Der herausragendste der Schweizer Skirennfahrer-Armada war er zwar nicht. Einer wie Bernhard Russi zum Beispiel stand ihm oft vor der Sonne. Doch Walter Tresch, der vife Mann aus Bristen, war einer, der zehn Saisons lang höchst seriös seine Podestplätze im Weltcup und später als Profi in Amerika eroberte.
Und als ausgesprochener Sympathikus galt: Wo der Urner auftrat und auch heute noch auftritt, fliegen ihm die Herzen zu: «Ich war immer gerne mit Menschen zusammen, das haben die Leute wohl gespürt.»
Tresch fuhr in allen damaligen Disziplinen (Abfahrt, Riesenslalom, Slalom) regelmässig in die vordersten Platzierungen. Das prädestinierte ihn zum Kombinierer. In dieser Sparte schlug für ihn 1972 an den Olympischen Winterspielen in Sapporo die grosse Stunde: Hinter Kombi-Maestro Gustavo Thöni holte sich der schmächtige, aber unerhört willensstarke Techniker die Silbermedaille. Der allerdings einige zeremonielle Ungehorsamkeiten anhaftete. Weil die WM damals in die Olympischen Spiele integriert war, für die Kombination aber kein olympisches Edelmetall verteilt wurde, blieb es «nur» bei einer WM-Medaille. Noch ärgerlicher: Diese wurde per Postsache mit einem Monat Verspätung zugestellt. «Da wirst du Zweiter an solchen Spielen und fliegst mit leerem Gepäck nach Hause – diese Situation war schon eher speziell.»
Nicht ganz so schlimm, dieser unverschuldete «Tolggen» auf Walter Treschs Ruhmesblatt. «Diese Wettkämpfe in Sapporo, in einem fernen Land mit einer unerhört spannenden Kultur, das – vor allem das – war das grosse Erlebnis. Es waren wunderbare Spiele, die mich in jeder Beziehung als Mensch geprägt haben. Wenn ich in diesen Träumereien schwelge, dann kommts mir vor, als wäre es gestern gewesen. So intensiv haben sich diese Gefühl eingebrennt.»
Tresch blieb nach Sapporo noch acht Jahre ein Ankermann im Schweizer Team, der stets in allen Disziplinen für Ehrenmeldungen gut war. «Das war mein Vorteil», erinnert er sich: «Wenn ich in der Abfahrt Ladehemmung hatte, dann gab ich halt im Slalom die richtige Antwort.» Paul Berlinger, sein Trainer, habe ihn stets darauf hingewiesen: «Studiere nicht an einem schlechten Resultat in einer Disziplin herum, sondern freue dich an einem Spitzenplatz in der anderen Sparte.»
Walter Treschs Präsenz in der Nationalmannschaft war derart prägend, dass sich Völkl schon früh die Dienste des eloquenten Skibotschafters sicherte: «Es war meine Leidenschaft, an vorderster Front für meine Produkte gradzustehen», betont er und möchte nachgeschoben haben: «Wenn die Wettkampfsaison zu Ende war, begann für mich die Meisterschaft an der Verkaufsfront. Es war meine Passion, im Sommer meine Erfahrungen weitergeben zu dürfen.» Tresch ist übrigens auch heute noch für den Skiausrüster Uvex in beratender Funktion unterwegs: «Das hält mich auf Trab. Und wenn der Schnee wie dieses Jahr früh in die Niederungen vorstösst, dann ist das ganz gut fürs Geschäft.»
Heute ist er ein rundum zufriedener jung gebliebener Mann im AHV-Alter, der zusammen mit seiner Rita («sie war und ist meine Familienmanagerin, ohne Rita hätte ich es im Leben nicht so weit gebracht») vorzugweise das Leben geniesst und am Promihang in Valbella mit seinem Hausstandort die Hierarchie zu seinen Gunsten verändert hat: «Ich wohne fast ganz oben auf der Anhöhe, Roger Federer und Heini Hemmi deutlich unter mir», schmunzelt der ranke und schlanke Mann, der es sich natürlich nicht nehmen lässt, bei jeder Gelegenheit seine nach wie vor perfekten Schwünge in den Schnee zu zeichnen: «Ich behauptete, dass ich der eleganteste 65+-Skiläufer am Berg bin», sagt er nicht ohne Stolz. «Und, wissen Sie was: Der Sport ist mein Leben. Und er wird für mich auch in Zukunft eine enorme Bedeutung besitzen.»
Walter Tresch (65). – Geburtsort: Bristen. – Wohnort: Valbella. – Beruf: Kaufmann. Früher Skirennfahrer, davon zwei Jahre Profi in Amerika. – Familie: seit 39 Jahren verheiratet mit Rita, zwei erwachsene Töchter und Söhne. – Grösste Erfolge: 4 Weltcupsiege (1 Abfahrt, 3 Kombinationen). WM-Silber in der Kombination an Olympia 1972 in Sapporo. Mehrere Podestplätze als Profi in Amerika.