FUSSBALL: Freuler und die griechische Göttin

Atalanta Bergamo kämpft in der Serie A überraschend um die Plätze im internationalen Geschäft. Beteiligt am Höhenflug ist mit Remo Freuler (24) auch ein ehemaliger Spieler des FC Luzern.

Lukas Plaschy, Rom
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Remo Freuler (links) gegen Fabio Quagilarella (Sampdoria). (Bild: Marco Luzziani/Getty (Bergamo, 22. Januar 2017))

Remo Freuler (links) gegen Fabio Quagilarella (Sampdoria). (Bild: Marco Luzziani/Getty (Bergamo, 22. Januar 2017))

Lukas Plaschy, Rom

sport@luzernerzeitung.ch

Remo Freuler ist in der Serie A angekommen. Respekt vor grossen Namen kennt der ehemalige Luzerner nicht. Auch nicht am vergangenen Sonntag beim Heimspiel seines Clubs Atalanta Ber­gamo gegen Sampdoria Genua. Bergamo gewann das Spiel mit 1:0 und liegt nun auf dem sechsten Tabellenplatz in der Serie A. Es steht jetzt schon fest: Atalanta ist die Überraschungsmannschaft der Saison.

Remo Freuler spielt im 3-4-3-System im zentralen Mittelfeld eine entscheidende Rolle beim wichtigen Sieg. Schon eine Woche zuvor, im Duell gegen Lazio Rom, hatte Freuler trotz der 2:1-Niederlage gute Kritiken erhalten. Gegen seinen direkten Gegenspieler Lucas Biglia gewann er fast jeden Zweikampf. Dabei ist Lazios Captain immerhin Vizeweltmeister und erfahrener Nationalspieler Argentiniens. Bergamos Führungstreffer bereitete Freuler mit einem mustergültigen Pass zu Mittelstürmer Andrea Petagna vor.

Grösste Talentschmiede des Landes

«Anfang Saison war unser Ziel der Klassenerhalt. Aber nach der tollen Hinrunde wollen wir nächstes Jahr europäisch spielen», gibt Freuler die neue Marschrichtung bekannt. Für viele überraschend war der 24-jährige gebürtige Glarner vor einem Jahr für 1,5 Millionen Euro vom FC Luzern in die Lombardei gewechselt. «La dea», die Göttin, nennen die Tifosi ihr Team, weil mit der «Atalante» eine Figur aus der griechischen Mythologie das Vereinswappen ziert. 1907 gegründet und mit einem italienischen Cupsieg 1963 als einzige nennenswerte Trophäe, gilt Atalanta heute als ein klassischer Ausbildungsklub.

Antonio Cabrini und Gaetano Scirea, Roberto Donadoni, Riccardo Montolivo oder Simone Zaza machten hier ihre ersten Schritte als Profi. Im aktuellen Kader figurieren mit Andrea Conti, Mattia Caldara und Alberto Grassi drei im Verein ausgebildete italienische U-21-Nationalspieler. Ein weiterer, Roberto Gagliardini, wechselte vor zwei Wochen zu Inter Mailand. Mit dem 20-jährigen Frank Kessié, der eben erst mit der Elfenbeinküste am Afrika-Cup ausgeschieden ist, steht der nächste Millionentransfer bereit.

In der vergangenen Saison unter Trainer Edy Reja kam Freuler nur gerade sechsmal zum Einsatz. Der neue Coach, Gian Piero Gasperini, beförderte den «Svizzero» zum Spielmacher in seinem 3-4-3-System. Der Rechtsfuss wurde in 16 von 20 Meis- terschaftsspielen eingesetzt, erzielte dabei zwei Tore und gab drei Vorlagen. «Ich spüre das Vertrauen des Trainers. Er redet unter der Woche viel mit mir», sagt Freuler über Gasperini.

Der aus dem Piemont stammende 59-jährige Gasperini war jahrelang Juniorentrainer bei Juventus Turin, bevor er 2006 den FC Genoa in die Serie A führte und 2009 gar in die Europa League. Ein Engagement bei Inter Mailand im Jahre 2011 endete allerdings nach nur gerade drei Monaten und vier Niederlagen aus fünf Spielen. Für Freuler unverständlich: «Gasperini ist ein grossartiger Trainer, der auch alle Übungseinheiten selber leitet. Ich kann nicht verstehen, dass er in Mailand keinen Erfolg hatte.» Freuler behagt die offensive Ausrichtung Atalantas. «Diese Spielweise kommt meinen Qualitäten entgegen. Mir gefällt, dass wir den Ball halten wollen. Sicher liegen meine Stärken auch im läuferischen Bereich, aber mit dem Ball laufen oder ihm hinterherrennen ist schon nicht dasselbe.»

Ist Freuler auf Petkovics Radar?

Nach über 20 Einsätzen in den Juniorennationalmannschaften wurde Freuler im letzten Herbst für das WM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer von Vladimir Petkovic auch erstmals für das A-Team nominiert. Dort spielte die Schweiz ausgerechnet an seiner alten Wirkungsstätte in der Swissporarena in Luzern – Freuler blieb dabei jedoch ohne Einsatz.

Dennoch machte das Spiel Lust auf mehr. «Natürlich hoffe ich auf weitere Aufgebote», sagt Freuler. Könnte es ein Vorteil sein, dass der Schweizer Nationaltrainer die Serie A aus seiner Zeit bei Lazio gut kennt? «Ich hoffe es», sagt Freuler schmunzelnd. «Ich muss hier bei Bergamo einfach weiter meine Leistung bringen. Dann kommt der Rest von selbst.» Zuerst erwarten ihn und die Göttin aber weitere Herkulesaufgaben auf dem Weg in den Fussball-Olymp.