Die Strafe gegen Fabrice Herzog ist kein Fehlurteil. Das lange Sündenregister wird ihm zum Verhängnis. Trotz aller Kritik: Man darf ihn seiner Stärken – die physische Spielweise – nicht berauben.
Das Urteil ist gesprochen: Fabrice Herzog ist nach bereits einer verbüssten Spielsperre bei noch vier weiteren Partien zum Zuschauen verdammt. Auch ohne EVZ-Fanbrille: Die Meinungen von Aussenstehenden sind gespalten. Der Name Herzog löst aufgrund seines Vorstrafenregisters bei vielen Hockeyfans wütende Reflexe aus. Die Emotionen kochen schnell hoch in den Kommentarspalten. Die Forderungen nach der Strafmass-Höhe – zum Beispiel ein mehrmonatiges Berufsverbot – bewegen sich meist fernab von jeglicher Realität. Wie es sich gehört, hat aber die Ligajustiz das letzte Wort. Das ist gut so.
Für den Check gegen den Nacken-/Kopfbereich zwei Spielsperren auszusprechen, ist kein Fehlurteil. Das Vergehen muss isoliert von Herzogs unschöner Vergangenheit beurteilt werden. Auch ohne Verletzungsabsicht bleibt es ein Crosscheck gegen den Nacken-/Kopfbereich, was bei einem mehrfach vorbestraften Spieler nun mal negativ ins Gewicht fällt. Wer insgesamt schon fünfmal wegen eines Checks gegen den Kopf negativ aufgefallen war, darf man nicht mit Samthandschuhen anfassen. Bei drei Vergehen in den letzten elf Monaten und bei insgesamt acht Spielsperren in den letzten sieben Jahren ist es legitim, von fehlendem Lerneffekt zu sprechen. Dass aber beispielsweise der mehrfach vorbestrafte Lausanne-Captain Mark Barberio, der oft mit grobem Verhalten in Erscheinung tritt, nach einem Check gegen den Kopf an Lino Martschini nicht zur Rechenschaft gezogen wird, ist unverständlich und nicht nachvollziehbar.
Der Hockeysport bewegt sich auf schmalem Grat. Einerseits will das Publikum Checks und hartes Körperspiel sehen. Davon lebt der Sport und kreiert Emotionen. Andererseits: Nach Fouls gegen den Nacken-/ und Kopfbereich können schwerwiegende Folgen für Spieler entstehen. Es ist ein Balanceakt zwischen der Attraktivität des Sports und einer Verantwortung gegenüber der Sicherheit und Gesundheit der Spieler.
Herzog tut gut daran, sich nun auf seine sportlichen Fähigkeiten zu konzentrieren. Eine Denkpause kann nicht schaden. Beim EV Zug ist er noch nicht richtig angekommen. Man hat das Gefühl, dass er ab und an gehemmt wirkt – auch in Zweikämpfen, als wolle er keinen Fehler begehen. Sein grosses Leistungsvermögen ist unbestritten. Mit starken Auftritten letzte Saison mit dem HC Davos, hat sich Herzog das Ticket für die WM 2021 gesichert. Am Turnier demonstrierte er, dass seine Physis und Härte eine Bereicherung sind.
Herzogs Stärke sind Emotionen. Man darf ihn dieser nicht berauben, muss ihn aber sensibilisieren, Emotionen in die richtigen Bahnen zu lenken, sie mannschaftsdienlich einzusetzen. Wem sonst als Trainer Dan Tangnes, der sich auf dem Gebiet der Sozialpsychologie auskennt und im Umgang mit «Problemfällen» Fingerspitzengefühl beweist, soll es gelingen Herzog im Vier-Augen-Gesprächen auf die Problematik hinzuweisen. Die «Akte Herzog» soll schliesslich nicht um ein nächstes Kapital erweitert werden. Klar ist: Wer wie Herzog mit dem Feuer spielt, kann sich die Finger verbrennen. Schwere Verbrennungen bleiben für immer.