Er ist einer der grossen Hoffnungsträger auf eine bessere sportliche Zukunft des EV Zug. Heute gibt Robbie Earl (28) sein Debüt.
Robbie Earl scheint es gut zu gehen – wieder gut, zumindest. Beim Gespräch in der «Sportsbar 67» in der Zuger Bossard-Arena vermittelt er den Eindruck eines aufgestellten Zeitgenossen. Freundlich lächelnd sagt er: «Ich bin herzlich aufgenommen worden und glücklich, hier zu sein.» Mit dem EV Zug hat er wieder einen Arbeitgeber, der auf ihn setzt, der ihm vertraut. Und er kann wieder tun, was er am liebsten macht: Eishockey spielen.
Die Welt des Robbie Earl ist wieder in Ordnung. Sie, die vor wenigen Wochen noch in Schieflage geraten war, weil der dunkelhäutige US-Stürmer, einer der designierten Leistungsträger des NLA-Tabellenletzten Rapperswil-Jona, ausgemustert worden war. Die sportliche Leitung der Ostschweizer kam unvermittelt zum Schluss, dass Earl nicht mehr zur Spielphilosophie passe. Und dies, nachdem sein Vertrag wenige Monate zuvor um drei Jahre verlängert worden ist. Eine seltsame Geschichte.
Ganz im Stile eines Profis sagt Earl zunächst, dass er keine schlechten Gefühle mit Rapperswil verbinde, zumal er anständig behandelt worden sei und einige gute Freunde im Team habe. Das muss er auch, weil ein Teil seines Lohnes nach wie vor von Rapperswil übernommen wird. Der EV Zug hat den Goalgetter, für den er die siebte von insgesamt acht Ausländerlizenzen eingelöst hat, ja bis Saisonende nur ausgeliehen. Und er darf ihn, ganz nebenbei, auch gegen dessen ehemaligen Arbeitgeber einsetzen. Erst nach einigem Nachhacken gibt Earl zu: «Die Trennung in Rapperswil hat weh getan. Aber einer musste ja den Kopf hinhalten, wenn die Mannschaft zehn Mal in Folge verloren hat.» Er kann damit leben, dass es ihn getroffen hat.
Doch die eigenartige Erklärung des Rapperswiler Managements für die Trennung hat seinem Ruf als Spieler geschadet. Weil sie Raum für Spekulationen offen lässt. Nun eilt Earl der Ruf nach Zug hinterher, dass er ein Mann mit einem (zu) grossen Ego sei. «Ich ein Egoist – wer sagt denn so etwas?», fragt er fassungslos und zieht ein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen. Kopfschüttelnd merkt er an: «Ich kann nicht kontrollieren, was die Leute über mich sagen. Was aber in meinem Einflussbereich liegt, ist, mein bestes Level auf dem Eis abzurufen und meine Kritiker Lügen zu strafen.»
Seine persönliche Ambition passt prima zur erklärten Absicht der Zuger, mit Earl (56 Punkte in 58 Spielen mit Rapperswil in der Saison 2012/13) die offensive Feuerkraft zu erhöhen. Denn in bislang 19 Qualifikationsspielen hat es der Zehntklassierte der NLA erst auf bescheidene 52 Tore gebracht. Earl trainierte zuletzt an der Seite von Zugs Leitwolf Josh Holden und dem Schweizer WM-Silberhelden Reto Suri.
Ist das der neue «Atomblock», der den EV Zug aus der Krise und ins Playoff schiesst? Earl lächelt und sagt: «Eine schöne Vorstellung.» Ehe er ernst wird und betont: «Wir können da nur gemeinsam Schritt für Schritt rauskommen, ich alleine kann nichts ausrichten. Mein Job ist es, Tore und Assists zu erzielen, das muss mein Beitrag sein. Aber jeder andere Mitspieler ist mindestens so wichtig für den Erfolg. Wir können nur gemeinsam siegen.»
Siegen. Das Wort scheint die Gedankenwelt von Robbie Earl zu beherrschen, kein anderes Wort kommt ihm so oft über die Lippen. Siegen ist auch das zentrale Stichwort im Hinblick auf das heutige Heimspiel gegen den HC Lugano (19.45 Uhr). Die Tessiner, die als letztes Team über dem Strich liegen, der Playoff-Teilnehmer von Abstiegskandidaten trennt, haben bei einem Match mehr auf dem Konto sechs Punkte Vorsprung auf die Zuger. Und weil der HC Ambri-Piotta aller Wahrscheinlichkeit nach die Playoffs schafft und damit schon eines der arrivierten Teams in die Abstiegsrunde stösst, muss es Zug gelingen, ein zweites herunterzureissen. Darum erhält die heutige Partie gegen Lugano erst recht wegweisenden Charakter. Earl hält fest: «Ein grosses Spiel. Aber solche stehen uns ja nun bis zum Ende der Qualifikation bevor.»
Gelingt die Zuger Mission Playoff, wird sie der beruflichen Zukunftsplanung von Robbie Earl bestimmt nicht abträglich sein. Denn die sportliche Leitung des EVZ hat in der Bestellung des fremdländischen Personals auf diese Saison hin keine gute Figur gemacht. Earl bekommt nun die Chance, diesen Eindruck zu korrigieren.
Wegen seiner im letzten Spiel vor der Nationalmannschaftspause gegen die ZSC Lions (0:3) erlittenen Knieprellung fällt Verteidiger Tim Ramholt weiter aus. «Im besten Fall reicht es ihm bis zum übernächsten Wochenende», sagt EVZ-Sportchef Jakub Horak. Das heisst, dass dem EVZ ein Leistungsträger heute im Heimspiel gegen Lugano (19.45 Uhr) und bei den Auswärtsspielen in Genf (morgen) und Biel (Dienstag) nicht zur Verfügung stehen wird. Vielleicht reicht es Ramholt für ein Comeback in einer Woche, wenn der Gegner in Zug abermals Lugano sein wird.
Für das erste Duell gegen die Tessiner innerhalb von acht Tagen sind auch die Einsätze der Stürmer Alessio Bertaggia (in den letzten fünf Tagen krank), Fabian Sutter (Gehirnerschütterung) und Nolan Diem (Schnittwunde am Arm) fraglich. Dafür dürfte einem Einsatz von Samuel Erni, der Anfang Oktober einen doppelten Kieferbruch erlitten hatte, nichts mehr im Wege stehen. Erni wird mit einem Kieferschutz antreten.