Das Glanzresultat ist Gianni Infantino gewiss. Bei der Präsidentenwahl am Mittwoch am Fifa-Kongress in Paris darf der 49-Jährige mit einer Zustimmungsrate rechnen, wie sie nur in autokratisch geführten Ländern üblich ist. Oder in Sportverbänden. Die (Fussball-)Welt steht hinter ihm.
Beissende Kritik muss sich der Walliser italienischer Herkunft nur noch aus dem deutschsprachigen Raum anhören. Die europäischen Verbandsfunktionäre ballen höchstens ab und zu die Faust im Sack. Zu gross sind ihre Befürchtungen, bei offenem Widerstand vom Machtzentrum des internationalen Fussballs abgeschnitten zu werden. Denn Infantino hat seinen Laden im Griff. «Er ist der uneingeschränkt starke Mann bei der Fifa», sagt ein Insider.
Drei Jahre «Fifa-Präsident Infantino» sind Geschichte, mindestens vier weitere Jahre folgen. Der Mann polarisiert, bewegt sich je nach Blickwinkel zwischen einem selbstlosen Reformer und einem kaltblütigen Egomanen. Doch selbst die grössten Kritiker zollen Gianni Infantino Respekt. Er hat die Fifa stabilisiert, viele seiner Projekte durchgeboxt.
Als Grüss-Gott-Onkel, auf den Reformkreise die Funktion des Fifa-Präsidenten in der Nach-Blatter-Ära reduzieren wollten, taugt Infantino zweifellos nicht. Er ist der Front Runner, trifft sich mit den Mächtigen der Welt, bestimmt Takt und Agenda der Fifa. «Er ist der Chef», fasst es ein Mitarbeiter zusammen. Hat sich der Jurist eine Idee in den Kopf gesetzt, dann verfolgt er sie äusserst zielbewusst. «Bisweilen auch ziemlich beratungsresistent», sagt ein Weggefährte. Dass sich Infantino auf seinen Reisen oft im Dunstkreis von Herrschern mit wenig Demokratieverständnis, etwa aus Russland, China oder dem arabischen Raum, aufhält, will ihm niemand vorwerfen. «Er bewegt sich wie andere Sportführer dort, wo das Geld sitzt», sagt ein Kenner.
Gianni Infantino selbst bezeichnet die Verbandsfinanzen mit einer Reserve von 2,75 Milliarden Dollar als so stark und transparent wie nie zuvor.
Vertraute sagen, er habe in der Fifa aufgeräumt, das alte System nachhaltig verändert, pflege einen offenen Dialog und stütze sich oft auf die Expertise von Fachleuten. Nicht alle teilen die wohlwollende Einschätzung. «Auf dem Papier ist die Fifa tatsächlich exzellent aufgestellt», sagt ein Insider und lacht. Gelebt werde diese Good Governance aber nicht.
Bestes Beispiel sind die Aufsichtsgremien wie die Audit- oder die Ethikkommission, welche durch «maximale Intransparenz» glänzten. Infantino kontrolliere auch deren Kommunikation. Tatsächlich müsste die Ethikkommission zurzeit eine Voruntersuchung gegen Infantino führen, weil dieser den Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold mit «privaten» Geschenken fütterte, was nach Ethikcode der Fifa nicht zulässig ist.