Jarkko Immonen wird vom EV Zug als «Weltklasse-Center» angekündigt. Aber ist der Finne schnell genug für die NLA?
Nicola Berger
Im EV Zug scheint man überzeugt, mit Jarkko Immonen (33) das grosse Los gezogen zu haben. Früh kristallisierte sich der finnische Zwei-Weg-Center als Wunschspieler der sportlichen Führung um Sportchef Reto Kläy und Trainer Harold Kreis heraus; bereits im März kam es zum Vertragsabschluss. Bis 2017 banden die Zuger Immonen – und opferten für ihn den US-Amerikaner Robbie Earl (28), letzte Saison immerhin siebtbester NLA-Skorer. Auf der eigenen Website schreibt der Klub: «Der EVZ hat einen Weltklasse-Center verpflichtet.»
Das sind grosse Worte, aber angesichts des illustren Palmarès des Mittelstürmers kommt man um das «Weltklasse»-Prädikat kaum herum. Immonen war NHL-Profi, Weltmeister und WM-Topskorer 2011, finnischer Meister 2009, KHL-Champion 2010 – und im gleichen Jahr gewann er die erste von zwei Olympia-Bronzemedaillen.
Immonen also ist hoch dekoriert, aber wie viel sind diese Erfolge heute noch wert? Und taugt er zur Attraktion in der NLA? Einer, der diese Frage beantworten kann, ist Doug Shedden (54). Der Kanadier, bis 2014 Trainer beim EVZ, kennt Immonen aus seiner Zeit als finnischer Nationaltrainer. Er sagt: «Jarkko ist ein sehr kompletter Spieler. Tolle Spielübersicht, stark am Bully.» Das klingt nach Verheissung, aber Shedden schiebt nach: «Er ist nicht der Schnellste. Das ist sein einziges Manko, ansonsten ist er für Zug ein hervorragender Transfer.»
Ausnahmekönner können Schwächen kaschieren, das macht sie so stark. Die Frage ist nur, ob das auch Immonen gelingt, denn die Schweiz gilt als schnellste Liga ausserhalb der NHL. Wer im schlittschuhläuferischen Bereich Defizite aufweist, hat es hierzulande oft schwer.
Jarkko Immonen sitzt auf der Terrasse des Zuger Stadionrestaurants 67 und nippt an einem Mineralwasser. Wie sieht er die Sache mit der Schnelligkeit? Er überlegt kurz und sagt: «Ich weiss, dass das Tempo hierzulande hoch ist. Aber ich traue mir schon zu, damit klarzukommen. Ich habe in den letzten sechs Jahren in der KHL verbracht, auch dort wird schnelles Eishockey gespielt.»
Immonen hätte in Russland bleiben können, es gab Offerten, aber wie sein Sturmpartner bei Torpedo Nischni Nowgorod, Sakari Salminen (neu im HC Fribourg-Gottéron), zog er den Wechsel in die Schweiz vor. Er sagt: «Die KHL ist eine sehr gute Liga. Aber das Leben hat nicht viel zu bieten ausser Eishockey, Essen und Schlafen.»
Er wollte sich verändern, der Familie etwas bieten – zumal er im Oktober zum zweiten Mal Vater wird. Er sagt: «Die Schweiz ist für uns wie ein Paradies. Die Lebensqualität ist enorm hoch, wir fühlten uns auf Anhieb wohl.»
Immonen sagt, die Schweiz und Zug hätten seine Erwartungen bisher übertroffen – und das, obwohl er vor dem Wechsel fleissig Erkundungen eingeholt hat bei Ossi Louhivaara und Juha-Pekka Hytönen, zwei ehemaligen Weggefährten, die heute in Lausanne spielen. Mit Hytönen verbindet Immonen heute zudem eine Geschäftsbeziehung: Gemeinsam mit weiteren finnischen Profis haben sie in diesem Sommer eine Spieleragenten-Firma gegründet; Immonen kann sich vorstellen, nach dem Ende seiner Karriere selber als Berater zu arbeiten.
Noch ist es nicht so weit, vorerst gilt es, mit dem EVZ Erfolge zu feiern. Er sagt: «Ich freue mich auf die Herausforderung.»
Immonen ist im EVZ als Nummer-1-Center eingeplant, er soll im ersten Block mit Pierre-Marc Bouchard und Dario Bürgler für die Musik sorgen. Und beweisen, dass er die Weltklasse auch im Jahr 2015 noch verkörpert.