Gegen EM-Gastgeber England wollen sich die Schweizerinnen nach der Schmach gegen Deutschland rehabilitieren. Dabei hoffen sie auch auf Captain Lia Wälti.
Eine Schmach war es, dieses 0:7 in Erfurt. Deutschland hatte vergangenen Freitag das Schweizer Team in seine Einzelteile zerlegt und ihm vor der Europameisterschaft die Grenzen aufgezeigt. Vor dem abschliessenden Testspiel gegen England im Zürcher Letzigrund ist diese Schmach noch präsent. Denn mit EM-Gastgeber England wartet ein Gegner, der noch stärker einzuschätzen ist als Deutschland.
Und so erwartet Nationaltrainer Nils Nielsen dringend «eine Leistungssteigerung in allen Bereichen». Nochmals ein solcher Auftritt wie zuletzt in Deutschland, das könne sich das Team nicht erlauben. «Wenn es gegen England wieder so aussieht, dann müssen wir uns auf jeder Ebene hinterfragen. Denn in Deutschland lief alles schief, was schief gehen konnte.» Nicht nur das Resultat sei eine Katastrophe gewesen, sondern auch der Auftritt an sich. «Ja, Deutschland war gut. Aber wir waren wirklich schlecht. Ich erwarte nicht, dass wir gegen England siegen, aber eine grosse Leistungssteigerung ist nötig.»
Nielsen hat durchaus Grund zum Optimismus – für das Spiel gegen England und für die EM. Denn seine Schlüsselspielerin hatte die Reise nach Erfurt aufgrund von Schmerzen im rechten Oberschenkel nicht angetreten: Captain Lia Wälti. Die defensive Mittelfeldspielerin ist der Kopf des Teams. Jeder Spielaufbau, jeder Angriff läuft über Wälti.
Die Langnauerin bestimmt den Rhythmus, spielerisch überragt sie einige Mitspielerinnen deutlich. Und sie ist die Kommunikatorin auf dem Platz. «Mit Lia haben wir unseren Alphapuma zurück», sagt Nielsen. Zwar ist die Spielerin von Arsenal noch nicht bei 100 Prozent, gegen England könnte es dennoch zu einem Einsatz reichen. Zudem soll die EM selber für Wälti nicht in Gefahr sein.
Nielsen schwärmt: «Lia ist nicht nur als Spielerin aussergewöhnlich, sondern auch als Kommunikatorin. Kommt sie in das Team zurück, dann kann sie mit ihren Fähigkeiten helfen.» Der Nationaltrainer hat in seinem Team in der Kommunikation Schwächen ausgemacht, Wälti sei eine Ausnahme. «In der Schweiz wird viel abgekürzt, manchmal sind die Anweisungen nicht so präzise. Doch Lia kommuniziert klar.»
Auch Mittelfeldspielerin Sandy Maendly hat Wälti gegen Deutschland vermisst: «Ihre ruhige Art fehlte. Wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen, kann sie mit ihrer Art und Spielweise für Ruhe sorgen.» Neben der Rückkehr Wältis fällt negativ ins Gewicht, dass Torhüterin Gaëlle Thalmann nach einem Kopfstoss im Training passen muss. Somit erhält Seraina Friedli gegen England ihre Chance.
Maendly erwartet dennoch eine Reaktion: «Gegen England wollen wir ein anderes Gesicht zeigen.» Sie möchte mit ihren Teamkolleginnen neun Tage vor dem ersten EM-Gruppenspiel gegen Portugal Werbung machen. «Ich hoffe, jene Leute, die morgen ins Stadion kommen, werden bei der EM vor dem TV sitzen und uns unterstützen», so Maendly.
Der Letzigrund wird gut gefüllt. Für die Partie wurden schon über 11100 Tickets verkauft, was einem neuen Rekord für ein Heimspiel des Nationalteams gleichkommt. Im April waren gegen Italien in Thun noch 6281 Menschen im Stadion.