Analyse
Der zweite Titel in Folge ist das Meisterwerk von EVZ-Trainer Dan Tangnes

Unser Sport-Redaktor analysiert, wie der EVZ seinen Titel verteidigen konnte – und welche Rolle Trainer Dan Tangnes dabei spielte.

Philipp Zurfluh
Philipp Zurfluh
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Trainer Dan Tangnes jubelt über den Meistertitel.

Trainer Dan Tangnes jubelt über den Meistertitel.

Bild: Claudio Thoma / freshfocus

Unglaublich, verrückt, wahnsinnig, aber wahr: Der EV Zug setzt in der Finalserie zu einer furiosen Aufholjagd an, macht einen 0:3-Rückstand wett und überholt die ZSC Lions kurz vor dem Zielstrich. Der unterlegene ZSC hatte der Energie und Wucht euphorisierter Zuger nichts mehr entgegenzusetzen.

Erstmals seit 24 Jahren nahm der EV Zug im Sommer 2021 als Meister die Saison in Angriff. Er konnte befreit von der Bürde und den Fesseln der Vergangenheit zur Mission Titelverteidigung starten. Dennoch stand die Frage im Raum: Wird die neue Rolle als Gejagter Last oder Antrieb sein? Ist nach Titelehren die gleiche Gier vorhanden wie ein Jahr zuvor? Mit sieben neuverpflichteten Spielern und elf Abgängen war zunächst Geduld gefragt, bis das System funktionierte und die Automatismen ineinandergriffen. Die Neuen mussten sich an ihre Rolle gewöhnen und diese verinnerlichen.

Das Resultat: Die von Trainer Dan Tangnes eingeimpfte Siegermentalität hat auch nach dem Titelgewinn letzten Frühling ihre Wirkung nicht verloren und bedurfte nur einer geringen Auffrischung. Nach dem missratenen Start in die Finalserie bestand die grösste Gefahr darin, dass sich die Zweifel in den Köpfen der Spieler festsetzen. Doch innerhalb der Mannschaft brach keine Hektik aus, weil sie mental gefestigt ist. Das Spielsystem wurde nach drei Niederlagen weder auf den Kopf noch in Frage gestellt. Der Coach drehte lediglich an ein paar Schrauben, um das Gerüst stabil zu halten. So zum Beispiel mit dem Tausch der Flügel Fabrice Herzog und Grégory Hofmann in der ersten und zweiten Offensivreihe.

Dieser Impuls leitete den Anfang dieser spektakulären Wende ein, die als Tangnes’ Meisterwerk gelten darf.

Tangnes ist nicht nur Chefdirigent eines Orchesters hochbegabter und williger Hockeyspieler. Er ist Motivator und feinfühliger Zuhörer. Ob privat oder im Hockey-Business – sein Lebens- und Arbeitsprinzip beruht auf folgender Maxime, mit jeder Person eine menschliche, harmonische und gleichzeitig professionelle Beziehung einzugehen. Diskutieren auf Augenhöhe. Die Profilierungssucht anderer ist ihm fremd.

Dan Tangnes nimmt Gratulationen entgegen.

Dan Tangnes nimmt Gratulationen entgegen.

Bild: Ennio Leanza / Keystone

Auch das Rotationsprinzip auf den Ausländer-Positionen, bei dem immer die Gefahr besteht, dass Unruhe aufkommt, moderierte er mit seiner unaufgeregten, transparenten und ehrlichen Art. Das «Luxusproblem» wurde nicht zum Problem, sondern war schlicht Luxus. Keiner stellte sein persönliches Ego über das sportliche Wohl der Organisation.

Als der EV Zug den Norweger 2018 verpflichtete, sagte Sportchef Reto Kläy: «Solche Trainer gibt es nicht wie Sand am Meer.» Im Nachhinein darf man sagen: Eine glatte Untertreibung. Der Trainer führte die Mannschaft mit Stil und wenig Nebengeräuschen durch die Meisterschaft. Bei den Spielanalysen sucht er nie nach Ausreden und streut auch kein Salz in die Wunden. In kritischen und heiklen Situationen greift er nicht zum Hammer, sondern betont die positiven Aspekte.

Die Zuger feiern ihren Cheftrainer Dan Tangnes.

Die Zuger feiern ihren Cheftrainer Dan Tangnes.

Bild: Ennio Leanza / Keystone

Sportchef Kläy ist es gelungen, ein Meisterteam umzubauen und mit frischen, charakterlich einwandfreien Typen zu beleben. Man sollte nicht auflisten, welche Spieler am meisten zur Titelverteidigung und zur insgesamt dritten Meisterschaft der Klubgeschichte beigetragen haben. Die Aufzählung wäre lang, und die Vergleiche unter den Spielern vermutlich nicht fair. War etwa Jan Kovar der wichtigste Mann in der Offensive? Wahrscheinlich. Wäre eine Titelverteidigung ohne Leonardo Genoni möglich gewesen? Wahrscheinlich nicht.

Der EV Zug geht beharrlich seinen Weg. Er wird auch nächste Saison das Team sein, das es zu schlagen gilt. Das Gros der Mannschaft bleibt zusammen, das Fundament für weitere Ruhmestaten steht. Die sportlichen Perspektiven sind verheissungsvoll. Mit dem grossen Meistermacher an der Bande sowieso.