«Wenn ich etwas mache, dann richtig»: Worauf sich Handballer Tom Hofstetter nach der Karriere konzentriert

Tom Hofstetter tritt mit 29 Jahren zurück. Auch wenn ihm der grosse Titel mit Kriens-Luzern fehlt, war er ein besonderer Spielmacher.

Stephan Santschi
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Ein Teamplayer, der selten im Mittelpunkt stand: Tom Hofstetter.

Ein Teamplayer, der selten im Mittelpunkt stand: Tom Hofstetter.

Bild: Philipp Schmidli (Kriens, 14. September 2014)

«In dieser Saison wäre echt etwas möglich gewesen», sagt Tom Hofstetter. «Ich glaube, dass wir in den Playoffs jeden hätten schlagen können.» Der Traum vom ersten Titel war für den HC Kriens-Luzern also durchaus real, platzte aber am 13. März, als die NLA-Meisterschaft wegen des Coronavirus abgebrochen wurde. «Das ist absolut schade. Auf der anderen Seite kann ich das relativ einfach akzeptieren. Eine höhere Macht hat entschieden, es geht um die Gesundheit, nicht um Sport.»

Für ihn, den 29-jährigen Captain und Spielmacher, wird es keine weitere Titelchance geben. Hofstetter tritt ab, nach 15 Jahren im Leistungssport, von denen er neun in Kriens verbracht hat. Tut es nicht weh, unverrichteter Dinge aufzuhören? «Das Ziel war schon, meine Karriere mit einer guten Saison zu beenden.» Im Kleinen sei ihm dies auch gelungen. Seinen letzten Auftritt hatte er beim 30:19-Sieg gegen Ex-Klub Bern vor leeren Rängen in der Krauerhalle. «Uns gelang ein super Spiel. Auch ich fand erstmals wieder zu meinem Niveau von Anfang Saison zurück», sagt Hofstetter, der aus Magglingen stammt und zwei Jahre für Bern gespielt hat (2011 bis 2013).

Andy Schmid ist «Fluch und Segen zugleich»

Nicht nur das Ende dieser Spielzeit ist für Hofstetter aussergewöhnlich, schon ihm Oktober ereilte ihn Unplanmässiges. Knochensplitter im Ellbogengelenk sorgten für Schmerzen und eine Blockade, «ich konnte nicht mehr aufs Tor werfen». Eine Operation und eine Pause bis Ende Jahr waren unumgänglich. Als Grund für den Rücktritt führt er diese Verletzung zwar nicht an, der Entschluss sei vorher in ihm gereift, betont Hofstetter. Die Gedanken um die Gesundheit spielten aber schon auch mit. Bereits 2017 kämpfte er sich zurück, damals von einem Kreuzbandriss. Ihm sei es wichtig, nicht als Wrack vom Spielfeld getragen zu werden.

Und so blickt Hofstetter nun auf eine Laufbahn zurück, die zwar keinen krönenden Titel, aber doch einige Highlights enthält. Besondere Erwähnung verdienen der dritte Platz an der Universiade in Südkorea und die Auszeichnung zum besten Spieler am Vierländerturnier in Tunesien aus dem Jahr 2015 mit der Schweiz. Das letzte seiner 46 A-Länderspiele bestritt er im Januar 2016 beim legendären Debakel in Holland, das die Neuausrichtung unter Nationaltrainer Michael Suter initiierte. «Michi wollte hinter Andy Schmid auf junge Akteure setzen, ich wäre nicht zu Spielzeit gekommen», erklärt Hofstetter. Noch heute ist Schmid der Chef der Schweizer, «er war für mich Fluch und Segen zugleich». Einerseits habe er sehr viel von ihm gelernt, andererseits gab es an diesem Ausnahmekönner eben kein Vorbeikommen. «Um selber den nächsten Schritt zu machen, hätte ich ins Ausland wechseln müssen.» Sein Betriebs- und Volkswirtschaftsstudium hielt ihn aber davon ab.

Hofstetters ausgeprägter Teamgedanke

Auch ohne internationalen Durchbruch wird Hofstetter in besonderer Erinnerung bleiben. Dank seinen kraftvollen Durchbrüchen, scharfen Schlagwürfen und wegen seines ausgeprägten Teamgedankens. Kein anderer Krienser dachte so viel darüber nach, wie er seine Nebenleute in Szene setzen konnte, wie er. Es gab Zeiten, da hinderte ihn dies gar an der eigenen Entfaltung. «Vor dem Spiel muss ich mir keine allzu grossen Gedanken über meine Ansprache machen», sagte einmal der frühere HCK-Trainer Heiko Grimm. «Tom weiss ja, wie wir spielen, er hat das im Griff.» Schon früh dachte Hofstetter strategisch, «das begann im Alter von 15 Jahren mit Trainer Rolf Dobler in Biel. Wir haben Videos geschaut und Spiele analysiert», erzählt er. Auch in Gesprächen mit Journalisten wirkte er stets ehrlich, kritisch, reflektierend.

Und so stellt sich die Frage, ob der Wechsel ins Trainerbusiness nun nicht die logische Folge wäre. Hofstetter versichert, dass er seine Erfahrung weitergeben möchte und dies auch schon getan habe. «Ich verfüge über das D-Diplom, coachte zwei Jahre das Krienser Frauenteam und war im Talenttraining der SG Pilatus engagiert.» Vorderhand liege der Fokus aber auf dem Beruf. Hofstetter, der zu 60 Prozent in einem Hergiswiler Treuhandbüro arbeitet und mit seiner langjährigen Partnerin Sereina in Luzern lebt, will sich zum Wirtschaftsprüfer ausbilden lassen. «Wie man hört, ist das sehr arbeitsintensiv», sagt er und betont: «Wenn ich etwas mache, dann richtig.»