Klub der jungen Geschichten
Das Sonnenblumenhaus

Smila Graf, Kriens, 3. Sek

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Ich stieg in den Keller. Dort schien ein Licht aus dem Schrank, den seit Ewigkeiten niemand mehr geöffnet hatte. Als ich mich näherte, bemerkte ich den Sonnenstrahl, der sich an etwas Metallenem im Schrank spiegelte. Ich musste die Hände vor die Augen halten, als es blendete.

Ich öffnete den Schrank ganz und hob die schwere Box aus der Nische. Ich blies den Staub von der metallenen Oberfläche und ich musste niesen, als der Sturm aus Staubpartikeln in der Sonne glänzte. Die Scharniere ächzten, als ich den Deckel anhob. Ich hielt inne, als ich bemerkte, was sich darin befand.

Ich begutachtete die weisspinke Dose, die Farbe war eingetrocknet und Staub hatte sich über die Oberfläche gelegt. Die Erinnerungen kamen zurück, wie ich damals mit Mama mein Kinderzimmer komplett pink angemalt hatte. Diese Farbe hat es heute noch. Ich stand auf der Leiter und meine Mutter hielt sie unten fest. Als sie einen Schritt nach hinten machte, landete ihr Fuss im Topf voller Farbe. Sie fluchte, so lernte ich mein erstes Fluchwort, welches ich später am Abend lauthals am Tisch verkündete.

Nun untersuchte ich die weiteren Gegenstände, die in der Box enthalten waren. Ich fand ein Gläschen voller Sand, welches mit einem Korken und Wachs versiegelt war. Der Sand glänzte in der Nachmittagssonne, als ich probierte, das rot leuchtende Wachs zu lösen. Den Sand darin sammelte ich ein, während ich im alten und morschen Sandkasten spielte. Papa rief mich zum Essen, ich stand auf und tapste über das leicht nasse Gras. Ich lief schnurstracks zum Esstisch und setzte mich. Was ich nicht bemerkt hatte, war, dass sich eine Sandspur durch das ganze Haus zog. Als Papa sie bemerkte, wollte er sie schnell aufwischen. In der Zeit verbrannte nur leider das Essen und im ganzen Haus roch es nach Rauch. Ich lachte damals wie verrückt, als Papa sich aufregte.

In der Box lag ein Brief. Ich fragte mich, was wohl darin stehen mag. Er war alt und leicht vergilbt, vorsichtig öffnete ich ihn. Darin befand sich der Liebesbrief, den ich an meine erste grosse Liebe geschrieben hatte. Das Papier war zerknittert und die Tinte verschmiert. Ich erinnerte mich noch, als ob es gestern war. Wie ich glücklich auf meinem Bett sass. Ich dachte wir würden heiraten und irgendwann hier im Haus eine Familie gründen.

Mein Blick fiel auf den Türknauf, welcher in der Box lag. Ich hatte ihn damals aus Versehen von der Haustür gerissen, weil ich meinen Rucksack daran aufgehängt hatte. Ich begutachtete den Knauf von allen Seiten, denn er strahlte regelrecht in der Sonne. Die Einkerbungen im Metall zeigten eine Sonnenblume. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus.

Die laut dröhnende Türklingel riss mich aus meinen Gedanken. Ich stand auf und machte mich bereit zu gehen. Das Haus wurde einfach verkauft nach dem Tod meiner Eltern und die neuen Käufer standen schon vor der Tür.

Als ich die Treppe hinauflief, hatte ich Tränen in den Augen.
Nun lasse ich endgültig alle Erinnerungen hinter mir.