Beim FC Luzern ist es definitiv vorbei mit der Ruhe. Der Verein trennt sich mit sofortiger Wirkung von seinem zweitbesten Torschützen und finanziell wertvollsten Spieler Mahmoud Kahraba (19).
Beim FC Luzern geht das Theater wieder los. Der verlorene Cup-Halbfinal vom letzten Mittwoch in Basel war der Auslöser, der berühmte Tropfen zu viel, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Nicht der Match selber, den der FCL nach einer ansprechenden Leistung gegen den Serienmeister mit 0:1 verlor, aber die internen Vorkommnisse. Der 19-jährige Ägypter Mahmoud Kahraba wurde in der 80. Minute für Dario Lezcano eingewechselt. Unmittelbar vorher hatte Davide Callà das Siegtor für den FC Basel erzielt. Kahraba versuchte in den verbleibenden 13 Minuten inklusive Nachspielzeit vergeblich, den Ausgleich zu schiessen. Er fiel durch zwei, drei Offensivaktionen auf, aber ein Tor gelang ihm nicht mehr.
Der Frust beim ägyptischen Nationalspieler muss danach gewaltig gewesen sein. Er dürfte vor allem sehr sauer darüber gewesen sein, dass er nicht früher für den paraguayischen Stürmer Lezcano zum Einsatz gekommen war. Auf jeden Fall verweigerte er nach dem Match den üblichen Handschlag mit FCL-Sportchef Alex Frei (34). Zudem soll Kahraba seinen Vorgesetzten in englischer Sprache heftig angeflucht haben.
Gestern an der Medienkonferenz vor dem Heimspiel gegen den FC Basel (Sonntag, 16.00 Uhr, SRF 2) versuchten Carlos Bernegger und Kommunikationschef René Baumann den Journalisten weiszumachen, dass der Entscheid für die Trennung von Kahraba alleine der Trainer getroffen habe. Bernegger meinte zum gewählten Zeitpunkt direkt nach dem Ausscheiden aus dem Cup: «Es war von Kahraba das eine Mal zu viel. Dieser Spieler ist nicht mehr verkraftbar für das Team.»
Die Frage stand im Raum, warum Sportchef Frei nicht anwesend war, um der Öffentlichkeit seinen Standpunkt im «Fall Kahraba» zu erklären. Schliesslich hatte Frei vor knapp acht Monaten grossen Anteil daran, dass der junge Ägypter zum FCL kommen konnte. Wegen des verweigerten Handschlags im Basler St.-Jakob-Park ist Frei sicher auch massgeblich für die Vertragsauflösung mit Kahraba mitverantwortlich.
Übrigens: Der Kontrakt wurde gestern Nachmittag «in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst», wie FCL-Medienchef Baumann am Abend mitteilte.
Verlierer sind beide: Der FC Luzern, der im kommenden Sommer die Option hätte ziehen können, den Stürmer mit ziemlich grossen internationalen Perspektiven definitiv bis 2017 unter Vertrag zu nehmen und Kahraba selber. Er wird jetzt wieder zu seinem Besitzerklub Enppi nach Kairo zurückkehren. Wie Baumann auf Anfrage sagte, habe die FCL-Klubführung ihren Entscheid mit den Investoren nicht vorher besprochen. Bei der Holding dürfte vor allem Investor Samih Sawiris nicht zufrieden sein. Er soll eine Leihsumme von mehreren hunderttausend Franken an den Verein in seiner Heimat für den hoffnungsvollen Angreifer bezahlt haben. Natürlich in der Hoffnung, dass Kahraba dereinst wie sein Landsmann Mohamed Salah (21, Chelsea) mit Millionengewinn an eine europäische Topliga weiterverkauft werden könnte. Daraus wird für den FCL nun sicher nichts. Immerhin schoss Kahraba in seinen 898 Spielminuten für Luzern sieben Tore in 16 Liga-Einsätzen. Er ist damit der zweitbeste Schütze des Teams hinter Dimitar Rangelov (8 Tore). Die meisten Treffer Kahrabas waren wertvoll: In vier Partien schoss er das siegsichernde Tor und einmal jenes Tor zum Unentschieden.
Obwohl der Abgang des Stürmers für Bernegger sportlich schmerzhaft ist, hat er eine dezidierte Meinung über Kahraba: «Er nahm sich wichtiger als 113 Jahre Vereinsgeschichte. Das kann ich nicht akzeptieren.» Der FCL-Trainer wiederholte die Begründung der Vereinsleitung, Kahraba sei immer wieder durch Disziplinlosigkeiten und mehrfaches Fehlverhalten gegenüber seiner Person, Teamkollegen und Vorgesetzten aufgefallen. «Wir versuchten ihn zu integrieren, haben ihn begleitet, aber Teamdisziplin und Teamgeist waren nicht seine Sache. Er war nicht in der Lage, sich dem Kollektiv unterzuordnen.» Im Gegenteil: Kahraba habe sich öfters demonstrativ ausfallend gegen die Anweisungen verhalten.
Eine Versetzung in die U-21-Mannschaft ist für Bernegger nicht in Frage gekommen. «Weil diese Art Spieler die Nachwuchsleute wie Dreck behandeln würde.»
Bernegger warnt seine Mannschaft, deren Einstellung nicht immer die beste ist: «Das ist auch ein Signal an die anderen Spieler.»