Auf den langjährigen NLA-Leitwolf Josh Holden (39) wartet im Academy-Team eine Herausforderung. Eine solche ist auch sein Einbürgerungsprozess, der mittlerweile in Gang gesetzt ist.
Raphael Biermayr
raphael.biermayr@zugerzeitung.ch
Als Josh Holden sich 2005 hierzulande niederliess, war Paul Di Pietro gerade Schweizer geworden. Ein Jahr später bezwang die Schweizer Nationalmannschaft die Kanadier an den Olympischen Spielen in Turin mit 2:0. Doppeltorschütze gegen sein Geburtsland: der 35-jährige EVZ-Publikumsliebling Di Pietro. Die Geschichte wird sich im kommenden Februar in Südkorea – diesmal mit Holden in der Hauptrolle – nicht wiederholen. Denn als Spieler der zweithöchsten Liga wäre der 39-Jährige ohnehin kein Thema mehr für die Landesauswahl. Vor allem aber hat der Kanadier keinen Schweizer Pass und dürfte diesen auch in einem halben Jahr kaum haben. Immerhin: Holden hat nach Angaben des EVZ Ende Juli das Einbürgerungsgesuch eingereicht, er erfüllt alle Bedingungen dafür.
Josh Holden und der rote Pass, das hat sich in den letzten Jahren zu einem Running Gag entwickelt. Im Zusammenhang mit Vertragsverlängerungen des am längsten angestellten Ausländers der EVZ-Geschichte (seit 2008) kam dieses Thema in den Medien immer wieder auf. Dabei war viel Nicht- oder Halbwissen im Spiel, wie eine Betrachtung zeigt. Der «Blick» glaubte im Herbst 2014 zu wissen, dass Holden wegen zu langer Ferien in Kanada selbst Schuld daran hatte. Der EVZ-Sportchef Reto Kläy sagt gelassen: «Es ist ganz einfach: Der Prozess kann nach dem Gesetz frühestens nach zwölf Jahren überhaupt in Gang gesetzt werden. Das war von Anfang an so.» Das trifft zu, wie eine simple Internetsuche zum Thema «Einbürgerung» offenbart.
Wann Holden das Gesuch einreichen konnte, war jedoch nicht so leicht herauszufinden, sagt Kläy. Es habe «Detailabklärungen» seitens zugezogener Experten bedurft, wie lang genau Holden tatsächlich in der Schweiz gemeldet ist respektive welche Zeit angerechnet werden darf. Denn der NHL-Erstrunden-Draft Holden hatte 2004 beim NLB-Aufsteiger Forward Morges (!) einen Vertrag unterschrieben. Diesen löste er noch vor dem Saisonstart auf und heuerte in Finnlands höchster Liga an. 2005 wechselte er schliesslich nach Fribourg. Doch auch die Trägheit der Schweizer Politikmühlen verzögerten Holdens «ausdrücklichen Wunsch», wie Kläy die Einbürgerung bezeichnet: Im Oktober 2014 beschlossen National- und Ständerat neue Einbürgerungsregeln, die unter anderem die Herabsetzung der Wohndauer von zwölf auf zehn Jahre beinhalten. In Kraft treten diese allerdings nicht «in ungefähr einem Jahr», wie es damals in Medien hiess, sondern erst per 1. Januar 2018. «Josh hatte das damals gelesen und mich gefragt, warum es trotzdem nicht möglich ist, sich um die Einbürgerung zu bewerben», erinnert sich der Sportchef Kläy. «Ich habe es ihm erklärt. Die Gesetze gelten nun mal für jeden, auch für Eishockeyklubs und -spieler.» Weder Verein noch Spieler hätten den Prozess beschleunigen können. Ganz im Gegensatz zum eingangs erwähnten Paul Di Pietro übrigens, der – hoffentlich in erster Linie aus anderen Gründen – eine Schweizerin heiratete.
Die sich hinziehende Einbürgerung Holdens hat auf diese Saison hin Auswirkungen gezeitigt. Als in die Jahre gekommener, aber überdurchschnittlicher Schweizer Center hätte er seinen Fixplatz im National-League-Kader der Zuger behalten. Als in die Jahre gekommener Ausländer ist der vormalige Captain aber ein grosser Unsicherheitsfaktor. Als fünfter Ausländer soll er seine Erfahrung eine Stufe tiefer im Academy-Team einbringen, als «Teil des Coachingstaffs auf dem Eis», als den Kläy ihn sieht. Und Holden soll den Talenten die richtige Einstellung vorleben. «Hockey ist seine Leidenschaft, Josh würde auch bis 50 spielen», schildert Kläy.
Bleibt die Frage, ob dieses innere Feuer vor 200 Zuschauern in der Zuger Academy-Arena oder in Biasca weiter lodert oder aber in dieser Atmosphäre langsam erstickt. «Es ist mental eine grosse Herausforderung, die Zeit braucht, das ist klar», sagt Reto Kläy, «wir sind absolut überzeugt, dass er das meistert. Für Josh ist es auch die Chance, herauszufinden, ob seine Zukunft im Coachingbereich liegt.» Holden sei mit der Organisation stark verbunden. Das hätten die Verhandlungen im vergangenen Frühjahr gezeigt, die «natürlich auch finanzielle Einbussen» mit sich gebracht haben. «Die Gespräche waren zwar nicht immer einfach, verliefen aber stets konstruktiv», blickt Kläy zurück und ist froh über das Ergebnis: «Für Josh und uns war das Ziel, dass er in Zug bleibt – das haben wir geschafft.»
Und gesetzt den Fall, er erhält den Schweizer Pass doch noch vor seinem Rücktritt: Abschreiben sollte man den Kämpfer Holden nie.