BEHINDERTENSPORT: Hug bewahrt die Ruhe

Nach seinem Sieg über 1500 m gewinnt Marcel Hug (31) aus Nottwil an der WM in London auch über 800 m. Doch die Goldmedaille bleibt ihm nach einem Massensturz verwehrt.

Theres Bühlmann
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Marcel Hug fährt vorne weg. Das Rennen wird später annulliert und am Freitag wiederholt. (Bild: Mark Kerton/Getty (London, 17. Juli 2017))

Marcel Hug fährt vorne weg. Das Rennen wird später annulliert und am Freitag wiederholt. (Bild: Mark Kerton/Getty (London, 17. Juli 2017))

Theres Bühlmann

theres.buehlmann@luzernerzeitung.ch

Es war angerichtet, am Montagabend im Londoner Olympiastadion. Marcel Hug setzte sich in der Qualifikation über 800 m souverän durch und liess im Final keine Zweifel über einen Sieg offen. Dort fuhr er in der Pole-Position auf die Zielgerade ein und überquerte die Ziellinie. Doch etwa 200 m vor dem Ziel kam es zu einem Massensturz, in den vier der acht Athleten involviert waren. «Ich spürte eine Radtouchierung von hinten», sagte Hug «und hörte Geräusche, wie sie durch Stürze verursacht werden.»

Die Briten warfen dem Schweizer vor, zu früh nach innen gezogen zu haben, was sich aber als falsch erwies. Ausgelöst hatte diesen Crash der einheimische Richard Chiassaro, der nach einer Video-Analyse disqualifiziert wurde. Das rief wiederum die Briten auf den Plan, die Protest einlegten, der aber abgelehnt wurde.

Noch fehlt eine Goldene über 800 m

Das Rennen wird nun am Freitag wiederholt, um so den gestürzten Fahrern eine erneute Chance zu bieten, der disqualifizierte Chiassaro wird nicht mehr dabei sein. Gross aus der Bahn wirft diese Neuansetzung Hug aber nicht: «Ich hätte zwar einen rennfreien Tag, aber das ist alles eine Frage der Einstellung.» Er ist aber froh, dass dieses Rennen früher angesetzt wird, terminiert ist 19 Uhr, «denn die bisherigen Finals wurden schon recht spät ausgetragen». Der in Nottwil wohnhafte Thurgauer hält mit 1:31,12 den Weltrekord über 800 m und wurde in Rio 2016 über diese Distanz erstmals Paralympicsieger. An Weltmeisterschaften holte er sich schon drei Silbermedaillen, eine Goldene über die zwei vollen Bahnrunden fehlt noch in seinem reichhaltigen Palmarès.

Erst gilt aber der Fokus dem 400-m-Rennen, dessen Qualifikation heute Mittwoch und der Final am Donnerstag stattfindet. Auch hier sind die Erwartungen an den Profiathleten hoch, denn er befindet sich in bestechender Form. Diese bewies er schon am Sonntag mit seinem Sieg über 1500 m. «Alle Akteure waren etwas nervös gewesen, und es gab viele Positionswechsel. Aber am Schluss ging alles auf, und darüber freue ich mich sehr», blickte Hug auf den Sonntag zurück. Auf jenen Tag, an dem Roger Federer zum achten Mal Wimbledon gewann, und Hug seinen achten WM-Titel holte. Er habe die Tennispartie im Hotelzimmer am Fernseher mitverfolgt. «Toll, wie Federer das macht. Er ist eine grosse Inspiration.»

Hug ist auch voll des Lobes über die Atmosphäre im Londoner Olympiastadion. «Beim 1500-m-Rennen wurden über 30000 Zuschauer gezählt, am Montag etwas weniger. Aber es ist schon toll, vor einer solchen Kulisse zu fahren.»

Keine Medaille für Beat Bösch

Gestern griff auch der Tetraplegiker Beat Bösch (45) aus Nottwil, dessen WM-Vorbereitung wegen eines Infektes nicht optimal verlief, in den Wettkampf ein. Er schaffte in der Morgensession über 400 m in seiner Abteilung als Dritter die Finalqualifikation. Im Endkampf reichte es zu Platz 7.

Manuela Schär (Kriens), die über 1500 (Platz 7) und 400 m (5.) eine Medaille verpasste, qualifizierte sich gestern problemlos über die 800-m-Distanz für den Final. Dies gelang auch Alexandra Helbling aus Nottwil.

WM in London

World Para Athletics. Finals mit Schweizer Beteiligung. 200 m, T13: 1. Smith (IRL) 21,40. 2. Nambala (NAM) 21,81. 3. Michalski (POL) 21,86. Ferner: 7. Handler (SUI) 22,79 (PB). – 400 m, T52: 1. Sato (JAP) 56,78. 2. Martin (USA) 57,31. 3. Ueyonabaru (JPN) 1:02,27. Ferner: 7. Bösch (SUI) 1:04,83.