Der EV Zug leistete sich 2014/15 die teuerste Mannschaft der Vereinsgeschichte. Nun wollen die Zuger Kosten reduzieren – und träumen dennoch vom Titelgewinn.
Nicola Berger
Rund um den Globus beschäftigt sich die Armada an Profisportteams mit einer zentralen Frage: Wie wird man Meister? Die frustrierende Antwort: Es gibt kein Patentrezept.
Was die Schweizer Eishockeymeisterschaft betrifft, lässt sich festhalten: Geld allein gewinnt keine Titel, ist aber die Grundvoraussetzung. Es ist kein Zufall, dass seit der Zuger Meisterschaft von 1998 sämtliche Titel innerhalb des Quartetts Davos (6-mal), Zürich (5) sowie Bern und Lugano (je 3) aufgeteilt wurden – es handelt sich um jene Organisationen, denen in dieser Zeitspanne die grössten finanziellen Mittel zur Verfügung standen.
Auch im EV Zug wurde nach dem Frühjahrsputz mit der Entlassung von Trainer Doug Shedden und Sportchef Jakub Horak kräftig investiert: Nie hat ein EVZ-Team mehr gekostet als im Vorjahr. Das ist nicht erstaunlich: Die Lohnspirale im Schweizer Eishockey dreht sich immer rasanter, teilweise verdienen Dutzendspieler 300 000 Franken.
Dieser Entwicklung will der EVZ entgegenwirken – auch weil die Mittel mit dem aktuellen Budget von rund 14 Millionen Franken ausgeschöpft sind. Der CEO Patrick Lengwiler sagt: «Mehr Geld können wir nicht generieren und somit auch nicht ausgeben. Das wäre unverantwortlich.» Bei Verhandlungen mit Spielern will der EVZ künftig kostenbewusster agieren, auch wenn das bedeutet, dass hie und da ein Leistungsträger sich der zahlungsfreudigeren Konkurrenz anschliesst. Man kann das knausrig finden – oder selbstbewusst. Weil der Klub so eine gewisse Prinzipientreue signalisiert.
Teurer darf die Mannschaft nach heutigem Dafürhalten nicht mehr werden – es sei denn, der am 5. Oktober zum Präsidenten aufsteigende Hans-Peter Strebel verliebe sich in den Titeltraum und öffne die Privatschatulle.
Auch ohne diese Begebenheit will der EVZ punkto Ambitionen nicht zurückbuchstabieren: Über kurz oder lang soll der Meistertitel her – wenn auch nicht mit der Brechstange.
Das ist ein Balanceakt – und eine Herausforderung für die sportliche Leitung um Trainer Harold Kreis und Sportchef Reto Kläy. Für Letzteren darum, weil man davon ausgehen kann, dass sich das Salär von Lino Martschini durch dessen neuen, bis 2020 gültigen Vertrag mehr als verdoppelt. Die Differenz wird der EVZ anderswo einsparen müssen; das Gleiche gilt, sollte der Klub Premiumtransfers wie im Vorjahr (Stephan, Grossmann und Bürgler) realisieren wollen.
Auch auf Kreis wartet eine diffizile Aufgabe. Die solide Vorsaison mit starker Qualifikation (Platz 4) und enttäuschendem Playoff (Viertelfinal-Aus gegen Davos) soll übertroffen werden, obwohl das Kader auf dem Papier nur marginal aufgewertet wurde. Bereits unmittelbar nach der Niederlage hatte der Coach gesagt: «Es muss uns gelingen, das Potenzial im Playoff besser abzurufen.»
Hier steht Kreis selber in der Pflicht; es ist seine Verantwortung, dass sich die Seinen exakt zum Playoff in Bestform befinden. In seinem ersten Jahr in Zug gelang ihm das nicht – exemplarisch dafür stand das Versagen in den während der Qualifikation tadellosen Special Teams: In 34 Powerplay-Minuten erzielte Zug gegen Davos zwei Treffer – und kassierte drei Shorthander.
Man würde annehmen, dass der Entscheid, ob Kreis und der seit 2008 im EVZ beschäftigte Assistent Waltteri Immonen über ihr Vertragsende von 2016 hinaus eine Zukunft im EVZ haben, neben dem ewigen Gradmesser des Resultatbulletins auch davon abhängt, ob in dieser Hinsicht eine Steigerung gelingt. Und von der Frage, wie gut der Coach die andere wichtige Vorgabe erfüllt: Ihm ist ins Pflichtenheft geschrieben worden, vermehrt den Nachwuchs zu fördern. Das bedeutet: Talenten wie den Academy-Spielern Livio Stadler und Dominik Volejnicek Auslauf zu geben, wenn sich die Chance dafür bietet. 2014/15 hat Kreis sich damit schwergetan; er neigte dazu, die besten Kräfte zu forcieren.
Anzunehmen ist indes, dass der Entscheid sehr viel früher fallen wird, da die Arbeit des Duos intern positiv beurteilt wird. Und vielleicht auch, weil der Klub sich Planungssicherheit wünscht und verhindern will, dass andere Interessenten (Nationalmannschaft?) in Bälde ihre Fühler nach dem Trainer ausstrecken.
Dazu kommt, dass es durchaus Argumente pro Kreis gibt. Der EVZ schloss die Qualifikation mit 166 Treffern als offensivstärkstes Team ab. Das spricht für die Attraktivität des gezeigten Eishockeys – und gegen das verbreitete Klischee, dass Kreis ausschliesslich ultradefensiv spielen lässt.
Die Chancen, dass der zweifache Meistertrainer (mit Lugano und den ZSC Lions) seine Arbeit in Zug wird weiterführen können, stehen darum gut.
Doch neben der Zukunft von Kreis sind in diesem Winter weitere Fragen zu klären: Setzt sich die Ära des für den Klub über beinahe eine Dekade prägenden Josh Holden fort? Wie gut ist der Zuzug Jarkko Immonen? Hält der Körper der Goalie-Lebensversicherung Tobias Stephan der Belastung von über 80 Pflichtspielen auch mit 32 Jahren noch stand? Zieht der auf dem Markt begehrte Verteidiger Tim Ramholt weiter? Was verändert sich, wenn der Präsident Roland Staerkle sein Amt an Strebel weiterreicht, von dem bekannt ist, dass er einst im Fan-Car an die EVZ-Spiele reiste?
Die Handlungsstränge sind vielfältig; der Winter kündigt sich auch dann facettenreich an, wenn es dem EVZ abermals nicht gelingt, die Phalanx der «Grossen 4» aus Bern, Davos, Lugano und Zürich zu durchbrechen.