Die Tabelle täuscht: Die Form des EVZ ist alles andere als berauschend – zu viele Leistungsträger bringen ihre Leistungen nicht. Für die entscheidende Spielzeit der Saison muss sich dies ändern: Das Liga-Schwergewicht ist gefordert.
Der EV Zug hat die Qualifikation mit 90 Punkten aus 50 Spielen auf dem 2. Rang abgeschlossen. Er holte in der Fremde am meisten Punkte und auch in der Heimtabelle reicht es für die Top 4. Soweit so gut, könnte man meinen, wenn man sich die Statistiken vor Augen führt. Doch der Eindruck täuscht: Der EV Zug steckt in einem Formtief. Tiefer, als es den Anschein macht.
In einer gespenstischen Atmosphäre im Hallenstadion hat der EV Zug beim letzten Qualifikationsspiel gegen die ZSC Lions auf ganzer Linie enttäuscht. Kraftlos, ideenlos, mutlos. Nie ist die Ausgangslage besser gewesen, den Quali-Sieg einzutüten, als diese Saison. Es war der Tiefpunkt einer Serie von Spielen, bei denen die Zuger ihre Konstanz und Souveränität verloren haben, die sie während dieser Saison auszeichneten. So wie nach der verdienten Niederlage gegen die ZSC Lions sah man EVZ-Trainer Dan Tangnes selten. Der stets charmante und redselig wirkende Norweger wirkte angeschlagen ratlos.
Bei den Zugern gibt es ein paar Leistungsträger, die ihrer Form hinterherlaufen. Zu nennen wäre EVZ-Identifikationsfigur Lino Martschini. Während der Flügelflitzer in der vergangenen Saison und den Playoff-Spielen als Punktesammler brillierte, hat er das Toreschiessen seit mehreren Wochen eingestellt. Er wirkte bisweilen wie ein Fremdkörper auf dem Feld. Auch Dario Simion, der zu Beginn der Saison mit guten Leistungen zu gefallen wusste, ist in der Versenkung verschwunden. Ein Tor aus den letzten 23 Spielen sind zu wenig für einen Stürmer seines Formats. Auch von Spielern wie Jérôme Bachofner oder Sven Senteler darf (muss) man in den Playoffs mehr erwarten.
Die Bilanz der ausländischen Spieler fällt zwiespältig aus: Mit Ausnahme von Center Jan Kovar sind sie in einer Schaffenskrise. Carl Klingberg spielt nicht mehr so unwiderstehlich wie zu Saisonbeginn, Erik Thorell ist nur noch ein Mitläufer und Strafenkönig Oscar Lindberg – mit 91 Strafminuten hat er die meisten aller National-League-Spieler – war zuletzt unsichtbar. Von Neuzugang Andreas Martinsen darf man keine Wunderdinge erwarten, er benötigt noch etwas Angewöhnungszeit. Sportchef Reto Kläy hat vor dem Saisonstart tief in seine Geldschatulle gegriffen, um die Lücke zu den Branchenführern SC Bern und ZSC Lions zu füllen. Mit den beiden Königtransfers Leonardo Genoni und Grégory Hofmann ist die Erwartungshaltung beim EV Zug gestiegen. Nach 1998 soll endlich wieder der Meisterpokal an den Zugersee geholt werden. Der EV Zug will die Phalanx von Bern, Lugano, ZSC Lions und Davos durchbrechen. Seit Zugs letztem Meistertitel 1998 machen diese Teams den Meister unter sich aus.
Dem EV Zug könnte in dieser Saison zugutekommen, dass es derzeit kein Team gibt, das die Konkurrenz an die Wand spielt. Genève-Servette und Lausanne spielen inkonstant und der HC Davos wird wohl trotz viel Talent die Erfahrung fehlen, um ein Wörtchen im Kampf um den Titel mitzureden. Einzig die ZSC Lions scheinen sich nach und nach als Favorit zu manifestieren.
EVZ-Trainer Dan Tangnes muss nun eine mental angeschlagene Mannschaft wieder aufrichten und auf Vordermann bringen. Ist der junge Trainer dazu in der Lage? Kann er den Spielern das Sieger-Gen einimpfen, das es braucht, um im Playoff-Viertelfinal Fribourg-Gottéron – wann immer er auch stattfinden wird – aus dem Weg zu räumen? Die Romands dürfen nicht unterschätzt werden. Sie haben mit dem Schweizer Nati-Goalie Reto Berra einen sicheren Rückhalt.
Vor Saisonbeginn war die Zielsetzung offensiv formuliert: Der EVZ wollte alle drei Wettbewerbe für sich entscheiden: Meisterschaft, Champions League und Cup. Zwei Titel sind weg. Das Gute an der Qualifikation ist, dass in den Playoffs die Karten neu gemischt werden. Aber der EV Zug muss den Schalter umlegen und drei Gänge höher schalten. Nur dann kann der Traum auf den langersehnten Titel weiterleben. Dan Tangnes ist in seinem zweiten Jahr als EVZ-Trainer gefordert – und muss liefern.