Der neue Sicherheitschef Amin Ghiasi ist kein Einzelkämpfer und ist froh, dass er ein Team um sich weiss, auf das er vertrauen kann. Er hat auch schon brenzlige Situationen erlebt und sie mit einer einfachen Methode entschärfen können.
Marco Morosoli
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Amin Ghiasi wirkt ruhig, obwohl in der Bossard-Arena bald das National-League-Spiel zwischen dem EV Zug und Lugano beginnt. Vor der Türöffnung um 18 Uhr redet der neue EVZ-Sicherheitschef noch kurz mit dem Einsatzleiter Front. Dieser ist sein verlängerter Arm in der Arena.
Insgesamt sind zwischen 70 und gegen 120 Personen in der Bossard-Arena im Einsatz, wenn der EVZ spielt. «Bei Partien gegen Davos oder den SC Bern sind es mehr», erklärt Ghiasi. Die Grösse des Aufgebotes wird aufgrund der Erfahrungen und der Risikoanalyse mit der Zuger Polizei definiert. Davos und Bern sind eher Problemspiele als beispielsweise solche gegen den HC Lugano.
Der Ablauf eines Spieles folgt einem vorgefertigten Protokoll. Jeder hat eine Aufgabe, oder ihm wird eine zugewiesen. Ghiasi erwähnt die Senioren, die den Eingangsbereich aufbauen helfen. Sie seien immer mindestens zu sechst: «Diese Helfer sind topmotiviert und sehr zuverlässig. Ghiasi hat den Wert ihrer Arbeit bereits erkannt: «Wir sind dankbar, was sie machen. Sie haben unsere Wertschätzung verdient.» Diese Helfer können später den Match anschauen, hingegen solche, die einen Eingang bewachen, hören zwar den Jubel, sehen jedoch nicht die Szene, welche diesen verursacht hat.
Innerhalb der Arena ist der EVZ für die Sicherheit zuständig. Aber auch die Zuger Polizei gehört zum Netzwerk des Vereins. Aus gutem Grund, wie der EVZ-Sicherheitsverantwortliche sagt: «Jede Partie kann ohne Ansage kippen.» Deshalb gäbe es während der zweiten Drittelspause einen Absprache- und Lagerapport über das Gewesene, und das, was noch getan werden müsse.
Wichtig ist Ghiasi, dass die Zuschauer schnell ins Stadion gelangen: «Ich will nicht, dass die Leute eine halbe Stunde lang anstehen müssen.» Ghiasi betont, er müsse immer mit Überraschungen rechnen. Eine solche gab es beim Champions-Hockey-League-Achtelfinal gegen Brno Anfang November. Da habe die Polizei gemeldet, dass Brno-Fans mit brennenden Pyros auf dem Weg zur Bossard-Arena seien. «In einem solchen Fall muss ich innerhalb einer Sekunde einen Entscheid treffen», erzählt Ghiasi. Er sei dann vor die Arena gelaufen und habe den Kontakt mit den Fans aus Tschechien gesucht. Es sei gar nicht so einfach gewesen, einen Brno-Supporter zu finden, mit welchem er sich auf Englisch habe unterhalten können. Ghiasi nennt seine gewählten Worte Ansage: «Ich habe ihm dann erklärt, welche Regeln bei uns gelten.»
Der neue Zuger Sicherheitschef setzt auf Dialog. Die Botschaft scheint angekommen zu sein. Die Brno-Fans waren zwar in der Bossard-Arena laut, aber sie verhielten sich sehr gesittet und freuten sich über die Tore ihres Teams. Dieses gewann letztlich klar mit 5:2. Pyros befinden sich nicht mehr im Gepäck der Brno-Fans. Der Zuger Sicherheitschef macht sich aber nichts vor: «Es hat auch Glück gebraucht.» Dabei sei die Zuger Polizei als allfällige Rückfallebene auch vor Ort gewesen.
Eine offene Kommunikation pflegt Amin Ghiasi auch mit den EVZ-Fans. Er hat schon verschiedene Gespräche mit ihnen geführt: «Ich gehe auf sie zu, denn es ist ein Fakt, dass 98 Prozent der Fans sich anständig verhalten, aber gewisse spüren sich leider oftmals nicht mehr.» Sein Rezept: Die 98 Prozent haben die Kraft, die restlichen 2 Prozent in Schach zu halten. Dass ein Matchbesuch immer auch ein Ventil sei, ist sich der 37-Jährige vollauf bewusst: «Wir verkaufen ja Emotionen. Dass dann alle einfach still in der Arena stehen, ist ja auch nicht die Lösung.»
Es müsse zusammen mit den Fans einen Weg geben, in welchem beide Interessen Platz finden. Dazu gehöre auch, dass er «die roten Linien» festlegt und kommuniziert. Der Hausherr bestimmt die Regeln. Erst wenn der Dialog nicht mehr zum Ziel führe, «dann müssen wir einschreiten». Das sei nur das letzte Mittel. Er löse Probleme viel lieber mit Reden: «Ich gehe auf die EVZ-Fans zu. Sie sind ein Teil des EVZ.» Er sehe sich auch ein wenig als derjenige, «der den EVZ-Fans eine Stimme gibt». In diesem Bereich unterstütze er den EVZ-Fandelegierten Mario Vasanelli. Dieser mache «einen Superjob». Um noch besser in seine neue Aufgabe hineinzuwachsen, setzt Ghiasi viel Zeit ein. Sein Job ist vielfältig, denn er umfasst nicht nur das Geschehen in der Bossard-Arena.
Die Klubs müssen zu Hause wie auch auswärts Sicherheitskräfte stellen, welche die Augen offenhalten. Zum Schweizer-Cup-Match in Rapperswil ist Amin Ghiasi selber mitgefahren. Das habe er auch vorher schon gemacht. Nach der 1:5-Pleite sei er mit einigen Fans zum Bahnhof gelaufen und mit ihnen auch noch mit dem Zug mitgefahren: «Ich habe mich dabei nicht als Beschützer gesehen. Vielmehr bin ich einsatzbereit gewesen, wenn ein Eingreifen meinerseits notwendig gewesen wäre.» Eines sagt der EVZ-Sicherheitschef ohne Wenn und Aber: «Ich habe nicht die Funktion eines Erziehers.» Er rede auch viel mit Mario Vasanelli. Dieser habe einen guten Draht zu den EVZ-Fans: «Er weiss, wo allenfalls Probleme im Entstehen sind.»
Amin Ghiasi arbeitet auch eng mit der Videozentrale im Bauch der Arena zusammen. Das Stadion wird mit zahlreichen Kameras überwacht. So kann etwa eruiert werden, wer einen Bierbecher aufs Eis geworfen hat. Das setzt für den Klub ärgerliche Bussen ab. Könne der Sünder ermittelt werden, müsse er eine Busse zahlen. Der EVZ-Sicherheitsverantwortliche sagt aber auch, dass es 2016 nur gerade fünf Vorfälle gegeben habe. Das zeuge davon, dass der EVZ die Sicherheit im Griff hat.
Aber es gehört weiterhin zu den Aufgaben des Sicherheitschefs, nach dem Rechten zu sehen: «Ich bin immer mit dem Funkgerät mit den anderen Sicherheitsleuten in Kontakt. Ich muss mitbekommen, was läuft.»
Denn auch er weiss: «Sicherheit darf nichts kosten, dafür will auch niemand zahlen. Doch wenn etwas passiert, heisst es oft schnell: Wieso habt ihr nicht besser hingeschaut.»
Soweit will es Amin Ghiasi aber gar nicht erst kommen lassen. Sein Arbeitgeber sieht es ebenso. Der EVZ gibt für die Sicherheit im Stadion zwischen 500'000 und 800'000 Franken pro Jahr aus. Bis jetzt gut investiertes Geld.