FUSSBALLMÄRCHEN: Nicht mehr nur «Fils de»

Enzo Zidane, der älteste der vier Söhne des Welt- und Europameisters Zinédine, spielt seit kurzem bei Lausanne-Sport, wo vieles im Aufbruch ist.

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Fussballer Enzo Zidane (22). (Bild: Jean-Christophe Bott/ Keystone)

Fussballer Enzo Zidane (22). (Bild: Jean-Christophe Bott/ Keystone)

Die Last des grossen Namens. So mancher ist daran zerbrochen. Im Fussball zumal. Die Zeichen jedenfalls scheinen denkbar schlecht zu stehen, dass Enzo Zidane, Spross des früheren französischen Offensivkünstlers Zinédine Zidane, trotz bemerkenswerter Anlagen reüssiert.

Doch das ist erstens pessimistisch. Und zweitens graue Theorie. Tatsache ist, dass der 22-jährige Enzo, immerhin bereits zweifacher U19-Nationalspieler der Equipe tricolore, einen möglicherweise intelligenten Wechsel von Spanien – wo sein Vater als Trainer bei den Königlichen von Real Madrid tätig ist – in die Schweiz vollzogen hat. Es ist zwar nicht die erste Adresse, die sich Zidane junior ausgesucht hat, doch zum einen ist Lausanne-Sport bekannt für seine gute Nachwuchsarbeit. Und zum andern trainiert am Lac Léman mit Fabio Celestini ein ehemaliger Spitzenfussballer mit Spanien-Vergangenheit. Zudem: Celestini war in seiner Zeit bei Getafe Nachbar der Zidanes. Das hat sicher geholfen – aber auch, dass Enzo, der nicht mit seinem berühmten Familiennamen auf dem Dress auflaufen wird, in Alaves, wohin er ausgeliehen worden war, kaum zum Einsatz kam. Also erinnerte sich der ehemalige Schweizer Internationale an den Zidane-Filius und begeisterte ihn für einen Wechsel in die Romandie. «Was mir an Enzo gefällt, ist seine fantastische erste Ballberührung, seine Fähigkeit, das Spiel einer Mannschaft zu machen und unmögliche Zuspiele zu erfinden», sagt Celestini in «Le Temps» über seinen Neuzugang. Und Enzo, der mit der Nummer 21 auflaufen wird? Er gibt zu, es sei zuletzt nicht so gut gelaufen und er deshalb sofort interessiert gewesen, als er mit Celestini sprach. «Ich wollte Teil dieses Projekts sein und bin nun sehr zufrieden», hauchte der scheue Zidane letzte Woche mit noch immer unverkenn­barem Marseille-Akzent in die Mikrofone der Journalisten.

Es ist nicht die einzige Gemeinsamkeit, die er mit seinem berühmten Vater teilt: Auch Enzo ist ein zentraler Mittelfeldspieler, auch er ist ein «Créateur», auch er ist mit dem Gardemass von 1,85 Metern physisch robust wie der ehemalige Welt- und Europameister. Die Chancen, als bisheriger «Fils de» aus dem Schatten des Vaters zu treten, sind übrigens intakt. So wie Enzo sind auch «Les bleu et blanc» im Aufbruch. «Lausanne-Sport dépasse le stade des voeux», titelte «Le Temps» doppelsinnig. In der Tat: Es geht einerseits um den absehbaren Umzug vom altehrwürdigen Stade Olympique de la Pontaise ins neue Stade de la Tuilière, zum andern um die handfesten Pläne des in der Waadt angesiedelten Petrochemie-Riesen Ineos, der den Fussball in Lausanne wieder so gross machen will, wie er einst war. Damals, vor dem Konkurs 2003, als Lausanne-Sport noch Lausanne-Sports war. Damals, als die siebenfachen Schweizer Meister und neunfachen Cupsieger «Könige der Nacht» geheissen wurden. Damals, als Namen wie «King» Richard Dürr, Erich Burgener und Stéphane Chapuisat vom Stadionsprecher aus­gerufen wurden. Oder auch Fabio Celestini. Enzo Zidane würde sich da gut einreihen.

Balz Bruder