Ridge Munsy (26) hat in Thun seine Torgefähr- lichkeit wieder gefunden. Morgen (20.00) tritt er mit Thun bei seinem Ex-Klub FCL an. Munsy erzählt vom langen Weg zurück in die Super League.
interview Daniel wyrsch, thun
Ridge Munsy, Sie sind in den letzten vier Spielen für den FC Thun als Goalgetter aufgefallen. Je ein Tor erzielten Sie bei den Siegen über Zürich, Lugano und GC, zuletzt bei der äusserst unglücklichen Heimniederlage gegen St. Gallen schossen Sie zweimal an den Pfosten. Kann man sagen, Sie sind in einer Prachtsform?
Ridge Munsy: Es läuft mir wirklich sehr gut, ich bin in Form. Bei dem Fussball, den unser neuer Trainer Jeff Saibene spielen lässt, kann ich meine Qualitäten einbringen. Das Spiel in die Tiefe kommt meiner Schnelligkeit entgegen. Bei den vielen Komplimenten, die ich erhalten habe, darf ich selber feststellen, dass die eine oder andere fussballerische Qualität bei mir tatsächlich vorhanden ist.
Nachdem Sie im Januar vom viertklassigen SC Kriens zum FC Thun gewechselt hatten, blieben Sie in der Rückrunde ohne persönlichen Torerfolg. Zweifelten Sie damals an sich?
Munsy: Nein, nicht wirklich. Auch der damalige Trainer Urs Fischer hatte mir sehr viel Vertrauen geschenkt. In meinem ersten Halbjahr nach acht Jahren Absenz in der Super League hatte ich damit gerechnet, dass ich nur langsam Fuss fassen würde. Immerhin durfte ich in der letzten Rückrunde dreimal von Anfang an spielen. Dass es so schnell geht, hatte ich nicht für möglich gehalten. Natürlich hätte ich gerne schon früher das erste Tor geschossen, doch umso glücklicher bin ich jetzt, dass es geklappt hat und es in Richtung Kontinuität geht. Gross gezweifelt habe ich eigentlich nie, weil die Leute vom Staff mich immer unterstützten.
Für Kriens schossen Sie in 14 Spielen 21 Tore, ehe Thun auf Sie aufmerksam wurde. Offenbar haben die Berner Oberländer die Scouts, um solche Rohdiamanten wie Sie aufzuspüren.
Munsy: Für mich fühlt es sich noch heute wie ein Märchen an. Denn mit einem Angebot aus der Super League hätte ich nicht gerechnet. Von der vierthöchsten Liga in die oberste Spielklasse zu wechseln, das gelingt nicht jedem Fussballer. Nach einer Woche im Probetraining signalisierten mir Urs Fischer und Sportchef Andres Gerber, dass sie mich hierbehalten wollten. Dem FC Thun bin ich für diese Chance ewig dankbar.
Sie sind Innerschweizer, in Küssnacht aufgewachsen. Hatten Sie insgeheim auf eine zweite Chance beim FC Luzern gehofft – liegen doch zwischen dem Krienser Kleinfeld und der Swissporarena weniger als zwei Kilometer?
Munsy: Der FCL hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Schneuwly und Lezcano in seinen Reihen. Ich denke, die damaligen Verantwortlichen hielten es nicht für nötig, einen zusätzlichen Stürmer zu holen. Von meinen zahlreichen Toren für den SCK haben sie beim FCL wahrscheinlich schon etwas mitbekommen.
Wie wichtig war für Sie der Trainerwechsel bei Thun von Ciriaco Sforza zu Jeff Saibene?
Munsy: Ciri Sforza versuchte seine Arbeit so gut wie möglich zu machen. In der Europa League sah es gut aus, wir kassierten keine unnötigen Niederlagen. Er hatte seine Ideen, und ich spielte darin keine primäre Rolle. Bei Jeff Saibene passt das System wie gesagt zu meiner Spielart. Wir helfen uns gegenseitig. Er schenkt mir Vertrauen, und ich kann ihm dieses mit meinen Fähigkeiten zurückzahlen.
In Thun sind Sie von den Fans wegen Ihrer Schnelligkeit sofort ins Herz geschlossen worden. Was gibt Ihnen dieser aussergewöhnliche Support persönlich?
Munsy: Kraft. Das habe ich selber noch nie erlebt, eine solche Unterstützung zu bekommen. Ich versuche, so bescheiden wie möglich zu bleiben und die ganze Energie in positive Leistungen und wenn möglich in Tore umzusetzen.
Sie haben sich ein silbernes Kreuz umgehängt. Sind Sie gläubig?
Munsy: Ja. Vor allem danke ich Gott, dass ich es geschafft habe, von der 1. Liga Classic zurück in die Super League aufzusteigen. Ich hatte schwere Zeiten hinter mir, stieg mit Yverdon ab und mit Kriens sogar zweimal. Ich war nahe daran, mit dem Fussballspielen aufzuhören. Ich ernte nun, wofür ich gebetet habe. Der Glaube gibt mir am meisten Kraft.
Sehr wichtig scheinen für Sie auch Ihre aus der Demokratischen Republik Kongo stammenden Eltern zu sein. Stimmt es, dass der Vater Sie besonders stark unterstützt?
Munsy: Mein Vater hat mir schon früher oft geholfen. Unter anderem konnte ich in Küssnacht, wo er die gesamten 35 Jahre arbeitet, seit er in der Schweiz ist, als Junior-Spengler einsteigen. Später konnte ich sogar im 80-Prozent-Pensum dort arbeiten und nebenbei eine Handelsschule besuchen. Im März schloss ich diese mit dem Diplom ab. Das ist mein zweites Standbein. Für meine sportliche Karriere und jene meiner beiden Schwestern, die damals Basketball spielten, zogen die Eltern einst extra nach Neuenkirch in die Umgebung von Luzern. Mein Vater ruft mich heute noch täglich an, er fragt, wie es im Training war und wie es mir geht. Das gibt mir einen unheimlichen Fokus auf meinen Job als Profifussballer.
Was macht der FC Thun anders als andere Klubs?
Munsy: Der FC Thun ist ein sehr familiär geführter Verein. Der Staff, die Mannschaft, die Angestellten und die Fans sind sehr nahe beieinander. Ich kann mich sehr gut mit dem FC Thun identifizieren. Ich schätze es besonders, dass ich mich auf die Leute hier verlassen kann. Sie geben mir sehr viel, erwarten dafür selbstverständlich gute Leistungen. Das Mindeste, was ich zurückgeben kann, ist, in jedem Match 100 Prozent Einsatz zu geben.
Mit einem Sieg in Luzern könnte Thun in der Tabelle zum FCL aufschliessen.
Munsy: Wir wollen in Luzern drei Punkte holen. Ziel ist es, dem FCL das Heimspiel gründlich zu vermasseln. Mein Vater und Kollegen werden im Stadion sein, darum wird es auch für mich eine Art Heimspiel sein.