EVZ-Sportchef Reto Kläy verneint Qualitätsverlust – neuer Topspieler liegt nicht drin

Ob der EV Zug die Geldschatulle für einen ausländischen Verteidiger öffnet, ist fraglich. Das hängt auch von Oscar Lindbergs Verbleib ab.

Philipp Zurfluh
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Ungewissheit: Mit diesem Begriff geht viel Perspektiv- und Machtlosigkeit einher. Und er wird in der Sportwelt von Spielern, Trainern und Funktionären derzeit häufig verwendet. Niemand weiss, wann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann – so auch in der National League. Die Klubs kämpfen, um nicht in Liquiditätsengpässe zu geraten. Gleichzeitig durchforsten Sportchefs den Spielermarkt, um das Kader für die nächste Saison zu formen.

Reto Kläy, Sportchef EV Zug.

Reto Kläy, Sportchef EV Zug.

Bild: Urs Flüeler/Keystone

Die derzeitige Situation fordert auch EVZ-Sportchef Reto Kläy. Von einer «herausfordernden Situation» spricht er nämlich. «Die Spieler werden online gecoacht, hoffentlich können wir bald mit dem Training im neuen Sportzentrum «On your Marks» (OYM) beginnen, in welcher Form auch immer. Von sportlicher Seite werden diverse Szenarien aufgegleist. Man muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Da braucht es manchmal etwas Kreativität.»

Kläy: «Die Gespräche mit Lindberg sind eingefroren»

Bei den Zentralschweizern hat das Kader für die Saison 2020/21 Konturen angenommen. Dennoch muss Kläy noch an ein paar Schrauben drehen, damit das Teamgebilde bei Saisonbeginn den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. Nachdem der EV Zug im vergangenen Sommer mit den Königtransfers Leonardo Genoni und Grégory Hofmann in den Angriffsmodus schaltete und den Meistertitel ins Visier nahm, segelt Zug diesen Sommer ruhigeren Gewässern entgegen.

Mit Jan Kovar, Carl Klingberg, Erik Thorell sind drei Ausländerplätze definitiv belegt. Der Vertrag mit Oscar Lindberg läuft aus.

Bild: Urs Flüeler/Keystone (Zug, 11. Januar 2020)

«Die Gespräche sind eingefroren, aber ich stehe mit ihm und seinem Agenten in Kontakt», so Kläy. Als «völlig offen» bezeichnet er die Ausgangslage. «Da nirgendwo auf der Welt Eishockey gespielt wird und unklar ist, wann es wieder losgeht, lassen sich die Vereine und Spieler bei einer Vertragsunterzeichnung mehr Zeit», so der Sportchef. Ungewissheit also. «Lindberg weiss, dass wir gerne mit ihm weitermachen wollen. Doch es gibt bestimmt auch andere Klubs, die ihn auf dem Zettel haben. Auch Lindbergs Interesse, bei einem NHL-Klub Unterschlupf zu finden, ist wohl vorhanden.» Wann ein Entscheid zu erwarten ist, kann Kläy nicht abschätzen. Noch vor Saisonabbruch hat der schwedische Nationalstürmer wissen lassen, dass er sich mit seiner Familie in Zug wohlfühle und einer weiteren Zusammenarbeit nicht abgeneigt sei.

Auch bei einer anderen Ausländerposition herrscht Unklarheit. Andreas Martinsen wurde vom EV Zug im Februar als fünfter Ausländer verpflichtet, um in den Playoffs auf Verletzungen und Spielsperren dynamisch reagieren zu können. Sein Vertrag läuft aus. «Seine Zukunft ist ungewiss», sagt der Sportchef. Die Zeichen deuten eher auf Trennung hin, da bei einem Verbleib von Lindberg das Kader schon mit vier Ausländern besetzt ist.

Ob der EV Zug mit vier oder fünf Ausländern die nächste Saison in Angriff nimmt, lässt Kläy offen.

Tobias Geisser soll in Zug Spielpraxis sammeln

Während in der Offensive der Zuger keine Abgänge zu verzeichnen sind, heuern mit Johann Morant (ZSC Lions), Thomas Thiry und Miro Zryd (SC Bern) drei Verteidiger anderswo an. Zudem ist unklar, ob Tobias Geisser eine weitere Saison bei den Zugern bleibt. Er steht bis Ende Juni bei der Organisation der Washington Capitols unter Vertrag. Der Sportchef meint:

«Es wäre gut für seine Entwicklung, wenn er noch eine Saison bei uns spielt»

Die Planung ist schwierig. Die unterbrochene NHL-Saison soll im Juli fortgesetzt werden, wurde gestern publik.

Mit Claudio Cadonau von den SCL Tigers konnte der EVZ einen Wegzug kompensieren. Dario Wüthrich vom Farmteam schafft den Sprung in die 1. Mannschaft. Einen Qualitätsverlust stellt Kläy in Abrede: «Das möchte ich klar verneinen. Wir sind gut genug aufgestellt. Ausserdem haben wir im Farmteam mit Marco Forrer einen Spieler, der über genügend Qualität für die National League verfügt.» Der 23-jährige Neuzugang vom HC Fribourg-Gottéron soll zunächst in der Swiss League eingesetzt werden. Eine Option wäre die Verpflichtung des ehemaligen EVZ-Juniors Nico Gross, der diese Saison in der höchsten kanadischen Juniorenliga mit starken Leistungen aufhorchen liess. Auch dort gilt die Devise: abwarten.

Wirtschaftliche Situation zwingt zum Verzicht

Dennoch schliesst der Sportchef einen Transfer eines ausländischen Verteidigers nicht aus. Aber: «Es stellt sich die Frage, was der Markt hergibt.» Einen Hochkaräter zu verpflichten, liege aufgrund der momentanen Situation finanziell nicht drin. «Wir können nicht jedes Jahr tief ins Portemonnaie greifen und einen Topspieler verpflichten», betont Kläy.

Reto Kläy hofft, die Kaderplanung wenn möglich noch vor dem Sommer abzuschliessen und dass die neue Saison Mitte September beginnt – mit oder ohne Zuschauer, weiss niemand. «Es ist ein Blick in die Glaskugel. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die neue Saison eine normale wird.»