, die den B2B-E-Commerce vereinfachen soll), Don Goyo (3. Platz; Vitamincocktails), Noonli (4. Platz; App, die Menschen mit künstlicher Intelligenz bei der Rezeptsuche hilft) und Tropfbox (5. Platz; Plattform zum Thema Menstruation).