Die Blutkörperchen des Nationalgoalies

Heute tritt Goalie Danijel Subasic mit Kroatien gegen England an. Trotz Kampfgeist und starkem Einsatz findet sich der 33-Jährige in seiner Heimat in einer speziellen «Integrations»-Debatte wieder.

Sasa Rasic
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Danijel Subasic hält einen Penalty des Russen Fyodor Smolov. (Bild: Alexander Zemlianichenko (Sotschi, 7. Juli 2018))

Danijel Subasic hält einen Penalty des Russen Fyodor Smolov. (Bild: Alexander Zemlianichenko (Sotschi, 7. Juli 2018))

Beim Verlängerungs- und Penalty-Krimi im Viertelfinal gegen Russland ist Kroatiens Goalie Danijel Subasic mit Durchhaltewille aufgefallen. Gegen Schluss der Partie landet der 33-Jährige nach einem Sprung unglücklich und hält sich am Oberschenkel. Bange Minuten für die Kroaten, die sehen, wie ihr Mann im Tor mit Schmerzen im Gesicht weiterspielt. Der Fernsehkommentator spricht neckisch von einem «halben» Torwart.

Doch der Ersatzgoalie wird nicht zum Einsatz kommen. Subasic spielt weiter und bringt Kroatien mit seinen Paraden in den Halbfinal gegen England. Doch der Spieler von Monaco und damit Konkurrent von Diego Benaglio findet sich nicht nur im Zentrum des Jubels, sondern – zutiefst widerwillig – in einer teilweise bizarr anmutenden «Integrations»-Debatte wieder.

«Weil ein Serbe die Heimat verteidigt hat»

So nutzte der kroatische Schriftsteller Ante Tomic den Sieg gegen Russland, um in seiner Zeitungskolumne ein bisschen zu provozieren. Dort schrieb er, dass in Kroatien nach dem Match vom konservativen Politiker bis zum Faschisten «alle vor Glück geschrien haben, weil ein Serbe die Heimat verteidigt hat». Der Autor weist auf die teilweise immer noch verbreitete Skepsis gegenüber der serbischen Minderheit hin, die rund 4,4 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Zu frisch scheinen manchen wohl noch die Wunden aus den Balkankriegen der 90er-Jahre. Tomic berichtet weiter darüber, was Subasics Ehefrau erdulden musste, als sie ihrem Vater die Ethnie ihres Auserwählten beichtete. Das Gespräch endete in Drohungen und einem Besuch der Polizei.

Subasic selbst würde wohl lieber die restlichen WM-Torschüsse mit dem Gesicht abwehren, als weiter darüber reden. Unablässig betont er, dass er Kroate ist, in einer katholischen Kirche getauft wurde. Stein des Anstosses ist jedoch der serbisch-orthodoxe Glaube seines Vaters. Und so etwas wie einen orthodoxen Kroaten – da sind sich Nationalisten beider Seiten einig – kann es nicht geben. Für sie gibt es nur ein «Entweder-oder». Und so teilt sich die Debatte einerseits in Forderungen, dass man doch mit dem «Zählen von Blutkörperchen» aufhören sollte und andererseits in detektivischen Videoanalysen, ob Subasic sich vor dem Penalty jetzt auf katholische oder orthodoxe Art bekreuzigt hat.