Unser Reporter Daniel Wyrsch schreibt in der Saison-Analyse, dass sich der FC Luzern Klassefussballer leisten sollte, damit die Zuschauer wieder in Scharen in die Swisspor-Arena pilgern. Denn in der zu Ende gegangenen Saison ist der Besucherschnitt pro Heimspiel erstmals unter die 10'000er-Marke gefallen.
Eine turbulente Saison liegt hinter dem FC Luzern. Die Entlassung von René Weiler am 17. Februar war eine Zäsur. Sie kam zu jenem Zeitpunkt überraschend, zeigte aber, dass sich die Verantwortlichen fundamental in dem rund acht Monate vorher verpflichteten Trainer getäuscht hatten. Der Wunschcoach von Sportchef Remo Meyer erfüllte die Erwartungen nicht.
Dabei war Weilers Verhalten alles andere als überraschend. Er ist sich von seinen Auslandstationen bei Anderlecht und in Nürnberg professionellere Rahmenbedingungen und ein viel höheres Budget gewohnt. Darum durfte es beim FCL keinen wundern, dass Weiler Verstärkungen und eine bessere Infrastruktur forderte.
Hinsichtlich Trainingsrasen waren die Forderungen unrealistisch, aber in Bezug auf die Qualität des Kaders, muss man Weiler recht geben. Sein Nachfolger Thomas Häberli hat mit der aktuellen Mannschaft denn auch seine Hauptaufgabe erfüllt. Der Abstieg wurde klar verhindert, der Fall in die wohl schwierige Barrage gegen den FC Aarau ebenfalls. Die Verlängerung von Häberlis Vertrag um ein Jahr ist die gerechtfertigte Konsequenz.
Mit diesem durchschnittlichen Team ist am Ende nicht mehr als Rang 5 möglich gewesen. Das sieht auch Meyer realistisch:
«Fünfter ist die korrekte Platzierung.»
Die direkte Qualifikation für die Europa League wurde gegenüber dem punktgleichen FC Lugano wegen des Torverhältnisses verpasst. Die Tessiner kassieren nun auf Platz 3 über 3 Millionen Franken Startgeld. Zum vierten Mal seit 2014 scheiterten die Luzerner zudem im Cup-Halbfinal, mit Thun zum zweiten Mal nach 2016 (Lugano) an einem Gegner, der in Reichweite lag.
Das Luzerner Team weist Schwachstellen auf, die es gleichwertigen Konkurrenten möglich macht, den FCL in Big Games zu bezwingen. Um nochmals auf Weiler zurückzukommen: Er hat früh erkannt, dass Luzern keinen sicheren Rückhalt im Tor hat. Häberlis Vorgänger sprach die unangenehmen Dinge aus, sagte, dass er weder mit Mirko Salvi noch mit David Zibung zufrieden sei. Eine Zeit lang entschied er sich für Zibung, im letzten Spiel vor seiner Entlassung stand Salvi im Tor. Nach dem 0:3 gegen Lugano war Weiler beim FCL Geschichte, und Zibung stand wie 2014 nach der Entlassung von Carlos Bernegger wieder im Tor.
Im Hinblick auf die neue Saison bestätigte der Sportchef, angesprochen auf die Goalieposition, dass es der Plan wäre, einen neuen Keeper zu holen. Um auf die weiterlaufenden Verträge mit Zibung und Simon Enzler (zuletzt an Kriens ausgeliehen) und die gezogene Option auf Loïc Jacot (von Xamax übernommen) hinzuweisen. Von einem neuen Goalie kann Meyer noch nicht berichten. Klar: Für einen Klub kann es sich lohnen, auf einen jungen, eigenen Torhüter zu setzen. Es gibt aber genügend Beispiele, in denen ein solches Vorhaben gescheitert ist. Deshalb ist es erstaunlich, dass Meyer gemäss eigenen Aussagen beispielsweise nie mit dem ablösefreien GC-Goalie Heinz Lindner oder dessen Berater gesprochen hat.
Meyer will Lindner nicht, das ist sein Recht. Stirnrunzeln löst seine Passivität trotzdem aus. Nicht nur im Fall Lindner, sondern auch bei anderen Profis. Der zu Górnik Zabrze ausgeliehene Valeriane Gvilia sagte uns, dass er nicht mehr zum FCL zurückkehren will, weil er in fünf Monaten in Polen nie von Kluboffiziellen angerufen oder beobachtet worden sei. Meyer hat die Kontakte zu den früheren FCL-Jungstars Fabian Lustenberger (er wechselt von Hertha Berlin zu YB) und Pirmin Schwegler (er geht von Hannover zu Western Sydney) auch nie übertrieben.
Will man in Luzern bald wieder mehr sein als nur Ligadurchschnitt in einer während der abgelaufenen Saison mit Ausnahme von Meister YB enttäuschenden Meisterschaft, dann müssen alle die Komfortzone verlassen. Sonst bleiben aussergewöhnliche Siege wie beim 4:0 im Cup-Viertelfinal gegen YB ein Einzelfall. Der 2018/19 erstmals unter die 10'000er-Marke gefallene Heim-Zuschauerdurchschnitt ist ein Alarmzeichen.
Der Klub muss sich anstrengen, um die FCL-Fans wieder zu begeistern und in Scharen anzuziehen. Dazu gehört neben eigenen Talenten ein Team mit dem einen oder anderen Klassespieler. Allen voran Meyer und der mit 52 Prozent neue Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg, der den Namensrechte-Vertrag an der Swisspor-Arena bis 2026 verlängerte, müssen ihr Möglichstes dazu beitragen.