Klub der jungen Geschichten
Die (fast) perfekte Ferienreise

Lena Styger, Brunnen, 5. Primar

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Wir waren absolut sicher, dass nichts schiefgehen kann. Leider zu sicher. Aber nochmals von vorn:

Eigentlich sind wir eine komplett durchgeplante Familie. Vor allem, wenn wir in den Urlaub fahren. So lief es auch in diesem Jahr wie in jedem Jahr: Seit Wochen redeten Mama und Papa nur noch von unserem Urlaub, oder besser gesagt davon, was sie mitnehmen sollten- ‹stöhn›,

Etwa fünf Tage vor der Abfahrt gab Mama mir, wie jedes Mal, eine Liste mit Sachen, die ich mitnehmen musste. Letztes Jahr stand da zum Beispiel: «5 T-Shirts (am besten noch 2 Ersatz)». Wir waren genau fünf Tage in den Ferien. 5 Tage! Ich meine: Wer braucht für 5 Tage sieben T-Shirts?! Und als wir letztes Jahr zurückkamen, jammerte Mama über den Wäscheberg, der sich vor der Waschmaschine türmte. Wenn es nach mir ginge, würde ein T-Shirt völlig ausreichen. Andere Mütter überlegen, was sie in die Ferien mitnehmen. Meine Mutter überlegt, was sie zu Hause lässt…

Auch in diesem Jahr verstellte das Gepäck schon am Tag vor der Abreise die halbe Wohnung. Sogar mein kleiner Bruder Henry hatte alle seine Kuscheltiere schon bereitgelegt. Am Reisetag stand mein Vater in aller Frühe auf, um das Gepäck ins Auto zu laden. Wir hatten extra den grossen Wagen unserer Nachbarn ausgeliehen, damit das ganze Zeug Platz hatte. Papa stopfte jede Ecke aus. In meinem Fussraum war die Tasche mit Schlittschuhen, und neben mir versperrten die Eishockeystöcke meine Sicht, obwohl es mir ein Rätsel ist, wozu man diese am Strand brauchen könnte. Während Papa völlig erschöpft in den Fahrersitz plumpste, ging Mama nochmals die ewig lange Liste durch, um ganz sicher zu sein, dass sie ja nichts vergessen hatte. Ich bestätigte jeden Punkt auf der Liste mit einem gelangweilten «ja, Mama», während ich mich schon mal dem Tablet widmete, das mich von der langen Fahrt ablenken würde.

So konnte es endlich losgehen. Die ganze Zeit jammerte Mama, dass sie sicher irgendetwas Wichtiges vergessen habe. «Ich spüre das», meinte sie und ging ihre Liste nochmals durch. Kurz vor dem Ziel mussten wir an der Tankstelle einen Stopp einlegen. Ich fragte Henry, ob er auch zur Toilette müsse, erhielt aber keine Antwort. «Typisch Kleinkind – pennt wohl», dachte ich und ging zur Raststätte, während mein Vater tankte und meine Mutter mit ungutem Gefühl zum fünften Mal ihre Liste durchging.

Beim Hotel angekommen, wollten wir meinen Bruder wecken. Fassungslos betrachteten wir den vollgepackten, aber henrylosen Rücksitz und schrien: H E N R Y ! ! !