Ehemaliger FCL-Trainer Markus Babbel: «Ich agierte unglücklich»

Der Ex-FCL-Trainer Markus Babbel (45) spricht über seinen Abgang in Luzern, Nachfolger Gerardo Seoane, Hauptgeldgeber Bernhard Alpstaeg und seine Zukunft in Sydney.

Interview: Daniel Wyrsch
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Markus Babbel: «Viele Vereine haben ihre Identität verloren.» Bild: Freshfocus (Luzern, 7. August 2016)

Markus Babbel: «Viele Vereine haben ihre Identität verloren.» Bild: Freshfocus (Luzern, 7. August 2016)

Markus Babbel, sind Sie bereits am Kofferpacken, um bald nach Sydney zu ziehen?

Nein, ich bin erst seit Sonntag aus Australien zurück von Gesprächen mit meinem neuen Verein, den Sydney Wanderers. Nun bin ich in der Nähe von Mannheim, wo meine Frau und ich ein Haus haben. Mitte Juni werde ich meine Arbeit in Sydney aufnehmen, vorher fahre ich noch mit meiner ganzen Familie in die Ferien.

Bei den Western Sydney Wanderers haben Sie einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Gratulation, erneut werden Sie in einer schönen Stadt tätig sein.

Da habe ich wieder Glück gehabt, das ist das i-Tüpfelchen. Die Gespräche mit den Verantwortlichen waren sehr gut, die Leute brennen, sie wollen den Klub zur Nummer 1 machen. Ich weiss, das ist ein ambitioniertes Ziel. Mir gefällt es, weil man nicht nur Siebter werden, sondern mitunter den grossen FC Sydney hinter sich lassen will.

Eine neue Herausforderung in einer neuen Liga.

Genau. Deutschland und die Schweiz kenne ich nun sehr gut. In England einen Trainerjob zu bekommen, ist recht schwierig. Australien ist nun etwas ganz Anderes, das auch sportlich reizvoll ist. Ich habe meiner Frau gesagt, dass wir durch diesen Wechsel noch einmal etwas Verrücktes machen können, bevor unsere zweieinhalbjährige Tochter zur Schule muss. Meine anderen Kinder sind schon älter, sie können uns stets besuchen kommen.

Man konnte lesen, dass der FCL-Australier Tomi Juric Ihnen die Sydney Wanderers auch wegen der fanatischen Fans empfohlen haben soll.

Mit Tomi Juric und zuvor Oliver Bozanic unterhielt ich mich in Luzern öfter über den australischen Fussball. Es ist ein schöner Zufall, dass Tomi Juric früher auch für die Sidney Wanderers spielte. Aber angerufen habe ich ihn nicht, wie das die Presse geschrieben hat. Ich konnte mir in Sydney selber ein Bild machen, dass dort ein neues Stadion für 30 000 Zuschauer und ein neues Trainingsgelände entstehen, die im nächsten Jahr fertiggestellt sein werden.

Pflegen Sie noch Kontakte nach Luzern?

Natürlich. Gerardo Seoane habe ich gratuliert zum tollen Endergebnis. Bei mir melden sich immer wieder Leute aus Luzern. Für mich und meine Frau war es eine unglaublich schöne Zeit. Obwohl beim FCL nicht immer alles reibungslos lief, lernten wir viele tolle Menschen kennen.

Mit dem FCL wurden Sie einmal Dritter und zweimal Fünfter, Sie schlossen die Meisterschaft konstant in der oberen Tabellenhälfte ab. Warum ist die Mannschaft in Ihrer vierten Saison nicht mehr auf Touren gekommen?

Nicht nur wir sind in ein Loch geraten, auch Sion und Lugano litten unter der sehr kurzen Sommerpause wegen der Europa League. Wir hatten nur 14 Tage Zeit zum Auftanken, so erwischte uns der Herbst-Blues. Mir war immer klar, dass wir nach einer richtigen Vorbereitung im Winter aus der brenzligen Lage herauskommen würden. Platz 3 ist am Ende sensationell.

Würden Sie Ihren Abgang wieder provozieren, indem Sie den Rücktritt per Saisonende medial ankündigten?

Das war nicht geplant, ist aus den Emotionen heraus passiert. Ich agierte unglücklich, aber das war nicht mehr mein Weg, ich konnte mich nicht mehr damit identifizieren. Doch heisst das nicht, dass Luzerns Weg falsch ist.

FCL-Hauptgeldgeber Bernhard Alpstaeg hat Sie nach der Entlassung scharf kritisiert…

…darüber muss ich nicht mehr sprechen. Alpstaeg hat alles richtig gemacht, mit weniger hat er noch mehr erreicht. Er ist ein grosser Fussballkenner. Ich bezweifle, ob es mit noch weniger Mitteln auch noch gehen würde.

Nur YB, Basel und Thun haben heuer nicht den Trainer entlassen. Was sagt das über den Zustand der Liga?

Es geht nicht nur um die Schweizer Liga. Überall wird Kontinuität gepredigt, aber sobald die Resultate ausbleiben, lassen sich die Klubs vom Druck der Medien und Fans treiben. Viele Vereine haben ihre Identität verloren, wissen gar nicht mehr, für was sie stehen.

Hat Sie der 3. Schlussrang des FCL auch überrascht?

Die Platzierung zeigt auch etwas das Niveau der Liga. Als ich gekommen bin, war’s besser, später gingen viele Spieler ins Ausland. Luzern hat die Chance genutzt und zugeschlagen. Charakterlich ist das eine Toptruppe, im Flow ist sie nur schwer zu stoppen.

Sind Sie enttäuscht, dass die Spieler erst nach Ihrem Abgang alles raus hauten?

Nein, ich habe mich gefreut, dass die Spieler meine Einschätzung bestätigt haben. Es ist etwas Normales passiert. Ein entscheidender Faktor ist die andere Ansprache. Und Gerardo Seoane macht einen hervorragenden Job.