Heile Welt beim FC Luzern: Gegen Sion gewinnen die Luzerner diskussionslos mit 2:0. Die Stimmung beim letzten Heimspiel ist so gut wie schon lange nicht mehr.
Was will man als junger Fussballer mehr? Haxhi Neziraj steht keine Minute auf dem Platz, da darf er schon zum ersten Mal jubeln. In der 84. Minute schiesst Daniel Gygax seinen zweiten Treffer an diesem Mittwochabend, der für den FC Luzern nicht besser hätte laufen können. "Das war ein perfekter Einstand, doch für mich ist das alles noch ungewohnt", sagt der 20-jährige Neziraj.
Kein Wunder: Neziraj hat erst am Montag einen Profivertrag unterzeichnet und kommt gestern Mittwoch zu seinem Debüt in der Super League. Bis auf einen Schuss, der von einem Walliser geblockt wird, kann er zwar keine Akzente setzen. Doch das Erlebnis, sich nach dem Spiel von den Fans feiern zu lassen, ist unbezahlbar: "Sie machen die beste Stimmung", sagt der noch unsicher wirkende Neziraj. Im ersten Interview als Profi geht er sogleich auf Schmusekurs mit den FCL-Fans.
Der Mann des Spiels ist aber ohne Zweifel Daniel Gygax. Der 31-Jährige schiesst gegen Sion, jeweils nach herrlicher Vorarbeit Adrian Winters, seine Saisontore sechs und sieben und zahlt das Vertrauen seinem Trainer, der erneut auf ihn als einzige Sturmspitze setzt, eindrucksvoll zurück. "Nach dem katastrophalen Spiel gegen Lausanne wollten wir uns anständig von unseren Fans verabschieden", sagt der Doppeltorschütze, ohne zu vergessen, dass auch gegen Sion nicht alles perfekt gelaufen ist.
Denn dass der FCL bis kurz vor Schluss nur mit einem Treffer in Front liegt, müssen sich die Luzerner selbst zuschreiben. Zur Pause hätten sie gut und gerne mit vier Toren Vorsprung führen dürfen, doch zwei Mal Gygax und vor allem Hyka vergaben aus aussichtsreichen Positionen. "Das 1:0 gab uns Sicherheit", sagt Gygax. Zweifel am Sieg gibt es trotz der knappen Führung nie. Zu harmlos, zu verunsichert wirken die Gäste aus dem Wallis, die zum fünften Mal in Serie ohne Punkt und Torerfolg bleiben. Das Schussverhältnis von 17 zu 6 zugunsten der Luzerner spricht Bände. Der FCL ist über die gesamte Spieldauer die bessere Mannschaft und hat den Gegner vollkommen im Griff. Das freut vor allem Trainer Carlos Bernegger: "Die Art und Weise, wie wir heute aufgetreten sind, hat mir sehr gefallen. Wir haben die Wege gesucht, haben den Ball zirkulieren lassen und den Gegner neutralisiert. Schön, können wir uns so von unserem Publikum verabschieden", sagt er nach seinem fünften Sieg.
So darf sich nach dem Spiel nicht nur Matchwinner Gygax, sondern die komplette Mannschaft von den Fans feiern lassen. Kurz vor Schluss erhält die Mannschaft Standing Ovations von den über 11000 Zuschauern. Einzig die rund 50 mitgereisten Sion-Fans haben keinen Grund zum Lachen. Der Applaus gilt auch Goalie David Zibung, bei dessen Ballkontakte zuvor jeweils ein Raunen durchs Stadion ging. Der Schlussmann gibt die richtige Antwort auf seine Patzer gegen Lausanne. Dank der schwachen Offensive der Gäste hat er zwar nur wenig zu tun, doch er pariert alle Schüsse sicher, pflückt alle Flanken aus der Luft und strahlt eine Sicherheit aus, die man sich von einem Goalie in jedem Spiel wünschen würde. "Schön, konnten wir zu null spielen", ist sein Kommentar zum neunten Saisonsieg.
All die Niederlagen in dieser Saison, die drei Trainerwechsel und Diskussionen rund um den Verein sind an diesem Mittwochabend weit weg. Es herrscht eine heile Welt in der Swissporarena. Mit einem Sieg am Samstag (20.30 Uhr, Stade de Genève) bei Absteiger Servette könnte der FCL in der Tabelle gar noch zu den Young Boys aufschliessen. Es wäre ein perfekter Abschluss einer Saison, die man möglichst schnell abhaken und vergessen will.
Jonas von Flüe