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Klub der jungen Geschichten
Katarina Arkley, Walchwil, 1. Oberstufe
Ich stieg in den Keller. Dort schien ein Licht aus dem Schrank, den seit Ewigkeiten niemand mehr geöffnet hatte. Wieder einmal holte mich meine Angst ein und ich fing laut an zu schreien. Wie gewohnt hielt ich mein Handy in der Hand. Nun kam mein Bruder und nahm mir mein Handy sofort weg. «Was soll das?», fragte mich Giacomo, mein Bruder. «Ich habe Angst!», antwortete ich. Das Licht aus dem Schrank löste wieder einmal unglaublich Angst in mir aus. Diese Angst kam aber vermutlich nicht vom Keller, von der Dunkelheit, oder vom Licht aus dem Schrank. Mein Bruder Giacomo hielt mein Handy und sagte: «Du musst lernen, wie du mit deinem Handy, den sozialen Medien und dem Internet umgehst. Es stresst dich nur und deine Angst kann dein Handy nicht beseitigen.»
Wahrscheinlich hat Giacomo recht, jedoch möchte ich nicht auf mein Handy verzichten. Ich bin Isabella, vierzehn Jahre alt: Meine Mitmenschen bezeichnen mich - trotz meinen eigenen Zweifeln - als gute Schülerin und talentierte Balletttänzerin. Meine braunen, lockigen Haare habe ich von meiner Mutter geerbt. Meine Kolleginnen mögen mich aber vor allem, da ich stets motiviert und hilfsbereit bin. Zu meinem 14. Geburtstag habe ich von meinen Eltern ein neues Handy bekommen. Sie wollten mir das Handy hauptsächlich geben, damit ich ihnen jederzeit schreiben kann. Ich beschloss, mich auf verschiedenen Applikationen zu registrieren, um Inspiration von anderen, gleichaltrigen Mädchen zu sammeln. Da traf ich auf grossartige Profile und schaute mir die Instagram-Stories von Teenager-Stars an. Ich dachte, sie inspirieren mich.
Dass bei mir Ängste aufkamen, merkte ich zu Beginn überhaupt nicht. Die Menschen in den sozialen Medien machten auf mich einen perfekten Eindruck, während ich immer mehr anfing, an mir selbst zu zweifeln. Bei mir lief es eine gewisse Zeit lang alles andere als rund. In der Schule teilte mir mein Lehrer mit, dass ich eine ungenügende Note geschrieben habe. Das Balletttraining hat mir immer geholfen, mich vom Alltag abzulenken und mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Als ich bei einer Hauptaufführung einen Sturz hatte und von meiner Ballettlehrerin nur wütende Blicke bekam, wollte ich mich nur noch zu Hause im Zimmer einbunkern und mit niemandem mehr reden. Schnell fühlte ich mich allein und tauchte in die Welt der sozialen Medien ein. Bei einer Influencerin habe ich eine wunderschöne Handtasche gesehen, die ich unbedingt kaufen wollte. Nach einigen Tagen und vielen Stunden in meinem Zimmer, beschloss ich, ins naheliegende Einkaufscenter zu gehen, um mir diese Handtasche zu kaufen. Als ich abends nach Hause kam, stieg ich in den Keller, um meinen Einkauf zu verstecken. Dort schien ein Licht aus dem alten Schrank und ich erschrak. Ich hatte grosse Sorgen, weil ich mir eigentlich nicht solche teuren Sachen leisten konnte. Wie gewöhnlich habe ich alles viel zu stark überdenkt.
Als mein Bruder in den Keller kam und mir das Handy aus der Hand riss, fing ich an zu zittern. Giacomo hatte schon immer eine strenge Art und Weise, wie er mit mir umgeht. Aber nun wusste ich auch weshalb. Er sagte mir: «Weisst du, du warst in letzter Zeit in einer ganz anderen Welt. In deiner Welt hatten alle anderen ein paradiesisches Leben, nur du nicht.» Ich war sprachlos. Er fügte noch hinzu: «Wir alle haben Sorgen, Ängste, Zweifel, das ist ganz normal. Wir alle haben Höhen und Tiefen im Leben. Wir alle haben Erfolge und müssen mit Niederlagen umgehen. Das ist Teil von unserem Leben. Wir haben so eine schöne Welt. Lass dich niemals von Profilen auf den sozialen Medien ablenken, diese entsprechen nicht der Realität. Verlier das Schöne im Leben nie aus deinen Augen. Statt auf dein Handy, schau lieber am Abend in den Sternenhimmel. Lenke dich mit Büchern ab. Schreib Geschichten. Komm in eine Welt zurück, in der du wieder die Realität siehst und glücklich bist.»
Diese Angst kam also nicht vom Keller, von der Dunkelheit oder vom Licht aus dem Schrank, Nein. Sie kam davon, dass ich den Bezug zur Realität verloren habe und süchtig nach sozialen Medien war.