HANDBALL: Euphorie im Keim erstickt: Schweiz verliert gegen Bosnien-Herzegowina

Die Nationalmannschaft verliert in der WM-Qualifikation das Heimspiel gegen Bosnien-Herzegowina 21:24. Dem jungen Team fehlt in der Schlussphase die Abgezocktheit.

Ives Bruggmann, St. Gallen
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Der Schweizer Regisseur Lukas von Deschwanden (am Ball) erzielte fünf Treffer aus elf Versuchen. (Bild: Michel Canonica (St. Gallen, 10. Januar 2018))

Der Schweizer Regisseur Lukas von Deschwanden (am Ball) erzielte fünf Treffer aus elf Versuchen. (Bild: Michel Canonica (St. Gallen, 10. Januar 2018))

Ives Bruggmann, St. Gallen

Mehr als eine Viertelstunde lang erzielten die Schweizer Handballer ab der 40. Minute keinen Treffer. Die Gastgeber wirkten in der Vorwärtsbewegung blockiert, scheiterten ein ums andere Mal am in dieser Phase überragenden bosnischen Goalie Benjamin Buric. Statt 18:16 hiess es auf einmal 18:21. Zwar kamen die Schweizer durch Marvin Lier und Luka Maros nochmals auf 20:22 heran, doch die Bosnier entschieden das Spiel in der 58. Minute durch das 23:20 endgültig.

Die Enttäuschung der Schweizer war nach dem Spiel riesig. «Ja, natürlich. Wir haben uns seit langem auf dieses Spiel vorbereitet», sagte Trainer Michael Suter nach dem Spiel. Der Plan habe eigentlich gestimmt. Doch die Schweizer liessen sich durch die aufgeheizte Atmosphäre in der Kreuzbleiche beeindrucken. Viele lautstarke bosnische Anhänger behielten gegen das zaghafte Schweizer Publikum die Überhand.

«Die Spieler müssen das aushalten»

In der entscheidenden Phase wirkte das Schweizer Team gehemmt. «Es war für viele das erste Mal, dass sie vor solch einer Atmosphäre spielten», sagte Suter, schickte aber gleich nach: «Spieler, die sich international behaupten wollen, müssen das aushalten.» Seine Spieler hätten den Mut, das Tempo und die Übersicht in der Offensive verloren, bedauerte Suter. Gleichzeitig nahm der Druck der Bosnier zu. Aber die Hintermannschaft stand über das ganze Spiel hindurch stabil. «Die Verteidigung und auch Goalie Nikola Portner ­haben sehr gute Leistungen gezeigt», sagte Suter.

Steigt höher als alle anderen: Lucas Meister. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
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Enttäuschung bei den Schweizer Spieler nach Spielschluss. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
Lukas von Deschwanden (rechts) bezwingt den bosnischen Torhüter Benjamin Buric mit einem satten Schuss. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)
Vor dem Spiel singen die Schweizer Handballer die Nationalhymne. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
Diesen Moment muss man festhalten. (Bild: Michel Canonica / St. Galler Tagblatt)
Bosnische Supporter sorgen für Stimmung. (Bild: Michel Canonica / St. Galler Tagblatt)
An Unterstützung mangelte es in der St. Galler Kreuzbleiche nicht. (Bild: Michel Canonica / St. Galler Tagblatt)
Jubel bei den Schweizer Ersatzspielern auf der Bank nach einem Tor. (Bild: Michel Canonica / St. Galler Tagblatt)
Die Enttäuschung ist Trainer Michael Suter nach dem Spiel anzusehen. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
Der Urner Lukas von Deschwanden spielt einen Pass. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
Kampf um den Ball. Mittendrin der Schweizer Luka Maros. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)
Lukas von Deschwanden, der Urner in Diensten der Schweizer Nati, setzt sich gegen den Bosnier Marko Panic durch. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)
Setzt sich gegen die bosnische Abwehr durch: Lucas Meister. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)
Enttäuschung auf der Schweizer Bank (von links): Maximilian Gerbl, Lenny Rubin, Samuel Röthlisberger und Marvin Lier. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)
Der Schweizer Dimitrij Küttel (rechts) wird vom Bosnier Alen Ovcina zurückgehalten. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)
Der Schweizer Lenny Rubin (rechts) wird von Marin Vegar zurückgehalten. (Bild: Marc Schumacher / Freshfocus)

Steigt höher als alle anderen: Lucas Meister. (Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone)

Die kleine Euphorie, die sich in der Handball-Schweiz nach den beiden Siegen gegen Estland zu entfachen schien, wurde also bereits wieder im Keim erstickt. Auch wenn natürlich die Barrage-spiele durch einen Auswärtssieg mit vier Toren Unterschied rechnerisch immer noch möglich sind. «Wir wissen, dass wir die Euphorie immer wieder neu entfachen müssen», sagte Suter, der darauf hinwies, dass die Entwicklung der jungen Mannschaft mit Niederlagen verbunden sei. «Auch wenn wir das gerne hätten, wäre es nicht realistisch, zu glauben, dass wir jetzt schon jedes Spiel gewinnen.»

Nur Ansätze reichen nicht

Das Potenzial einiger Spieler blitzte in vielen Situationen auf. Da war der einmal mehr überragende Goalie Portner, der sogar sein Gegenüber Buric mit 20 Paraden und einer Abwehrquote von 46 Prozent in den Schatten stellte. Zudem liess sich Kreisläufer Lucas Meister, der beinahe das ganze Spiel auf dem Feld stand, auch durch einige Provokationen nicht aus der Ruhe bringen. Der Kadetten-Spieler verbuchte bei sechs Treffern eine 100-prozentige Ausbeute. Lenny Rubin bewies seine Wurfkraft, Samuel Röthlisberger blockte in der Defensive einige Schüsse und Lukas von Deschwanden führte über lange Zeit gekonnt Regie. Am Ende jedoch blieb vor rund 2500 Zuschauern zu vieles Stückwerk. Die Nervosität nahm überhand. Schon in der Anfangsphase benötigte die Schweizer Equipe Anlaufzeit. Auch nach der Drei-Tore-Führung in der 24. Minute zitterten plötzlich die Hände. Vier technische Fehler und drei Fehlwürfe waren die Folge. So hiess es zur Pause 12:12. Immer wieder hielt Portner seine Mitspieler in der Partie. Doch diese liessen ihren Goalie zu oft im Stich.

WM-Qualifikation. Gruppe 6: Schweiz – Bosnien-Herzegowina 21:24 (12:12). – Rangliste: 1. Bosnien-Herzegowina 3/4 (80:74). 2. Schweiz 3/4 (86:67). 3. Estland 4/2 (96:121). – Weiteres Programm. Samstag, 13. Januar, 20.00: Bosnien-Herzegowina – Schweiz (in Tuzla).

Modus: Der Gruppensieger erreicht das Playoff im Juni.

Schweiz - Bosnien-Herzegow. 21:24 (12:12)

St. Gallen. – 2561 Zuschauer (ausverkauft). – SR Leandersson/Lindroos (FIN).

Torfolge: 0:2, 1:3, 2:3, 2:4, 5:4, 6:5, 6:7, 8:7, 8:8, 11:8, 11:9, 12:9, 12:12; 13:12, 14:13, 15:14, 17:15, 17:16, 18:16 (41.), 18:21, 19:21 (57.), 19:22, 20:22, 20:23, 20:24, 21:24.

Strafen: 2mal 2 Minuten gegen die Schweiz, 5mal 2 Minuten gegen Bosnien-Herzegowina.

Schweiz: Portner; Meister (6), Rubin (2), Lier (3), Delhees, Von Deschwanden (5/1), Röthlisberger, Küttel (4), Maros (1), Huwyler, Geisser, Gerbl, Blättler, Dähler.

Bosnien-Herzegowina: Buric; Ovcina (1), Mandic, Tarabochia (5/2), Panic (2), Terzic (2), Vranjes (2), Malinovic, Nuic (1), Predragovic (2), Vegar (6), Toromanovic (2), Peric, Vrazalic (1).

Bemerkungen: Schweiz ohne Raemy, Sidorowicz, Vernier, Markovic, Tynowski (alle verletzt), Schmid (dispensiert). Timeouts: Schweiz (27./12:10, 49./18:19, 56./18:21.), Bosnien-Herzegowina (22./10:8, 55./18:20, 59./20:23). Buric hält Penalty von Von Deschwanden (35./14:14). Portner hält Penalty von Terzic (41./17:16).